Der Autor Benedikt Röskau schreibt ein Drehbuch über die Germanwings-Katastrophe. Die Produktionsfirma sucht jetzt einen Sender für das Projekt.

Stuttgart - Am 24. März dieses Jahres zerschellte ein Airbus der Fluggesellschaft Germanwings auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den südfranzösischen Alpen. Bei dem Absturz starben alle Insassen. Das Ereignis schockierte das ganze Land, erst recht, als sich herausstellte, dass der lebensmüde Co-Pilot 149 Menschen mit in den Tod gerissen hat.

 

Auch wenn es makaber klingt: gerade diese persönliche Komponente macht das Unglück zu einem hervorragenden Filmstoff; und kaum jemand wäre dafür besser geeignet als Benedikt Röskau. Der Autor ist dank seiner Drehbücher für große Fernsehdramen wie „Contergan“, „Romy“ (über Romy Schneider) oder zuletzt „Die Auserwählten“ (über den jahrelangen Missbrauch an der Odenwaldschule) bekannt für seinen sensiblen Umgang mit heiklen Themen. An einer Rekonstruktion im Stil eines Dokudramas hat er ohnehin kein Interesse: „Ein Spielfilm kann viel mehr erzählen als jede dokumentarische Form, zumal man durch das Miterleben des Zuschauers eine ungleich tiefere Verankerung im Bewusstsein erreicht.“

An der Germanwings-Tragödie reizt den Autor vor allem die persönliche Komponente. Sein Ansatz ist grundsätzlicher Natur: „Der Absturz hat offenbart, dass sich nicht alles kontrollieren lässt. Deshalb hadern wir Deutschen mehr als andere Nationen mit der Schicksalhaftigkeit solcher Ereignisse, weil uns diese Hilflosigkeit tief in unserer Menschlichkeit berührt.“ So geht es auch dem Protagonisten der Geschichte, die er erzählen möchte: „Nach dem Absturz begibt sich ein Ausbilder des Piloten auf Spurensuche. Er will wissen, ob der erweiterte Suizid hätte verhindert werden können, und stellt jene Fragen, die sich alle gestellt haben: Warum macht ein Mensch so etwas? Was mag in ihm vorgegangen sein, als er allein im Cockpit auf den Tod wartete? Und wie kann man vermeiden, dass sich so etwas wiederholt?“

Eine vergebliche Suche

Mit Antworten darf man allerdings nicht rechnen. Röskau sieht sein Drehbuch, das bislang erst als Exposé existiert, „als vergebliche Suche nach einer Erklärung für das Unerklärliche“. Trotzdem ist er überzeugt, einen Beitrag zur kollektiven Verarbeitung leisten zu können. Normalerweise sei das erst Jahre später möglich. In diesem Fall sei das anders, und das nicht nur „wegen der singulären Wucht“ des Unglücks: „Die Ereigniskette ist abgeschlossen, Ablauf und Hintergründe sind bekannt, es wird kaum noch Enthüllungen geben.“ Er hat sein Projekt „Blackbox Mensch“ genannt. Der Arbeitstitel bezieht sich auf die Unerforschtheit der Seele: „Wir kennen jeden Quadratzentimeter unseres Planeten, aber die menschliche Psyche ist nach wie vor ein unbekannter Kontinent.“

Entsprechend komplex wird das auf verschiedenen Zeitebenen angesiedelte Drehbuch sein. Auf Szenen im Flugzeug will Röskau verzichten, weil sie „zwangsläufig voyeuristisch wirken würden.“ Das sieht auch Sven Sund so: „Die Zuschauer haben ohnehin entsprechende Bilder aus anderen Filmen im Kopf.“ Der Geschäftsführer von Saxonia Media ist der Initiator des Projekts und sucht derzeit einen Sender, der seine Haltung teilt: „Ich will auf keinen Fall einen aufreißerischen, vordergründig aufmerksamkeitsheischenden Film daraus machen.“ Natürlich wird sich kaum vermeiden lassen, dass jeder Zuschauer die Geschichte des Films mit der Germanwings-Tragödie assoziiert. Trotzdem wird Röskau sämtliche handelnden Figuren fiktionalisieren: „Es geht ja nicht darum, die tatsächlichen Ereignisse zu rekonstruieren. Ich strebe vielmehr eine grundsätzliche Wahrhaftigkeit an, um zu verdeutlichen, wie hilflos der Mensch ist, wenn er ein Problem lösen will, das unlösbar ist.“

Sven Sund verbindet mit dem Filmprojekt auch die Hoffnung, die Gesellschaft für psychische Erkrankungen zu sensibilisieren. Für Saxonia Media ist „Blackbox Mensch“ ein eher ungewöhnliches Projekt. Bisher stand die Leipziger Produktionsfirma für Serien wie „In aller Freundschaft“, „Schloss Einstein“ oder „Tierärztin Dr. Mertens“. Sund will in Zukunft neben den Serien verstärkt Fernsehfilme zu gesellschaftlich relevanten Themen produzieren. „Blackbox Mensch“ verdeutlicht, wie ernst es ihm mit diesem Vorsatz ist.