Laut Mollath kam es zwischen dem Ehepaar regelmäßig zum Streit, weil er ihr, einer Bankerin, illegale Geschäfte vorgeworfen habe. Die Nürnberger Richter machten daraus: Mollath habe ein „paranoides Gedankensystem entwickelt“, er sei „unkorrigierbar“ davon überzeugt, dass seine Exfrau und andere in ein komplexes „System der Schwarzgeldverschiebung verwickelt wären“. Auch in der damaligen Hauptverhandlung „habe sich die wahnhafte Gedankenwelt des Angeklagten vor allem in Bezug auf den ,Schwarzgeldskandal‘ der Hypovereinsbank bestätigt“, heißt es im Urteil.

 

Die damaligen Richter halten immerhin fest: „Mag sein, dass es Schwarzgeldverschiebungen von verschiedenen Banken in die Schweiz gegeben hat bzw. noch gibt“, wahnhaft aber sei, dass Mollath „fast alle Personen, die mit ihm zu tun haben“, damit in Verbindung bringe. So hatte es ein Psychiater konstatiert.

Verteidiger Strate will im Prozess eine Reihe von Zeugen hören, die dubiose Bankgeschäfte belegen sollen. Auch Oberstaatsanwalt Meindl zweifelt die Glaubwürdigkeit von Mollaths Exfrau massiv an. So nennt er in seinem Wiederaufnahmeantrag einen Zeugen, der unter Eid versichert, Petra M. habe ihn im Mai 2002 angerufen und gedroht: „Wenn Gustl meine Bank und mich anzeigt, mache ich ihn fertig.“

Die Bank reagierte mit einer internen Überprüfung

Tatsächlich hatte sich Mollath 2003 an die Bank gewendet und schließlich seine Vorwürfe öffentlich gemacht. Die Bank reagierte mit einer internen Überprüfung, Petra M. verlor ihren Job. Sie ging gegen die Kündigung vor und erstritt eine Abfindung. In der Zwischenzeit zeigte sie Mollath bei der Polizei an, erreichte, dass seine psychische Gesundheit infrage stand. Mollaths Leidensweg begann.

Oberstaatsanwalt Meindl vertritt die Anklage gegen Mollath. Zumindest verliest er sie an diesem Tag. Doch eigentlich könnte der Oberstaatsanwalt genauso gut zwischen Mollath, der hinter seinen vier Aktenordnern sitzt und jedes Wort mitschreibt, und dessen Verteidigern Platz nehmen. Denn Meindl hat mit dazu beigetragen, dass Mollath vor fast genau einem Jahr aus der Psychiatrie entlassen und das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth, das Mollath für psychisch gestört und gemeingefährlich erklärte, aufgehoben wurde. Nicht nur die Verteidigung hatte einen Wiederaufnahmeantrag gestellt, sondern auch die Staatsanwaltschaft, ein höchst seltener Vorgang. Meindls Wiederaufnahmeantrag liest sich wie eine Verteidigungsschrift. Die Folge: von diesem Montag an beginnt der Strafprozess gegen Mollath in Regensburg noch einmal von vorn, so als hätte es das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth nie gegeben.

Die Anklage, die Meindl vorträgt, deckt sich, mit dem, was im damaligen Urteil vom 8. August 2006 als Taten festgehalten wurde. Das Landgericht Nürnberg-Fürth sah es als erwiesen an, dass Mollath seine damalige Frau im August 2001 „mit beiden Fäusten“ schlug, sie in den Arm biss, bis zur Bewusstlosigkeit würgte und auf sie eintrat. Im Mai 2002 soll er sie außerdem für eineinhalb Stunden eingesperrt haben. Schließlich soll Mollath zwischen Ende 2004 und Anfang 2005 mehrere Autoreifen zerstochen haben.

Mollaths frühere Frau lässt sich vom Anwalt vertreten

Das Gericht damals folgte dem Gutachten eines Psychiaters, wonach Mollath während der angeblichen Taten an einer „wahnhaften psychischen Störung“ gelitten habe. Die Richter schlossen daher nicht aus, dass Mollath schuldunfähig gewesen sei. Sie sprachen ihn deshalb vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung,

Gustl Mollath hat sich auf den ersten Prozesstag gut vorbereitet. Foto: dpa
Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung frei und ordneten die Unterbringung in die Psychiatrie an, weil sie ihn für eine Gefahr für die Allgemeinheit hielten. Das Gericht stützte seine Entscheidung primär auf die Aussage von Mollaths früherer Frau, Petra M., „an deren Glaubwürdigkeit die Kammer keinen Zweifel hat“, wie es im Urteil heißt.

Im Saal 104 wird sie ihre Vorwürfe nicht selbst wiederholen. Petra M. nimmt als Nebenklägerin im Prozess teil, lässt sich jedoch von ihrem Anwalt vertreten. Eigentlich sollte sie an diesem Tag als Zeugin gehört werden. Doch sie beruft sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht, das ihr als geschiedener Frau des Angeklagten zusteht. Die Verteidigung kritisiert ihre Entscheidung scharf. Sie unterstellt, dass Petra M. wegen des Medienrummels nicht erscheine. Sie möge ihr „Ungemach“, dass ihr durch die Journalisten drohe, abwägen mit dem „Ungemach, welches diese Zeugin Herrn Mollath bereitet hat“, sagt Strate. Gegen „siebeneinhalb Jahre in geschlossenen Anstalten“ habe die Belastung durch Journalisten „ein Gewicht von Schwanenflaumen, nämlich gar keins“. Möge ihre Entscheidung „juristisch in Ordnung sein, aber moralisch ist es das nicht“.

