Das Drehbuch des neuen Bond-Films soll umgeschrieben worden sein – auf Wunsch der Behörden. Für 14 Millionen Dollar an Steuerersparnis und Fördermitteln haben die Filmemacher ihr Skript mexikofreundlicher gemacht.

Korrespondenten: Klaus Ehringfeld (ehr)

Stuttgart - Von Donnerstag an surren die Kameras für den neuen James-Bond-Film „Spectre“ auch in Mexiko. In Mexiko Stadt werden bis Anfang April einige Einstellungen gedreht, die zu Beginn des Actionstreifens zu sehen sein werden. Szenen im historischen Zentrum, Bilder aus einem Hotelzimmer, eine Verfolgungsjagd am berühmten „Tag der Toten“ (Allerseelen). Und auch eine Hubschraubersequenz mit 007-Darsteller Daniel Craig ist geplant, in der man das moderne Antlitz der Metropole bestaunen kann.

 

Aber offensichtlich standen nicht all diese Sequenzen auch im Originaldrehbuch, sondern wurden auf Wunsch mexikanischer Behörden hinzugefügt oder geändert. So behauptet es zumindest die auf Steuerthemen spezialisierte Website „Tax Analysts“ (taxanalysts.com). Demnach hat die Bond-Produktion Zugeständnisse an die Mexikaner aus Kostengründen gemacht und dafür sogar Charaktere ausgetauscht und Besetzungswünsche akzeptiert. Für vier Minuten Mexiko, hübsch verpackt, seien im Gegenzug 14 Millionen Dollar an Steuererleichterungen und Fördergelder zugesagt worden, schreibt „Tax Analysts“ in einem Artikel von Anfang des Monats.

Die Dreharbeiten laufen finanziell aus dem Ruder

Hintergrund soll sein, dass den Produktionsfirmen Sony Pictures Entertainment und Metro-Goldwyn-Mayer Studios Inc. (MGM) die Kosten für den Film aus dem Ruder zu laufen drohen. Die 24. Bond-Auflage kostet demnach über 300 Millionen Dollar und damit rund 50 Millionen Dollar mehr als der Vorgänger „Skyfall“ und wäre somit einer der teuersten Streifen in der gesamten Filmgeschichte. Die Informationen, auf die sich die Website beruft, sollen aus Emails stammen, die durch den Hacker-Angriff auf Sony Pictures im Dezember zugänglich wurden.

Die Emails, aus denen „Tax Analysts“ zitiert, legen den Schluss nahe, dass die Produzenten so unter Spardruck standen, dass sie sich bereit fanden, ein Stück Drehbuchhoheit an die mexikanischen Behörden abzutreten und deren Änderungswünsche am Skript zum Teil akzeptierten. Sony-Pictures in Mexiko wollte sich auf Nachfrage dazu nicht äußern. Und die mexikanischen Filmförderanstalten gaben an, von dem angeblichen Deal nichts zu wissen.

Der Täter darf kein Mexikaner sein

Das Originaldrehbuch soll demnach vorgesehen haben, dass James Bond in Mexiko Stadt mit der Jagd auf einen Bösewicht namens Sciarra beginnt, der den Bürgermeister der Stadt ermorden will. Aber die Mexikaner hätten durchgesetzt, dass nicht der Bürgermeister, sondern eine „internationale Führungsfigur, vermutlich ein Botschafter, das Opfer gibt und dass der Täter auf keinen Fall ein Mexikaner sein dürfe.

Außerdem hätte die mexikanische Seite verlangt, dass die Frau, die in 007-Hotelzimmer auftaucht, bevor er seine Jagd beginnt, von einer einheimischen Schauspielerin dargestellt wird. Passend dazu wurde Anfang März bekannt, dass die Aktrice Stephanie Sigman, bekannt aus dem Drogenthriller „Miss Bala“, die Rolle der Estrella in „Spectre“ übernehmen wird. Der 24. 007-Film ist damit der erste, in dem drei Bond-Girls auftreten, seit Roger Moore 1981 „In tödlicher Mission“ unterwegs war. Auch das legt nahe, dass die Rolle für Sigman erst in letzter Minute ins Skript geschrieben wurde.

Die Realität überholt die Fiktion

Und zur Krönung der Sequenz in dem Schwellenland in Mittelamerika entschwindet James Bond mit dem vom Schurken Sciarra gestohlenen Helikopter über den Wolkenkratzern von Mexiko Stadt.

Da in Mexiko und seinem bizarren Drogenkrieg die Realität längst jede denkbare Fiktion überholt hat, kann man die Behörden sogar verstehen. Sie möchten angesichts des negativen Images, das ihr Land spätestens seit der Verschleppung und Ermordung der 43 Studenten in Iguala weltweit hat, wenigstens in globalen Filmprojekten einigermaßen gut wegkommt.

Das Vorgehen ist offenbar nicht unüblich

Zudem ist es nach Angaben der Steuerexperten von „Tax Analysts“ durchaus üblich, dass Städte oder Länder an Drehgenehmigungen Bedingungen knüpfen und eine Art kulturelle Kompatibilität mit dem Drehort fordern – oder zumindest darum bitten, dass er nicht allzu negativ dargestellt wird. Aber bei „Spectre“ hätten die Produzenten tiefe Eingriffe in das Drehbuch zugelassen. Für Luis Miguel Aguilar von der Filmkommission von Mexiko-Stadt ist der Vorwurf absurd: „Die James-Bond-Produzenten wachen mit Argusaugen über ihr Skript und lassen da niemanden ran und akzeptieren keine Änderungen“, sagt Aguilar.