Er ist ein echter Eismann – Martin Tschepe vom SV Ludwigsburg holt Gold im italienischen Moveno. Der 59-Jährige verrät, warum es gesund ist, im Winter freiwillig in eiskaltes Wasser zu steigen.
Schon Goethe soll ja das Eis der Ilm aufgehackt haben, um im kalten Wasser zu baden, und auch die Finnen schwimmen schon immer im Eiswasser. Martin Tschepe allerdings zieht es nicht nur ins eisige Wasser, um etwas für seine Gesundheit zu tun. Der 59-Jährige vom SV Ludwigsburg sucht auch immer wieder die Challenge in der noch recht jungen Sportart Eisschwimmen.
2015 hat er erstmals bei einem Wettbewerb im bayerischen Burghausen teilgenommen – zehn Jahre später ist der SVL-Schwimmer jetzt im norditalienischen Molveno über 100 Meter Rücken Weltmeister geworden. „Weltmeister über die 100 Meter Rücken – das hört sich doch gut an“, sagt er. Es ist der erste WM-Titel für den Eismann, der bei der WM in anderen Distanzen weitere Medaillen gesammelt hat. Über die 1000 Meter Freistil kam er nach 16:47 Minuten auf Platz zwei in der Altersklasse 60. Eine weitere Silbermedaille gab es über 50 Meter Rücken und Bronze über 50 Meter Schmetterling. Insgesamt waren in unterschiedlichen Wettbewerben rund 750 Sportlerinnen und Sportler aus knapp 50 Nationen in Molveno dabei.
Beim Eisschwimmen gelten bei Wettkämpfen besondere Regeln
Beim Eisschwimmen gibt es ein paar spezielle Regeln zu beachten: kein Startsprung, keine Rollwenden, erlaubt sind nur eine Badehose (bei den Damen ein Badeanzug), eine Kappe sowie Schwimmbrille und Ohrenstöpsel. Mehr hatte Tschepe im rund ein Grad kalten Wasser nicht dabei. Mental sei es leichter, sich auf die kurzen Distanzen einzustellen. „Vor den 1000 Metern frage ich mich manchmal schon kurz, warum ich mir das antue“, sagt Tschepe. Nach 500 Metern spürte er auf der Mammutstrecke die Finger und Füße nicht mehr. „Da geht es nur noch ums Ankommen“, sagt er. Der Familienvater mit Wohnsitz in Korb hat aber auch schon die Meile bewältigt, also 1600 Meter zurückgelegt.
Der Autor und ausgebildete Sozialarbeiter ist selbst immer wieder erstaunt, was der Körper aushält und schaffen kann. Zu kalt gibt es für ihn nicht. Doch warum zieht es ihn immer wieder in die Kälte? „Es ist im wahrsten Sinne einfach cool und ich mache es, weil ich es kann“, sagt er. Es sei spannend zu sehen, wie strapazierfähig der Körper ist. Aber er schwört auch auf die mentale Wirkung der eisigen Fluten: „Wenn ich schlechte Laune habe und schwimme, sind danach alle schlechten Gedanken wie weggeblasen.“ Der Gang ins eisige Wasser soll auch das Immunsystem ankurbeln, Entzündungen hemmen, Schmerzen lindern und vor allem: Glückshormone ausschütten. Seit er vor rund zehn Jahren mit diesem Sport angefangen hat, sagt Martin Tschepe, sei er kaum mehr erkältet.
Mehrmals die Woche trainiert er mit seinem SVL-Eisschwimmer-Kumpel Bert Koch beim Bootshaus des Vereins, im Neckar. Neulinge sollten sich vor dem ersten Ausflug ins Eiswasser von einem Arzt aber gründlich durchchecken lassen. Er selbst muss vor jedem Wettkampf ein EKG vorlegen. Und welche Tipps hat er noch für Einsteiger? „Man sollte im Spätsommer beginnen und sich dann nach und nach an die kälteren Temperaturen herantasten“, sagt Martin Tschepe. Und um besser gesehen zu werden, sollte man eine Schwimmboje hinter sich herziehen. Es braucht natürlich immer wieder Überwindung. Und Ruhe. Wichtig sei, langsam zu atmen, dadurch lasse sich alles steuern. Für die Gesundheit reichten schon 30 Sekunden bis zwei Minuten. Doch Martin Tschepe hält, wie gesagt, viel mehr aus.
Er hat schon das nächste Ziel vor Augen – am 22. Februar finden bei den Zollhaus-Open in Sachsen an der Grenze zu Tschechien in einem kleinen See die Deutschen Meisterschaften im Eisschwimmen statt. Keine Frage: Der neue SVL-Weltmeister will auch auch dort wieder aufs Treppchen steigen.