Die Probleme im Pflegebereich sind seit langem bekannt. Jetzt muss auch gehandelt werden. Signale wie sie die Göppinger Wilhelmshilfe jetzt senden muss, dürfen nicht ignoriert werden.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Göppingen - So manch einer wird verwundert mit dem Kopf schütteln. Wie kann die Göppinger Wilhelmshilfe ihr Angebot auch noch zurückfahren, wo doch die Kapazitäten in Altenhilfeeinrichtungen eh schon knapp sind und ambulante Pflegedienste mit der Arbeit kaum noch hinterherkommen? Die Antwort ist simpel. Sie kann nicht nur, als verantwortungsbewusster Träger der Altenhilfe muss sie es sogar. Um deutlich zu machen, dass politische Fensterreden und Pflegereförmchen eben nicht ausreichen, will man verhindern, dass sich die eh schon massiven Probleme künftig weiter verschärfen. Der Schritt, den die Wilhelmshilfe geht – sicher nach langem Ringen – ist damit nur konsequent.

 

Fachleute sprechen, mit Blick auf die immer älter werdende Gesellschaft und die immer größer werdende Zahl fehlender Pflegefachkräfte, schon seit geraumer Zeit von einer „tickenden Zeitbombe“. Glaubt man den jüngsten Studien, werden im Gesundheitswesen, einschließlich der Altenpflege, bis 2025 rund 270 000 Beschäftigte fehlen. Schon heute dauert es laut dem BKK-Gesundheitsreport annähernd ein halbes Jahr, ehe eine freigewordene Stelle wieder besetzt werden kann.

Das Schlimme an der Sache ist, dass es längst taugliche Konzepte gibt, wie die Situation verbessert werden kann. Das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung (Dip) hat einen dreistufigen Masterplan entwickelt, der Abhilfe schaffen könnte: Die Vergütungen für das Pflegepersonal um bis zu 30 Prozent anheben, bis zum Ende der Legislaturperiode insgesamt 100 000 zusätzliche Pflegestellen schaffen und die Ausgaben für die Pflegeforschung sowie die Ausgaben für die Pflegeausbildung und für Pflegeinnovationen massiv erhöhen. Klar, das kostet viele Milliarden, könnte aber, wie die Dip-Experten errechnet haben, „solidarisch über die Kranken- und Pflegeversicherungen sowie über zusätzliche Steuermittel aufgebracht werden“.

Zugegeben, in diesem Kontext ist das Handeln der Göppinger Wilhelmshilfe nicht mehr als ein Signal. Ein deutliches Zeichen zu setzen, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann, ist aber mitnichten ein Fehler. Obendrein macht dieses Vorgehen deutlich, dass der Worte genug gewechselt sind. Politik und Gesellschaft sind gefordert zu handeln und nicht, wie es Dagmar Hennings von der Wilhelmshilfe ausdrückte, in Jammerstarre zu verfallen.