Richterliche Hinweise, die die Staatsanwaltschaft nicht ignorieren konnte. Seither ermittelt die Anklagebehörde wegen des Verdachts des versuchten Mordes gegen den Mann. Der war noch in der Tatnacht vom Vater des Opfers, ebenfalls ein Polizist in Pforzheim, als Verdächtiger benannt worden wie auch der Ehemann Harry Wörz. Doch Polizei und Staatsanwaltschaft in Pforzheim gaben damals den Fall nicht an eine andere Dienststelle ab, was üblichgewesen wäre. Schnell konzentrierten sie sich auf Wörz, einen Installateur und Bauzeichner. Dass die Polizei voreingenommen, schlampig und einseitig ermittelte, haben inzwischen mehrere Gerichte festgestellt. Die Verantwortung dafür hatte die Polizeiführung und auch die Staatsanwaltschaft als Herrin des Ermittlungsverfahrens kam ihrer Aufsichtspflicht nicht nach.

Jetzt sind die Karlsruher Staatsanwaltschaft und die Sonderermittler der Landespolizeidirektion Karlsruhe mit dem Fall betraut. Sie müssen einem versuchten Tötungsdelikt nachgehen, ohne nach all den Jahren noch einen Tatort unter die Lupe nehmen oder Beweise sichern zu können. Statt dessen müssen sie bergeweise Akten sichten. Dass darin noch einiges schlummern könnte, war im jüngsten Prozess ans Licht gekommen, in dem erneut die Ermittlungsarbeit der Pforzheimer Polizei eine unrühmliche Rolle spielte.

Der Stand ist wieder auf Null gedreht


Widersprüchliche Aussagen etwa des Geliebten, der durch das Ultimatum seiner Ehefrau unter hohem emotionalen Druck stand, waren wenig hinterfragt worden. Ein Polizeizeuge musste sogar zugeben, dass Etliches "als nicht relevant" eingestuft und somit nicht in die Gerichtsakten gelangt sei. Für einen Richter sei es erschreckend, wenn er "immer damit rechnen muss, da schlummert noch was in den Spurenakten. Das ist fast beängstigend." Mit diesen Worten hatte damals die Beisitzende Richterin die Aussage kommentiert.

Was bleibt den Ermittlern noch? Vor allem Zeugen befragen, wie in jedem Verfahren. Dabei haben sie wohl den Stand ganz auf Null gedreht. Jüngst etwa, das berichtet die "Pforzheimer Zeitung", waren sie am Bodensee und haben eine gemeinsame Freundin des Paares Wörz befragt, die zudem mit der jungen Frau die Polizeiausbildung absolviert hatte. Gut möglich, dass trotz der langen Zeit durch eine andere Stoßrichtung der Fragen bislang Unbekanntes zutage kommt.

Die Karlsruher Staatsanwaltschaft aber gibt sich zugeknöpft. "Die Ermittlungen dauern an", sagt ein Sprecher, ein Ende derzeit nicht absehbar. Und in Sachen des Revisionsverfahrens von Harry Wörz liegen die Akten noch nicht einmal beim Bundesgerichtshof. Die Generalbundesanwältin wird diese erst demnächst mit ihrer Stellungnahme weiterleiten. Mehr wollte ein Sprecher dazu nicht sagen.

Die ARD zeigt am Dienstag, 29. Juni, den Dokumentarfilm "Leben unter Verdacht - Der Fall Harry Wörz", 22:45 bis 00:15 Uhr. Es ist bereits der dritte Film, den der freischaffende Autor seit 2001 über Wörz gedreht hat.