Der Schwäbische Waldweg Wandertag

Wie weit tragen die Füße? 75 Kilometer und 16 Stunden – durch die Bodenbachschlucht, vorbei an Burg Reichenberg und entlang des Finsterroter Sees. Ein Nonstopp-Marsch mit der Extremsportlerin Steffi Praher auf dem neuen Schwäbischen Waldweg.
Murrhardt - Warum nur habe ich mir das eingebrockt? Diese Frage geht mir gegen Ende der Tageswanderung durch dem Kopf. Selber schuld. Wir sind ganz früh am Morgen losgelaufen. Mittlerweile ist es schon wieder dunkel. Die Fußsohlen schmerzen. Die Oberschenkelmuskeln brennen bei jedem Schritt. Das Kniegelenk zwickt. Dann fängt es auch noch an zu donnern. Blitze erhellen den tiefschwarzen Himmel über dem Wald bei Großerlach. Regen setzt ein, erst nur ein paar Tropfen, dann schüttet es. Wir sind seit einer gefühlten Ewigkeit zu Fuß unterwegs, haben mehr als 70 Kilometer in den Knochen und den größten Teil des neuen Schwäbischen Waldwegs geschafft.
Vor ein paar Wochen habe ich Steffi Praher gefragt, ob sie mitmachen würde bei einer Nonstop-Wanderung, beim Abgehen des neuen Rundkurses von Murrhardt über Sulzbach, Oppenweiler, Mainhardt, Grab zurück nach Murrhardt. Na klar, hat sie gesagt, das machen wir. Die 32-jährige Extremsportlerin aus Plüderhausen läuft schon mal 250 Kilometer nonstop in 66 Stunden. Da sind 83 Kilometer im Wanderschritt für sie nicht mehr als eine willkommene Trainingseinheit. Ich bin noch nie weiter als 40 Kilometer gewandert, vor zwanzig Jahren im Yosemite-Nationalpark.
Gut fünfzehn Stunden vor dem Donnerwetter in Großerlach: ein strahlend schöner Frühlingsmorgen in Murrhardt. Die Kirchenglocke schlägt sechs. Die Sonne ist gerade aufgegangen. Kein Mensch auf dem Bahnhofsvorplatz. Wir marschieren in der Altstadt, über den Marktplatz mit den pittoresken Fachwerkfassaden, vorbei am Naturparkzentrum, am Rathaus, an der Walterichskirche und mitten hinein in den Wald. Ein fieser Anstieg stimmt uns gleich ein auf die kommenden Stunden. Wer den Waldweg meistern will, muss 2200 Höhenmeter überwinden. Nach einem grandiosen Blick ins Murrtal führt der Weg durch die wildromantische Hörschbachschlucht mit dem imposanten Wasserfall am oberen Ende.
8.15 Uhr, neun Kilometer: Wir erreichen das Wanderheim Eschelhof. Bis dato sind wir ganz allein unterwegs gewesen. Blauer Himmel über der Waldlichtung. Vögel zwitschern, es weht ein laues Lüftchen. Ein Kurzurlaub am Rande der Region Stuttgart. Der Schwäbische Waldweg verläuft auf weiten Strecken wie der alte Georg-Fahrbach-Weg und ist (meistens) gut ausgeschildert. Aber mit dem GPS-Track auf dem Navigationsgerät und der Wanderkarte finden wir die Route fast immer. In Ittenberg füttert eine Bäuerin ihre Kühe. Am Ortsausgang grüßt ein alter Mann und wünscht noch viel Spaß beim Weiterwandern.
Jogger und Güterzüge
8.50 Uhr, zwölf Kilometer: In Sulzbach donnert ein Güterzug vorbei. In einer riesigen Halle werden mit ohrenbetäubendem Lärm Holzstämme zersägt. Auf dem Murrtal-Radweg mit seinen idyllischen Weisen und Wäldchen kommt uns ein einsamer Jogger entgegen.
9.30 Uhr, 18 Kilometer: Im Oppenweiler Industriegebiet stapeln sich neben der Straße Hunderte ausgemusterte Autoreifen. Hochwasserschutzwände aus Beton versperren den Blick auf die gemächlich dahinplätschernde Murr. Vor der Schule treffen wir ein paar Kinder, sie reichen uns Wasserflaschen, gehen ein paar Meter mit, bis sie dann schließlich von ihrem Lehrer zurückgepfiffen werden.
Unser Vorhaben, den Schwäbischen Waldweg an einem Tag abzulaufen, erscheint vielen als Schnapsidee. Sie ist auch nicht im Sinne der Erfinder von der Fremdenverkehrsgemeinschaft Schwäbischer Wald. Die Wanderrunde sei für fünf Tage inklusive Übernachtungen konzipiert, hieß es bei der Vorstellung während der CMT im Januar. Die Ausflügler sollen oft absteigen ins Tal und in eine Wirtschaft einkehren. Sie sollen Essen gehen, sich ein Fremdenzimmer mieten, Geld ausgeben.
10 Uhr, 20 Kilometer: Wieder ein supersteiler Anstieg in Reichenberg. Der Schweiß tropft. Ein Viertel der Strecke ist geschafft. Ich fühle mich wunderbar. In dem kleinen Ort mit der imposanten Burg aus dem 13. Jahrhundert gackern Hühner. Die Sonne brennt vom Himmel. Ein paar Minuten später sind wir schon wieder im kühlen Forst an einer Grillstelle neben der Pflanzschulhütte Oppenweiler. Waldmeister wächst am Wegrand. Schautafeln erzählen vom Wald.
10.50 Uhr, 25 Kilometer. Keine Wegweiser. Auch das Navi und die Karte geben keine eindeutigen Hinweise. Wie aus dem Nichts erscheint der Retter. „Kann ich helfen?“ Der Revierförster kommt wie gerufen. Eine Ringelnatter kreuzt den Weg. Vorbei am Wetzsteinstollen. Ein Mountainbiker rast an uns vorbei.
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