Im Imperium der Schweinefleisch-Metzger: „Söhne und Väter“, der neue „Tatort“ aus Saarbrücken, erzählt von unschönen Beziehungen.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Dallas in Saarbrücken? Könnte man meinen: Die Wellers herrschen zwar nicht über ein Öl-, aber immerhin über ein Schweinefleisch-Imperium – und Mutter Weller kann als Saarland-Ausgabe der Serienlegende J.R. Ewing gut durchgehen. Als sie erfährt, was ihr Sohn Pascal nachts im Beerdigungsinstitut mit der Leiche des Radsportlers, Lokalhelden und Lehrers Dirk Rebmann angestellt hat, holt sie eines der Jagdgewehre aus dem Tresor, stapft vors Haus und ballert auf das Motorrad des Sohnemanns, bis es in Flammen aufgeht. Und Herr Weller? Der steht daneben und gibt kleinlaut zu bedenken: „Renate, das ist unverhältnismäßig!“

 

Ist es das? Bei Metzger-Tycoons dieses Schlags weiß man das nicht so genau. Was man als Zuschauer bis dahin weiß: Die Leichenschändung, die Pascal mit seinen beiden Kumpels Karim und Enno zum Auftakt der „Söhne und Väter“ betrieben hat, ist schon sehr schweinisch. Der makabre Streich ging böse aus, vor allem für Enno: Im Vollrausch schläft er während der Aktion auf einer Rollbahre ein. Am nächsten Morgen findet man ihn tot in der Kühlkammer.

Kommissar Jens Stellbrink (Devid Striesow) findet dagegen mit der Kollegin Lisa Marx (Elisabeth Brück) schnell heraus, dass es nicht die beiden Freunde waren, die Enno in die Eiskammer geschoben haben. Und weil der Saarbrücker Ermittler ein aufmerksames Kerlchen ist, entdeckt er an der Rebmann-Leiche auch gleich noch Spuren einer Vergiftung. Also hat er zwei Morde an der Backe.

Wenn der verhasste Stiefvater zu viel prügelt

Was Stellbrink beim Ermitteln noch erspäht: eher unschöne Vater-Sohn-Beziehungen. Bei Wellers steht der Vater unter der Fuchtel seiner Frau statt dem Sohn zur Seite. Enno hat nur deshalb so viel gesoffen, weil er regelmäßig von seinem Erzeuger grün und blau geprügelt wurde; und Rebmann hatte es als Karims verhasster Stiefvater mit einer niederträchtigen Aktion geschafft, einen Keil zwischen den Jugendlichen und dessen Freundin zu treiben. Der Stiefvater charakterlos, der Ersatzvater – der Spitzenkoch Carlinó, bei dem Karim eine Ausbildung macht – aber ein Typ mit ganz viel Haltung.

Väter und Söhne also. Warum nicht. Der sozialpädagogische Überbau ist vom Drehbuchautor Michael Vershinin nicht unbeholfen mit dem Krimi-Plot verquickt worden; dass auch Stellbrink seinem Sohn Moritz näher kommt, kann man aber doch für überflüssig halten. Trotzdem ist „Söhne und Väter“ ein klassischer, gut konstruierter Whodunnit, bei dem man bis zum Schluss mit Stellbrink miträtselt. Dass der frechforsche Kommissar deutlich weniger schräg als bisher rüber kommt, ist dabei schon fast zum in die Luft Ballern.

ARD, Sonntag, 20.15