Unter wachsendem Druck hat Bundesinnenminister Seehofer erste Konsequenzen aus dem Bremer Bamf-Skandal gezogen – spät, aber nicht zu spät. Das Vertrauen in den Rechtsstaat darf nicht weiter unterlaufen werden, meint unser Autor Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Horst Seehofer handelt. Der politische Druck ließ dem Bundesinnenminister keine andere Wahl mehr. Der CSU-Politiker agiert zunächst aus eigennützigen Gründen. Sein Ruf als Verfechter von Recht und Ordnung, als Vertreter einer rigorosen Asylpolitik steht auf dem Spiel. Wer von München aus die Bundesregierung vor sich her treibt, in Berlin aber die Probleme aussitzt, demontiert sich selbst und seine Partei wenige Monate vor der bayerischen Landtagswahl.

 

Bamf-Chefin Jutta Cordt ist akut gefährdet

Seehofer ist in der Lage, klare Schnitte zu machen – das hat er in der Vergangenheit als Bundesminister schon öfter bewiesen. Es ist daher nicht anzunehmen, dass das Verbot für die Bremer Bamf-Außenstelle, Asylentscheidungen zu treffen, schon die letzte Konsequenz war. Bamf-Chefin Jutta Cordt ist akut gefährdet, weil sie sich nicht als entschlossene Aufklärerin gezeigt hat. Zwar wurden diverse Ermittlungen zu den Missständen eingeleitet und Veränderungen vorgenommen. Doch bleibt der Verdacht, dass sie das ganze Ausmaß hat kleinhalten wollen. Lange genug im Amt ist sie, um volle Verantwortung zu übernehmen. Indem Seehofer zuerst an den kleineren Stellschrauben dreht, vermeidet er den Eindruck, dass es mit der Beseitigung der Behördenleiterin für ihn getan sein könnte.

Schwerer Schaden für die Integrationspolitik

Beim Bamf haben die Kontrollmechanismen versagt. Daher muss jetzt das komplette Verfahren auf den Prüfstand. Die Asylpolitik muss sobald wie möglich aus den Schlagzeilen kommen, weil die aktuelle Debatte wieder nur die Rechtspopulisten nährt. Weitere Affären dieser Art würden der Akzeptanz der Integrationspolitik neuen Schaden zufügen. Leittragende wären zunächst die Flüchtlinge, die Schutz vor Krieg und Gewalt suchen. Vor allem aber würde der Glaube vieler Menschen an den Rechtsstaat weiter unterlaufen – und das wäre nun wirklich der GAU.