Entgegen aller Unkenrufe und Prognosen hat US-Präsident Donald Trump seine Macht etabliert und richtet die USA radikal neu aus. Washington-Korrespondent Thomas Spang zieht eine Bilanz.

Washington - Eigentlich sollte US-Präsident Donald Trump jetzt längst Geschichte sein. Das erwarteten zumindest viele Analysten, die bei der Amtsübernahme im Januar nicht glauben wollten, dass der nazistische Politclown Ende des Jahre noch im Amt sein werde. Entweder weil er keine Lust mehr habe oder über die Russland-Affäre gestolpert sei. Das stellt sich nun genauso als Wunschdenken heraus wie all die anderen Voraussagen eines baldigen Endes der Präsidentschaft Trumps. So kann man sich irren. Auch die Annahme, Trump sei so unfähig, dass er mit seiner Macht und den Mehrheiten im Kongress nichts anfangen könne, ging fehl. Die im Rekordtempo durchgepaukte Steuerreform steht wie ein Ausrufezeichen am Ende eines Jahres, in dem Trump mit dem radikalen Umbau der USA begonnen hat.

 

Obwohl er mit der formellen Abschaffung der Gesundheitsreform seines Vorgängers Obama blamabel scheiterte, hat er das Gesetz nun so unterminiert, dass es vor dem Kollaps steht. Seinen anfangs amateurhaft angegangenen Einreisebann für Reisende aus mehrheitlich muslimischen Ländern hat Trump im dritten Anlauf per Dekret durchgesetzt. Wie er die Präsidial-Vollmachten auch sonst nutzte, dem Land seinen Stempel aufzuprägen – von der Abtreibung bis zur Zuwanderung von Flüchtlingen. Nirgendwo aber veränderte er die USA so nachhaltig wie beim Umbau der Justiz. Während Trump seine Landsleute mit zum Teil lächerlichen Twitter-Kontroversen ablenkte, bestätigte der Senat einen Bundesrichter nach dem anderen. Der größte Erfolg war die Durchsetzung des erzkonservativen Neil Gorsuch als Verfassungsrichter am Supreme Court.

Das Außenministerium wurde degradiert

Schließlich darf nicht übersehen werden, wie er die einst stolze US-Diplomatie und das Außenministerium degradiert hat. Rex Tillerson ist ein Außenminister ohne echte Zuständigkeit und immer mehr auch ohne kompetentes Personal. Das gleiche Schicksal teilt die Umweltbehörde EPA, während das einst verhasste Bildungsministerium nun als Werkzeug zur Durchsetzung einer reaktionären Schulpolitik benutzt wird. In John Kelly holte Trump einen Stabschef ins Weiße Haus, der sein Team von den unseriösesten Gestalten befreite. Bei den internationalen Themen tat der „Amerika-zuerst“-Anführer, was er seinen Anhängern versprochen hatte. Er verweigerte die Unterschrift unter das transpazifische Freihandelsabkommen TPP, kündigte das Klimaschutz-Abkommen auf, stieg aus dem Atomabkommen mit Iran aus und erkannte Jerusalem einseitig an.

Wäre da nicht die lästige Affäre um die Einmischung Russland in die Wahlen und der Verdacht der Verschwörung oder des Landesverrats, könnte sich Trump einigermaßen entspannt zurücklehnen. Zumal ihm die von Barack Obama wieder flott gemachte Wirtschaft wie ein glitzerndes Geschenk vor die Füße gefallen ist. Dass sich Trump auf dem Arbeitsmarkt, an der Börse und beim Wirtschaftswachstum fremde Federn an den Hut steckt, ist politisches Glück. Sein Verdienst war es kaum.

Gefahr für die liberale Demokratie

Dafür gehen die konstanten Angriffe auf die demokratischen Institutionen der USA ganz allein auf sein Konto. Sei es der Versuch, die Qualitätsmedien des Landes als „Fake News“ zu diskreditieren, Richterschelte zu betreiben oder missliebige Kritiker zu beschimpfen. Trumps autokratische Neigungen sind echt, gefährlich und nachhaltig. Sie stellen eine Gefahr für die liberale Demokratie in den USA dar. Deren Institutionen halten noch, aber die Angriffe haben bereits Spuren hinterlassen. Am Ende des Jahres ist klarer als zu Beginn, dass Trump meint, was er sagt und macht, was er verspricht. Wer davor die Augen verschließt, tut das auf eigene Gefahr. Die Frage ist nicht, ob der Präsident mit dieser Politik scheitern wird. Das steht außer Frage. Ungewiss bleibt, wie viel Schaden er bis dahin angerichtet haben wird.