Der eskalierte Führungsstreit beim VfB Stuttgart Warum der VfB nun ein Fall für die Staatsanwaltschaft ist

Beim VfB Stuttgart tobt ein Führungsstreit, der völlig eskaliert ist. Foto: Baumann

Ermittler, Anwälte, Berater und Gutachter waren in den vergangenen Wochen schon tätig beim VfB Stuttgart. Nun erreicht der Führungsstreit einen neuen Höhepunkt. Der Staatsanwalt ist involviert – es geht um den Verdacht des Geheimnisverrats.

Stuttgart - Der Führungsstreit beim VfB Stuttgart wird immer irrer – und nun womöglich zum wahren Krimi. Am Donnerstagabend gab Claus Vogt bekannt, dass er nun die Staatsanwaltschaft eingeschaltet habe. Hintergrund sei „der Verdacht eines Geheimnisverrats beim VfB“, sagte der Präsident. Konkrete Angaben machte Vogt nicht und verwies lediglich auf „verschiedene Medienanfragen, welche ausschließlich das Ziel und die Absicht verfolgen, mich zu beschädigen“. Daher habe er, „vorsorglich“ die Staatsanwaltschaft informiert, „um jeglichen Zweifeln am rechtmäßigen Verhalten“ entgegenzuwirken. Zuvor sei „im Sinne der notwendigen Aufklärung“ der Abschlussbericht zur Datenaffäre der Kanzlei Esecon „an die dafür verantwortliche Koordinierungsgruppe, entsprechend der Geschäftsordnung zugeleitet worden“.

 

Am späten Donnerstagabend berichtete dann die „Bild“-Zeitung, dass der Abschlussbericht der Kanzlei Esecon offenbar an Medien durchgestochen worden sei. Der Bericht sei am Dienstag den drei Präsidiumsmitgliedern Claus Vogt, Bernd Gaiser und Rainer Mutschler persönlich ausgehändigt worden. Nun werde damit gerechnet, dass bereits an diesem Freitag Artikel über Inhalte des Abschlussberichts erscheinen könnten. Und die Frage ist: Wer trägt hierfür die Verantwortung?

Zerstrittenes Präsidium

„Es ist selbstverständlich ausgeschlossen, dass Claus Vogt eine etwaige Information an die Medien weitergegeben hat“, teilt der seit Dezember 2019 amtierende Präsident der „Bild“ mit. Bernd Gaiser und Rainer Mutschler beklagen derweil die „Indiskretionen“. Sie seien „belastend“ (Mutschler), „unerträglich und schädlich“ (Gaiser). Dass sich im Präsidium Vogt auf der einen und Gaiser und Mutschler auf der anderen Seite misstrauisch und unversöhnlich gegenüberstehen, ist spätestens seit der vergangenen Woche offensichtlich.

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Da gab Vogt erst bekannt, er lade nicht zur geplanten Mitgliederversammlung am 18. März ein und strebe eine Verlegung in den September an. Wenige Stunden später konterte das Duo Gaiser/Mutschler. In einer weiteren Stellungnahme erklärten sie, Vogt selbst habe dem Termin im November 2020 zugestimmt und könne sich über diesen einstimmigen Beschluss des Präsidiums nicht hinwegsetzen, ohne gegen die Vereinssatzung zu verstoßen.

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Vogts Gang zur Staatsanwaltschaft ist die nächste spektakuläre Wende der VfB-Führungskrise, die völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Ermittler, Gutachter, Berater, Anwälte, der Landesdatenschutzbeauftragte, nun die Staatsanwaltschaft, dazu immer wieder offene Briefe, Videobotschaften, sowie Stellungnahmen mit harscher Kritik und jeder Menge gegenseitiger Vorwürfe – die Lage auf der Führungsebene wird immer verworrener und auswegloser. Zudem scheint weit und breit niemand da zu sein, der ernsthaft an einer Deeskalation und gleichzeitig an einer lückenlosen und transparenten Aufklärung der Datenaffäre interessiert ist. Und von den offenen Fragen ist nach wie vor keine geklärt.

Wer wird Kandidat?

Der Abschlussbericht der Esecon-Ermittlungen muss erst noch rechtlich bewertet werden (auch darüber, wer die Bewertung vornimmt, gab es Streit), ehe über Konsequenzen beraten wird und diese bekannt gemacht werden. Ein klares Signal in Sachen Terminierung der Mitgliederversammlung gibt es auch nicht – was, wenn Claus Vogt auch bis zum spätesten Zeitpunkt Ende der kommenden Woche nicht einlädt? Und Kandidaten für die Wahl des Präsidenten (für die kommenden vier Jahre) sind auch noch keine benannt. Thomas Hitzlsperger hat ganze vier Wochen nach Bekanntwerden seiner Kandidatur diese wieder zurückgezogen, angeblich um die Unruhe zu beenden, die er selbst mit ausgelöst hat. Dass Claus Vogt noch einmal vom Vereinsbeirat aufgestellt wird, ist nahezu ausgeschlossen.

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Darüber hinaus ist mit dem Esecon-Abschlussbericht das Ende der Ermittlungen in der Datenaffäre noch nicht erreicht. Der Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink sieht „erhebliche Verstöße“ und wird im Rahmen eines Bußgeldverfahrens weiterermitteln. Der VfB droht ein Bußgeld in sechsstelliger Höhe.

Neben den sportlich guten Auftritten gerät ob all dieser Geschehnisse auch ein anderer Erfolg des VfB in den Hintergrund. Am Donnerstag gab AG-Finanzvorstand Stefan Heim bekannt, dass der Antrag des VfB auf einen staatlichen KfW-Kredit bewilligt worden ist. Bis zu 25 Millionen Euro könnten abgerufen werden. Das entspannt die durch die Pandemie angespannte wirtschaftliche Lage der Weiß-Roten.

Einer Lösung im völlig eskalieren Führungsstreit bringt das den VfB Stuttgart aber auch nicht näher.

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