Rauchmelder, Kameras und andere Sicherheitstechnik werden intelligent. Software lässt die Geräte miteinander kommunizieren. Davon will Bosch künftig profitieren.

München - Wenn technische Geräte intelligent werden und miteinander sprechen, nennt man das Internet der Dinge. Für Laien bleibt das im Detail oft schwer zu verstehen. Beim Bosch-Geschäftsbereich Gebäudetechnik wird dagegen rasch klar, wo Reiz und Nutzen liegen. Ein Feuermelder mutiert dort zur Kamera, deren Intelligenz einen Brandherd sicher wie das menschliche Auge als solchen erkennt und Alarm auslöst, ohne dass erst ein Brandpartikel das Gerät erreichen muss. Moderne Bewegungsmelder kombinieren Wärme- und Radarsensoren. Intelligente Software interpretiert die Daten und weiß, wann wirklich die Sirenen heulen müssen, ohne Fehlalarm auszulösen.

 

„Zukunftsweisend ist, was traditionelles Fachwissen und moderne Digitaltechnik kombiniert“, fasst Tanja Rückert zusammen. Seit 100 Tagen verantwortet die Managerin die in Grasbrunn bei München ansässige Bosch-Gebäudetechnik. Davor hat sie zwei Jahrzehnte lang bei der Softwareschmiede SAP gemanagt. Geräte werden durch Software intelligent gemacht und zu Gesamtsystemen vernetzt, was den zum Gewinner macht, der alte und neue Welt am besten miteinander verknüpft, heißt es im Konzern. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, meint Rückert mit Blick auf ihren neuen Arbeitgeber.

Eine Kamera, die Diebe entlarvt

Die Maschinenintelligenz wandere dabei immer mehr dezentral in einzelne Geräte wie Kameras, die mit anderen Kameras oder zentralen Notfallsystemen reden können oder Überwachungspersonal gezielt auf Probleme aufmerksam machen, sagt Rückert. Das kann eine Kamera sein, die im Bewegungsmuster eines Menschen im Supermarkt oder Flughafen Verdächtiges erkennt und einen Dieb entlarvt, was dann automatisch Detektive oder Polizei alarmiert. Oder ein Brandmelder versendet eine E-Mail: „Bin seit 45 556 Stunden in Betrieb und zu 51,6 Prozent verschmutzt.“ Geschultes Personal weiß, dass man das Gerät demnächst reinigen sollte, weil sonst die Gefahr eines Fehlalarms steigt. Andere Probleme werden per Fernwartung behoben. Gebäudetechnik ist eine Branche, die zuletzt branchenweit stabil im jährlich mittleren einstelligen Prozentbereich gewachsen ist, was auf Sicht auch so bleiben dürfte.

Bosch nimmt für sich in Anspruch, mit den knapp zwei Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2017 etwas über Branchenschnitt zu liegen. Genauer wird der Münchner Bereich des Stuttgarter Familienunternehmens seiner zurückhaltenden Firmenphilosophie entsprechend nicht. Die Gewinne der Sparte bleiben geheim. Nur dass man Personal aufbaut, verrät Rückert.

Allein in Deutschland kommen dieses Jahr gut 100 Stellen dazu. Für die Gebäudetechnik arbeiten hier zu Lande rund 4.000 von weltweit 9.000 Beschäftigten. Gefragt sind derzeit vor allem Experten für Zukunftstechniken wie Künstliche Intelligenz (KI) oder solche für das Internet der Dinge. Deshalb steht nun auch Rückert an der Spitze. Bei SAP war die 48-jährige zuletzt genau dafür die Expertin.

Traditionelle Ingenieurskunst trifft Digitaltechnik

Rückert war auch einige Zeit im Silicon Valley in den USA und weiß von daher, wie schnell und gravierend neue Technologien Veränderungen erzwingen. Bei der Gebäudetechnik schütze zumindest teils recht spezielles Branchenwissen davor, dass quer einsteigende Branchenneulinge mit Digital-Know-how über Nacht zur Bedrohung etablierter Platzhirsche wie Bosch werden, meint Rückert. Daten sammeln und intelligent verknüpfen allein reiche hier nicht. Die Kunst sei es vielmehr, traditionelle Ingenieurskunst und moderne Digitaltechnik auf einer Plattform und in einem Produkt zu vereinen. Für die Bosch-Gebäudetechnik könne das auch Zukäufe bedeuten. „Es gibt eine Offenheit für Akquisitionen“, sagt die neue Bereichschefin, ohne genauer zu werden. Zudem verschwimmen ihrer Überzeugung nach die Grenzen zwischen Wettbewerbern und Partnern. Wer erfolgreich sein wolle, müsse künftig auch die Produkte von Konkurrenten in einem System vernetzen können.

Nach Schwachstellen im Haus befragt, nennt sie an erster Stelle das Marketing. Bosch müsse offensiver sagen, was das Haus und eigene Innovationen zu bieten habe. „KI setzen wir noch zu wenig ein“, betont sie zudem und liegt damit auf Linie des Gesamtkonzerns. In gut fünf Jahren werde klar sein, wer den technologischen Wandel in der Gebäudetechnik beherrscht. Rückert gibt sich zuversichtlich, dass Bosch zu den Gewinnern zählen wird.