Der Haigst-Bewohner Reiner Xaver Sedelmeier engagiert sich für mehr Lebensqualität in seinem Stadtteil von Stuttgart-Degerloch. Ein Nahversorger und ein Café im Tagesbetrieb sollen einen Treffpunkt schaffen. Das ist nicht unumstritten.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Stuttgart - Dieses Problem kennt mancher: Da fährt man jahrelang täglich dieselbe Strecke hin zur Arbeit und zurück, und immer stört auf diesem Weg ein Platz mit kompliziert-gefährlicher Verkehrsführung und heruntergekommenen Gebäuden – und dass sich daran nichts ändert, da verliert man den guten Glauben an den stadtplanerischen Willen.

 

Oder aber man wird selbst aktiv. Reiner Xaver Sedelmeier ist so einer. Für den seit Jahrzehnten überzeugten Haigst-Bewohner ist der neuralgische Ort jene Kreuzung, an der die Straßen Alte Weinsteige und Auf dem Haigst zusammenkommen, wo auch die Zahnradbahn auf einmal ihr eigenes Gleisbett verlässt und eine eigene Querung des Straßenraums beansprucht, also der Platz zwischen Haigstkirche und Santiago-de-Chile-Platz. Der Kommunikationsprofi sieht da die gute Entwicklung wie die Schaffung der Aussichtsterrasse und die bessere Anbindung an die Stadtbahn, stellt aber auch fest, dass das nur ein Anfang sein kann.

Deshalb hat Sedelmeier dort ein 370 Quadratmeter großes Grundstück erworben, auf dem sich heute noch ein Behelfsbau aus den unmittelbaren Nachkriegsjahren mit einem kleinen Lebensmittelladen befindet. „Das ist schon ein ganz besonderer Ort“, schwärmt Sedelmeier, und genießt dabei die Aussicht in die Innenstadt: „Da stimmen alle Voraussetzungen.“

Geschäfte für den Tagesbetrieb

Und das meint er damit: „Der Haigst benötigt einen Ort der Kommunikation. Und das ist hier ideal. Die Kirche bekommt einen neuen Begegnungsort, die Haltestelle der Zahnradbahn wird verlegt und neu gestaltet. Dann kommt hier noch ein Nahversorger dazu, ein Bäcker oder Feinkosthändler, mit einem qualitätvollen Angebot.“ Sedelmeier geht es um ein ausgewähltes Angebot für das Tagesgeschäft, nicht um Nachtschwärmer oder um einen Discounter. Dass vor allem sein Vorhaben, da ein Panorama-Café einzurichten, für viel Aufhebens sorgte, stört ihn: „Das wird ein Raum von maximal 70 Quadratmeter. Das ist nichts für einen Massenbetrieb. Da entsteht ein falscher Eindruck, wenn man dieses Vorhaben unter diese Überschrift stellt.“ Freilich: Sedelmeier erinnert in diesem Zusammenhang auch daran, dass es bis vor 20 Jahren an dieser Stelle ein größeres Café gegeben habe.

Viel Zustimmung für die Pläne

Warum nimmt Sedelmeier also den Stress und die Diskussionen um sein Projekt auf sich? In dem Punkt, gibt er zu, ist er ein eher untypischer Haigst-Bewohner, der nicht ruhig bleibt und die tolle Aussicht von seiner Wohnung aus genießt. Aber zugleich ist er doch auch wieder ein typischer Haigst-Bewohner: „Für diese Pläne bekomme ich vor allem Zustimmung, die Bewohner hätten so etwas sehr gerne. Die Qualität muss halt stimmen.“

Die ideale Aufgabe also für einen Kommunikationsexperten: „Überall, wo in einem Wohngebiet neu gebaut wird, muss man mit Widerspruch rechnen. Man muss dies eben sehr ernst nehmen und seriös damit umgehen.“ Sedelmeier ist es deshalb wichtig, dass er in einem sehr guten Gespräch ist mit den unmittelbaren Anwohnern des Objekts.

Eine Herausforderung, eine „Challenge“, wie Sedelmeier gerne zu sagen pflegt, bleibt das Ganze dennoch: „Das Grundstück war natürlich nicht günstig zu erwerben. Und rechnen muss sich das Projekt ja auch. Da arbeiten wir gerade an der Feinjustierung.“

Vorliebe für architektonische Herausforderungen

Und nicht nur die Anwohner, auch die Stadt selbst hat ihre Erwartungshaltung. „Wir haben unser Vorhaben ja dem Gestaltungsausschuss vorgestellt. Und der hat etliche, zum Teil sehr happige Auflagen formuliert“, erinnert sich Sedelmeier. Selbst darüber, welcher Baum an der Spitze des Grundstücks künftig stehen soll, wurde mit dem Gartenamt diskutiert. Aber inzwischen ist er mit seinem Architekten Martin Stoll zuversichtlich, dass die Auflagen erfüllt sind und es losgehen kann mit dem Bau.

Solche Herausforderungen scheinen Sedelmeier zu liegen: Auch sein derzeitiges Wohnhaus hat viele ungewöhnliche Lösungen parat für eine Bebauung an einem Steilhang. Auch die Platzrechte und -bedürfnisse eines Mammutbaums mussten berücksichtigt werden. Das ist zur Zufriedenheit aller Beteiligten gelungen, es gibt dafür viel Lob in den Architektur-Fachzeitschriften.