Der Machtkampf beim VfB Stuttgart Warum Claus Vogt gute Gründe hat, alles auf eine Karte zu setzen

VfB-Präsident Claus Vogt wählt die Vorwärtsverteidigung. Foto: dpa/Tom Weller

Mit seinem Alleingang, die Mitgliederversammlung zu verschieben, stellt Präsident Claus Vogt den VfB Stuttgart endgültig vor die größte Zerreißprobe seiner Geschichte. Unser Redakteur meint: Die Verschiebung ist die einzig richtige Entscheidung.

Stuttgart - Der Präsident und Aufsichtsratsvorsitzende des VfB Stuttgart setzt alles auf eine Karte. Seit seinem offenen Brief am 31. Dezember, mit dem er auf die schweren Anschuldigungen des Vorstandschefs Thomas Hitzlsperger reagiert hatte, war von Claus Vogt öffentlich nichts mehr zu hören gewesen. Als stiller Beobachter verfolgte er, wie der Machtkampf völlig außer Kontrolle geriet. Jetzt meldet sich der Unternehmer wieder zu Wort – mit einer Art offenen Kriegserklärung, die den Verein endgültig vor die größte Zerreißprobe seiner knapp 128-jährigen Geschichte stellt.

 

Claus Vogt ist ganz offensichtlich an einem Punkt angelangt, an dem er keine andere Alternative mehr gesehen hat, als die resolute Vorwärtsverteidigung zu wählen. Im Alleingang verschiebt er die für den 18. März geplante Mitgliederversammlung, an der nicht nur seine beiden Präsidiumskollegen Bernd Gaiser und Rainer Mutschler unbedingt festhalten wollten. Es ist die einzig richtige Entscheidung – aus organisatorischen Gründen, vor allem aber aus inhaltlichen.

Lesen Sie hier: Der tiefe Graben im Vereinsbeirat

Zu verfahren ist die momentane Situation, zu tief sind die Gräben, zu viele ungeklärte Fragen wirft noch immer die Datenaffäre auf, auf deren restlose Aufklärung die Mitglieder auch weiterhin warten. Bei einer mutmaßlich rein virtuellen Versammlung im März wäre es kaum möglich gewesen, die Gemüter zu beruhigen und wieder Ruhe einkehren zu lassen – im Gegenteil. Immer lauter sind zuletzt die Rufe von Fans und Mitgliedern geworden, die eine Verschiebung gefordert haben. Claus Vogt ist ihr gewählter Vertreter, ihnen fühlt sich der Präsident verpflichtet.

Sein Schreiben zeichnet ein düsteres Bild von den internen Vorgängen und bestätigt auf erschütternde Weise vieles von dem, was zuletzt hinter vorgehaltener Hand aus Gremien nach außen gedrungen war. Er sei von seinen beiden Präsidiumskollegen und dem Vorsitzenden des Vereinsbeirats, Wolf-Dietrich Erhard, dazu gedrängt worden, sich ohne weitere Diskussionen frühzeitig und unwiderruflich auf ein Festhalten der Mitgliederversammlung am 18. März festzulegen, so schreibt Vogt; ihm sei sogar gedroht worden, dass Schadensersatzforderungen auf ihn zukämen.

Lesen Sie hier: Die Chronologie des Machtkampfs

Sollte dies stimmen, kämen beim VfB viele Personen in noch akutere Erklärungsnot, als es bisher schon der Fall war. Als wichtigen Punktsieg darf es Vogt schon jetzt verbuchen, dass seine Botschaften auf den offiziellen VfB-Kanälen veröffentlicht, allen Mitgliedern zugesandt und als Pressemitteilung verbreitet wurden.

Der VfB, das wurde den Bewerbern ums Präsidentenamt im Herbst 2019 sehr deutlich gemacht, wolle eine Präsidenten, der sich auf Repräsentationsaufgaben beschränkt und dem Rest der alten Führung nicht ins Handwerk pfuscht. Claus Vogt wollte sich mit dieser Rolle nicht begnügen. Mit der Frontalattacke von Thomas Hitzlsperger, so wurde intern angenommen, würde Vogt endlich entnervt aufgeben. Auch das ein Irrglaube. Jetzt weiß die alte Seilschaft endgültig, dass es der gewählte Vertreter der Mitglieder bitterernst meint und bereit ist, diesen Kampf bis zum Ende auszufechten.

Weitere Themen