„Die halbe Sonne“ heißt Aris Fioretos’ jüngstes Buch. Diese „Liebeserklärung“ an seinen Vater habe sein Schreiben verändert, sagt der schwedische Autor mit dem griechischen Namen. StZ-Redakteurin Julia Schröder ist ihm begegnet.

Berlin - Berlin ist eine kleine Welt. In diesem Haus im Prenzlauer Berg soll der Schriftsteller Aris Fioretos wohnen, und der tritt, während man noch auf den Kolonnen von Klingelschildern seinen Namen aufzuspüren sucht, von der Straße aus herbei, da öffnet sich die Haustür, raus kommt Helene Hegemann. Verwirrend für Leute, die sich nicht so auskennen und wissen, dass ihr Vater in dem Haus wohnt. In der Wohnung neben der von Fioretos.

 

Glücklicherweise ist dieser nicht nur als Gesprächspartner ein Mann von ausgesuchten Manieren, stellt Tee und Kekse auf den Tisch und hilft seinem Gast über die Verwirrung hinweg. Außerdem: „Es geht nicht um Ordnung, es geht um Zusammenhänge“, so lautet einer von vielen hellsichtigen Sätzen in seinem jüngsten Buch, und wenn man so will, ist ein bisschen Verwirrung ja ganz fruchtbar.

„Die halbe Sonne“ – eine Liebeserklärung an den Vater

Es trägt den Titel „Die halbe Sonne – Ein Buch über einen Vater“ und ist, wie der Autor sagt, „eine Liebeserklärung“ an den eigenen Vater, zugleich, wie er schreibt, eine „Repaparatur“: der Versuch, diesem seit eh und je so vertrauten Menschen ganz neu und mit literarischen Mitteln auf die Spur zu kommen, weil es anders nicht mehr geht. Weil das Buch einsetzt, als der Sohn erfährt, dass der Vater gestorben ist.

Aris Fioretos, vor 53 Jahren als Sohn eines griechischen Arztes und einer österreichischen Künstlerin in Göteborg geboren, hat sich schon in Essays und in seinem 2011 erschienenen formidablen Roman „Der letzte Grieche“ mit eigenen familiären Prägungen beschäftigt. Aber so nah wie in seinem Vaterbuch, das sich jenseits aller Gattungsbestimmungen bewegt, hat er sich noch nie herangewagt an diese lebenslang bestimmende Grundstruktur. Es ist eine Erkundung in Tableaus, in Skizzen bestimmter Situationen, in längeren Dialogen und ganz kurzen Wortwechseln, Inventuren, Sinnsprüchen, kleinen moralischen Erzählungen und in allerlei Listen, manche davon versammeln „Thesen über ausländische Väter“, zum Beispiel diese: „Wenn ein ausländischer Vater ein Kind im Schlaf weinen hört, legt er sich zu ihm ins Bett und singt mit dem Gesicht zwischen dessen Schulter und Hals frei erfundene Lieder. Wenn das Kind erwacht, liegt ein ausländischer Vater oft noch da. Dies gilt auch, wenn ein ausländischer Vater ein ausländischer Großvater geworden ist.“