Manteldesk: Mirko Weber (miw)

Immer noch das Zimmer in dem Stuttgarter Hotel, draußen der Tag, Eberhard Weber im Sessel. Auf den Beistelltisch hat er seinen Stock gelegt. Er braucht ihn zum Gehen, seit er im April 2007 in Berlin zu einem Abendkonzert in die Philharmonie wollte, dann aber schließlich in der Charité landete: Schlaganfall. Das ist der Moment, in dem ihm der Bass zum ersten Mal in seinem Leben entgleitet. Er kann mit links die Saiten nicht mehr greifen. Vor knapp acht Jahren also verabschiedet er sich als Musiker still und leise, wie es seine Art ist.

 

Allerdings wäre Weber nicht Weber, wenn er sich nicht noch einmal zurückkämpfte, schließlich hat er von den Tourneen mit Jan Garbarek noch kostbares, unbearbeitetes Rohmaterial gespeichert. Noch einmal organisiert der schwäbische Tüftler seine Musik um, indem er die mitgeschnittenen Improvisationen auf „Résumé“ wie auf „Encore“ jetzt bearbeitet wie der Maler William Turner die Leinwände: Unter die Ursprungsidee zieht er, vom Keyboard und Mischpult aus, dichte Grundierungen ein, so dass auf einmal deutlicher Form annimmt, was vorerst nicht mehr war als ein musikalischer Umriss: eine Zugabe in Bradford, Edinburgh, Konstanz oder Sevilla. Die Stücke heißen nach den Orten, und es „rauscht die Erde wie in Träumen“, wie der Dichter sagt.

„Es war, wie es war, und es ist, wie es ist“, sagt Eberhard Weber. Er hat keine Angst vor einem Leben ohne Musik, weil Musik sein Leben gewesen ist und weiter in ihm klingt. Das bleibt. Und dann hat Eberhard Webers Musik das Leben von vielen Menschen ja nun mal, wie soll man sagen – beflügelt. Beflügelt. Reicht das? Jedenfalls kommt da viel zurück, und Weber ist ein wenig bang, wenn jetzt im Theaterhaus bei der Überreichung des Jazz-Sonderpreises womöglich alle für ihn aufstehen. Er mag das eigentlich nicht: Ovationen. Aber da müssen wir jetzt wohl durch.