Unseren Lesern ist auch 2013 allerlei an der StZ aufgefallen. Und sie halten damit nicht hinterm Berg, sondern üben fleißig Blattkritik. Der StZ-Redakteur Hans Jörg Wangner hat die schönsten Erregungszustände gesammelt.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Auf den Herrn A. ist einfach Verlass. Wie ein guter alter Bekannter steht er jedes Jahr aufs Neue vor der Tür, begehrt Einlass, man bittet ihn auf ein Gläschen herein, und er tut seine Meinung kund. Zum Beispiel über eine StZ-Kollegin, die seiner Ansicht nach „größte journalistische Flatulenzen ablässt“ und wohl auf „nichtssagende und primitive Sendungen“ im Fernsehen stehe. „Wann darf denn diese offensichtlich etwas verwirrte, alte Frau endlich in den Ruhestand?? Es würde den Lesern der ganze Müll ihrer Kommentare erspart bleiben.“ Klare Worte. Wobei uns Herr A. die interessante Information schuldig bleibt, um welche Art von Müll es sich da handeln soll – Bio, Rest oder Sonder?

 

Oder aber gelber Sack? Eher nicht. Denn dieses Behältnis hat Norbert W. in einem anderen Zusammenhang belegt: „Ich bin ein sehr sportbegeisterter Mensch, aber was die Stgt.Zeitung ständig über den VfB schreibt, geht mir auf den Sack.“ Herr W. bietet uns dann zwar Hilfe bei der richtigen Gewichtung von Nachrichten an, aber wir müssen – den Müllgeruch gewissermaßen noch in der Nase – geschwind umschalten zu Adolf B. und seiner luziden Blattkritik: „Jedesmal wenn ein ,Grüner‘ einen Stuttgart21-Furz läßt, steht von euch ein entsprechender Experte bereit, atmet ihn mit Hochgenuß ein und verbreitet ihn auf Papier, das nicht einmal für den Hintern geeignet ist.“

Also nochmals die Frage: Bio, Rest oder Sonder? (Die Stuttgarter Zeitung. Nicht der Leserbrief.)

Manchmal geht es nur noch mit Sonderzeichen

Eindeutig Restmüll jedenfalls war es, der Anita B. dazu veranlasste, an „Die Zeit“ und – Cc – an uns zu mailen: „Hoffentlich gibt es mal jemand, der dieser Familie beibringt, dass man die verschissenen Windeln Ihres Kindes nicht am Tag der Müllabholung vor dem Haus (. . .) verteilt und einen Sack in der Grösse einer Mülltonne mit diesen Teilen aus der Wohnung bringt.“ Wir wissen jetzt nicht, ob die Hamburger Kollegen das Thema aufgegriffen und möglicherweise eins ihrer berühmten Dossiers draus gemacht haben, wir jedenfalls machen einen kurzen Ausflug zum Datenmüll: „Hat man sich“, fragt Peter G., „hat man sich in der Redaktion der StZ schon einmal überlegt, dass diese ständige Beaufschlagung der Leser genau zu einem gegenteiligen Effekt f—š‘ß”ž‘‘ßÀß»šß™ßòõµŠ‘ž“–Œ‹š‘ß—š–“–˜šß¸Š‘›Œž‹…ß¾ª»¶¾«“ (es folgen acht DIN-A-4-Seiten voller Sonderzeichen, die wir uns ersparen, da sonst auch unser Computer in die Kniee ginge ).

Widmen wir uns statt dessen einem komplett analogen, weil handgeschriebenen Brief, ebenfalls von einem alten Bekannten: Hat uns Roland K. 2012 noch harsch gerüffelt, weil wir seinen Leib-und-Magenchor angeblich in ein schlechtes fotografisches Licht gerückt haben (zur Wiedergutmachung forderte er sogar eine finanzielle Zuwendung für die Sänger), so ist er in diesem Jahr „voll des Lobes“. Der Fotograf habe „eine Meisterleistung“ abgeliefert, weshalb Herr K. schreibt, er müsse sich bei uns bedanken, „nachdem letztes Jahr meine Kritik für Sie ganz miserabel ausgefallen war“. Merke: „Nicht nur Schlechtes, auch Gutes muß erwähnt werden um die Motivation ganz oben zu erhalten.“ Wir sind gerührt.

„Abhängig von Schwulen, Lesben und Linken“

Rührend auch die E-Mail von Emilia P. aus Chemnitz: „Ihre Marke ist bei uns in der Familie sehr beliebt und wir würden uns freuen, wenn Sie irgendwelche kleine Werbemittel-Geschenke für uns oder unsere Kids übrig haben.“ Sieh an, sieh an: Sogar im früheren Karl-Marx-Stadt haben wir Freunde und Anhänger.

