Die schottische Kammersängerin Catriona Smith erklärt, warum man sich in Stuttgart auf ihre Landsleute freuen kann, auf den Ansturm der guten Laune. Die Sopranistin ist im Glück: Sie hat noch eine Karte für das Spiel am Sonntag ergattert.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Auf die Premiere am 7. Juli von Bellinis „La Sonnambula“, für die sie seit Tagen begeistert probt, freut sie sich sehr – aber mindestens genauso auf ihre Premiere als Stadionbesucherin der Fußball-EM. Kammersängerin Catriona Smith, ein Star der Staatsoper Stuttgart, hatte lange versucht, an Karten für das Spiel ihrer schottischen Mannschaft gegen Ungarn zu kommen. Dank eines Musikerkollegen, der wegen eines Konzerts am Sonntag doch nicht zum Spiel kann, klappt es. Die Sopranistin ist überglücklich, bedauert allenfalls, dass sie das gleichzeitige Spiel von Deutschland, dessen Fan sie ebenfalls ist, gegen die Schweiz verpasst.

 

Die Schotten und die Schwaben sind gar nicht so verschieden, sagt die Schottin, die seit 1991 in Stuttgart lebt, womit sie nicht die angebliche Sparsamkeit beider Volksgruppen meint. „Da wie dort arbeiten die Menschen sehr hart“, sagt sie, „und da wie dort belohnen sich die Menschen deshalb nach der Arbeit mit Bier.“ Stuttgart, sagt Catriona Smith, kann sich auf einen Ansturm der guten Laune freuen, wenn die Kiltträger und Dudelsackspieler am Wochenende den Kessel fluten und dabei den Charme von Freiheit und Coolness versprühen.

Dass ihre Landsleute bei der EM in Deutschland so beliebt sind, erklärt die Kammersängerin, die ihren Abschluss an der Royal Scottish Academy of Music and Drama in Glasgow gemacht hat, mit dem besonderen Lebensgefühl der Schotten: „Ihnen sind Siege der eigenen Mannschaft zwar wichtig, aber sie lassen sich auch bei einer Niederlage die Stimmung nicht vermiesen.“ Denn es gehe darum, das Leben zu genießen – vereint in der Freundschaft mit anderen Völkern.

Der Stadionbesuch wird zur großen Oper

Wie man Schotten glücklich macht, wenn sie nun in Massen durch Stuttgart ziehen? „Sie freuen sich, wenn man ihnen eine Flasche Bier schenkt“, sagt Catriona Smith. Warum Schotten den Ruf haben, die durstigsten Fans der EM zu sein? Ihre Antwort: „Wir sind es gewohnt, uns nach der Arbeit in Pubs zu treffen. Da übt man früh, Bier zu lieben.“ Ins Stadion wird der Opernstar nicht im Schottenrock ziehen, aber mit einer großen Schottenfahne. Ganz egal wie das Spiel ausgeht: Der Besuch wird für sie zur großen Oper.