Die angeblich wahnhafte Gedankenwelt des Angeklagten

Laut Mollath kam es zwischen dem Ehepaar regelmäßig zum Streit, weil er ihr, einer Bankerin, illegale Geschäfte vorgeworfen habe. Die Nürnberger Richter machten daraus: Mollath habe ein „paranoides Gedankensystem entwickelt“, er sei „unkorrigierbar“ davon überzeugt, dass seine Exfrau und andere in ein komplexes „System der Schwarzgeldverschiebung verwickelt wären“. Auch in der damaligen Hauptverhandlung „habe sich die wahnhafte Gedankenwelt des Angeklagten vor allem in Bezug auf den ,Schwarzgeldskandal‘ der Hypovereinsbank bestätigt“, heißt es im Urteil.

Die damaligen Richter halten immerhin fest: „Mag sein, dass es Schwarzgeldverschiebungen von verschiedenen Banken in die Schweiz gegeben hat bzw. noch gibt“, wahnhaft aber sei, dass Mollath „fast alle Personen, die mit ihm zu tun haben“, damit in Verbindung bringe. So hatte es ein Psychiater konstatiert.

Verteidiger Strate will im Prozess eine Reihe von Zeugen hören, die dubiose Bankgeschäfte belegen sollen. Auch Oberstaatsanwalt Meindl zweifelt die Glaubwürdigkeit von Mollaths Exfrau massiv an. So nennt er in seinem Wiederaufnahmeantrag einen Zeugen, der unter Eid versichert, Petra M. habe ihn im Mai 2002 angerufen und gedroht: „Wenn Gustl meine Bank und mich anzeigt, mache ich ihn fertig.“

Die Bank reagierte mit einer internen Überprüfung

Tatsächlich hatte sich Mollath 2003 an die Bank gewendet und schließlich seine Vorwürfe öffentlich gemacht. Die Bank reagierte mit einer internen Überprüfung, Petra M. verlor ihren Job. Sie ging gegen die Kündigung vor und erstritt eine Abfindung. In der Zwischenzeit zeigte sie Mollath bei der Polizei an, erreichte, dass seine psychische Gesundheit infrage stand. Mollaths Leidensweg begann.

Mollath jedenfalls hat die Nase voll von Psychiatern. Verteidiger Strate beantragt vor Gericht, auf ein psychiatrisches Gutachten in diesem neuen Prozess zu verzichten. Die Anwesenheit eines Psychiaters, der aus jedem „Zucken der Augenbraue“ etwas herauslesen wolle, mache seinen Mandanten „beklommen“. Mollath werde schweigen, solange Nedopil anwesend ist. Auch wenn Nedopil ein „absolut bester Könner seines Fachs“ sei, wie Strate sagt.

Mollath selbst möchte – entgegen seiner Ankündigung – dazu dann doch etwas sagen. Er sagt, bei ihm liege „der Ansatz eines regelrechten Kriegstraumas“ vor. Die Anwesenheit eines Psychiaters führe bei ihm zu einer „Verhandlungsunfähigkeit“. Er sagt auch: „Ein psychiatrisches Gutachten ist nicht erforderlich.“ Der interne Bericht der Bank zeige, dass es „keine Wahnerkrankung“ gebe. Sein „untadeliges Leben“ mache deutlich, dass auch „keine Allgemeingefährlichkeit“ vorliege. Und „Suizidgefahr“ bestehe auch nicht. Mollath zitiert Nedopils Satz in einem Interview, indem der Psychiater sagte, er selbst würde sich auch keiner Begutachtung unterziehen. „Er weiß, warum“, sagt Mollath. Schließlich habe Nedopil selbst öffentlich bekundet, dass Gutachten mindestens zu 50 Prozent falsch lägen. Mollath: „Da kann man auch eine Münze werfen, das ist viel günstiger und geht schneller.“

Der psychiatrische Gutachter sei unverzichtbar

Das Gericht entspricht seinem Wunsch nicht. Richterin Escher spricht direkt zu Mollath: „Ich kann das schon nachvollziehen, dass Sie das generell als unangenehm empfinden, dass schon wieder ein psychiatrischer Sachverständiger in der Gerichtsverhandlung sitzt.“ Aber da sei letztlich nichts dran zu ändern. Bei Fragen der Schuldfähigkeit und Unterbringung könne sie auf Nedopils Expertise nicht verzichten. Zu seiner „Beruhigung“ sagt sie noch: Es sei noch gar nicht ausgemacht, dass ein Gutachten überhaupt benötigt werde. Denn wenn sich herausstelle, dass er gar keine rechtswidrigen Taten begangen habe, „dann stellt sich die Frage der Begutachtung gar nicht“.

Um kurz vor halb zwölf beendet die Richterin den Verhandlungstag. Um Viertel vor zwölf geht die Tür des Gerichtsgebäudes auf. Mollath tritt heraus. Applaus brandet auf. In die Mikrofone hinein begründet er noch einmal sein Misstrauen gegen Psychiater. Werde er tatsächlich schweigen? Es sei ihm „im Moment“ nicht möglich, vor einem Gutachter zu sprechen. Dabei hätte er eine Menge zu sagen, denn: „Das ist jetzt der wichtigste Prozess in meinem Leben.“ Doch er habe ja einen „herausragenden“ Anwalt an seiner Seite. Mollath sagt lächelnd: „Ich bin ja nicht allein, zum Glück.“ Aus einem Lautsprecher vor dem Gericht ertönt: „Ein dreifaches Hipp, hipp, hurra für Gustl!“