Rund ein Dutzend Spartenkanäle haben ARD und ZDF seit 1984 lanciert, aber keiner war je so erfolgreich wie der Kinderkanal; in diesem Jahr wird der Kika, wie er offiziell seit 2000 heißt, zwanzig.

Stuttgart - Im Anfangsjahr bestand das Angebot überwiegend aus Wiederholungen, weshalb es zunächst als „Resterampe“ verspottet worden sei, erinnert sich Margret Albers. Aber es dauerte nicht lange, und die Kika-Produktionen fanden sich regelmäßig unter den Preisträgern des Kindermedienfestivals Goldener Spatz, das Albers viele Jahre lang geleitet hat: „Der Sender hat rasch ein eigenes Profil entwickelt und sich eine treue Zuschauerschaft erarbeitet.“ Als größten Vorteil bezeichnet die heutige Vorstandssprecherin des Fördervereins Deutscher Kinderfilm und Präsidentin des Europäischen Kinderfilmverbands (ECFA) die Verlässlichkeit: „Endlich hatte das Kinderprogramm einen Hort und musste nicht mehr irgendwelchen Sportübertragungen weichen.“ Außerdem war zwei Jahre zuvor das kommerzielle Super RTL gestartet; ARD und ZDF konnten gar nicht anders, als einen eigenen Kindersender zu gründen, wenn sie die Zielgruppe nicht verlieren wollten.

 

Für die Kinder war es natürlich toll, nun gleich zwei eigene Programme zu haben, aber die Eltern mussten umdenken. Wenn die Kleinen Lust auf Fernsehen hatten, konnten Mütter und Väter früher glaubhaft versichern, es komme gerade nichts für Kinder; jetzt jedoch kam immer etwas. Davon abgesehen wurden gerade die Mütter bald zu den treuesten Verbündeten des Kika. Ein Werbeslogan aus den Anfangsjahren - „Wenn. Dann. Den“ - verdeutlicht die Strategie, mit der ARD und ZDF auch fernsehkritische Eltern für das Programm gewinnen wollten. Klassiker aus deren eigener Kindheit taten ein Übriges: Wer selbst schon mit „Wickie“, „Heidi“, „Biene Maja“, der „Sendung mit der Maus“ oder „Löwenzahn“ aufgewachsen war, leistete seinen Kindern begeistert Gesellschaft.

Die Konkurrenz müht sich

Mit dem Start des frei empfangbaren Disney Channel vor drei Jahren sind die Karten im Kinderfernsehen neu gemischt worden. Der Markt hat sich zu einer Art Zwei-Klassen-Gesellschaft entwickelt. Kika und Super RTL erreichen regelmäßig über zwanzig Prozent der Drei- bis Dreizehnjährigen, Disney und Nickelodeon liegen bei unter zehn Prozent. Die Marktführerschaft, versichert der Kika-Programmgeschäftsführer Michael Stumpf, sei jedoch nicht das vorrangige Ziel. Wie schon in den Jahren zuvor sei der Kika auch 2016 wieder der Lieblingssender der 6- bis 13-Jährigen gewesen. Im Vorschulbereich muss man sowieso keine Konkurrenz fürchten. Das Image des Senders ist ohnehin ausgezeichnet. Daran konnte nicht mal die 2010 bekannt gewordene Betrugsaffäre etwas ändern: Ein Herstellungsleiter hatte mit Hilfe fingierter Rechnungen über Jahre hinweg rund sieben Millionen Euro unterschlagen.

Auch das Programm scheint über jeden Zweifel erhaben. Die Medienforscherin Maya Götz, Leiterin des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen (eine Einrichtung des Bayerischen Rundfunks), attestiert dem Kika, er habe es „über die Jahre immer wieder geschafft, sich auf die Interessen und Bedürfnisse der Kinder einzustellen.“ Mit erfolgreichen Wissensformaten wie „Checker Tobi“ (BR), „Wissen macht Ah!“ (WDR) und „pur+“ (ZDF) mache Lernen Spaß, und dank der Kindernachrichten „logo!“ (ZDF) „sind Kinder in Deutschland deutlich besser informiert und haben weniger Ängste bei politischen Themen als Kinder in anderen Ländern.“ In der Programmschiene „Kikaninchen“ würden zudem „gezielt Sendungen angeboten, die für Kindergartenkinder förderlich, aber nicht überfordernd sind.“ Innovative Programme wie „Berlin und wir!“ (ZDF) „greifen aktuelle Themen und gesellschaftliche Herausforderungen auf und zeigen aus der Perspektive von Kindern, wie ein offener Umgang mit Unterschiedlichkeit bereichernd sein kann.“ Mit der internationalen Koproduktion „Annedroids“ sei es gelungen, „Themen wie Technik und Naturwissenschaften für Mädchen und Jungen attraktiv in Geschichten zu verpacken.“

Verbesserungen wären möglich

Margret Albers hat dann allerdings doch ein paar kritische Anmerkungen. Realserien waren früher ein starkes Unterscheidungsmerkmal zu Super RTL. Albers bemängelt, dass sich der Kika seit der Einstellung von „krimi.de“ allzu sehr auf zugelieferte Langlaufserien wie „Die Pfefferkörner“ (NDR) und „Schloss Einstein“ (MDR) verlasse: „Im Sinne notwendiger Innovation wäre es wichtig, wie mit ‚Ene Mene Bu’ im Vorschulbereich oder ‚Schau in meine Welt’ in der Sparte Info/Doku auch bei den Realserien wieder eine eigene Marke zu kreieren.“ Außerdem bedauert die ECFA-Präsidentin, dass Kurzfilme für Kinder im Kika keine eigene Nische fänden, weil Einzelstücke in den Programmschemata schwerlich unterzubringen seien und den erwünschten Zuschauerfluss („Audience Flow“) stören könnten: „Auch in dieser Hinsicht würde einem öffentlich-rechtlichen Angebot mehr Experimentierfreude gut tun.“ Wünschenswert wäre ihrer Ansicht nach „zudem eine größere Durchlässigkeit zwischen den Partnern ARD, ZDF und Kika: Wenn sich herausstellt, dass eine Kika-Produktion für die ganze Familie taugt, sollte sie auch in einem der Vollprogramme laufen; und umgekehrt.“