Sollen sich doch die Hiesigen ein gutes Beispiel dran nehmen. Ortwin H. etwa. Die Stuttgarter Zeitung wird seiner Ansicht nach „zunehmend abhängig von Schwulen, Lesben und Linken, Die sie in die Mitte unserer Gesellschaft Rücken will“. Thomas B. fragt, ob wir „keinen besser informierten, kompetnteren ’Mann/Frau der/die das übernehmen könnte? Diese Inkompetenz ist ja nicht auszuhalten und ich werde bis auf weiteres, einen Bogen um Ihre Zeitung machen“. Und Frank M. beruft sich in seiner Blattkritik sogar auf höhere Mächte: „Mein Gott, liefern Sie ein erbärmliches Geschreibsel.“

Dem „Minenspiel“ mit dem „Mieneralbad“ begegnen

Wie überhaupt alles Religiöse traditionell vermintes Terrain ist, was auch für Glossen gilt, in denen der Papst vorkommt: „Da“, schreibt Peter R. „da fasse ich mir (ich gehöre keiner Kirche an) an den Kopf, wie man so einen Schwachsinn schreiben kann und dafür noch Geld bekommt!“ Desgleichen ist es ebenso riskant, auf dem Felde der Orthografie danebenzutreten: „Was, bitte schön, ist ein ,Minenspiel‘?“, will Manfred G. wissen. Seine Vermutungen: Eine Art russisches Roulette? Ein getarnter bergmännischer Begriff? Eine Sparmaßnahme der Geschäftsleitung? „Fragen über Fragen. Damit der Samstag nicht ins Bodenlose abstürzt, gehe ich jetzt ins Mieneralbad . . .“

Und da Herr G. die Sache wenigstens noch mit etwas Humor sehen kann, nutzen wir den entspannten Moment, um in aller Demut und Zerknirschung auf zwei weitere StZ-hausgemachte Fehler hinzuweisen, deren einer bei Renate R. „eine Schnappatmung“ ausgelöst hat. während der andere bei Renate S. die Frage nach der Qualität der „Endredaktion“ aufkommen lässt: der „Schwiegersohn ihn spe“ und das „bei Tisch so zu verhalten, wie es sich Zimt“. Ja, und dann haben wir – kleine Zugabe für Feinschmecker – aus Gottfried Wilhelm Leibniz’ Monadenlehre eine „Nomadenlehre“ gemacht (der „freundlich grüßende“ Leser Konrad B. hat’s peinlicherweise gesehen).

Tja.

„Stampfen Sie Ihr Drecksblatt ein!“

Dann doch lieber eher zu Unrecht, dafür aber saftig beschimpft werden: „Mich kotzen (arschkriecherische) Antisemiten an“, teilt M.K. mit, der uns aber nicht ohne einen „wohlwollenden Rat“ zurücklässt: „Stampfen Sie Ihr Drecksblatt ein, es gibt im deutschen Blätterwald noch immer zu viel Müll.“ Ein weiterer Hinweis in ähnlicher Sache erreicht uns von Wolfgang D.: „Das Anschleimen Ihrer Redakteurin an Migrantengruppen ist inakzeptabel.“

Inakzeptabel finden es auch manche Leser, wenn sie nach gehabtem Kulturgenuss im Kulturteil lesen müssen, dass es ihnen hätte gar nicht gefallen dürfen: „Man kann auch sagen, dass man auf diesen blasierten Beitrag gut hätte verzichten können“, schreibt Wolfgang S., immerhin ein Doktor, über eine Konzertkritik. Viola F. hält in ihrer Kritikerkritik den Text für „nur verletzend ,aufgedunzen und so weiter .weiss nicht ob ihre zeitung es nötig hat berichte mit solch niedrigem niveau zu drucken“. Nur Udo-Frank G., ebenfalls ein Promovierter, weiß, was er an unserem Musikkritiker hat, dem er „intellektuelle Höhepunkte“ attestiert und dass er „als bislang Einziger noch Kunst als das ,Reversbild der Gesellschaft‘“ begreife.

„Schleimerwettbewerb“ und „Eierkraulen“

Mit diesem großen, ernst gemeinten Kompliment wollen wir unsere Betrachtung schließen und allen Leserinnen- und Leserbriefschreibern ein gutes neues . . .

Wie? Was? Herr A.? Sie haben noch was für uns? Also gut, kommen Sie rein: „Im Schleimerwettbewerb“ habe eine Kollegin „gemäß Ihrer Obrigkeitsdemut mal wieder journalistische Diarrhö abgesondert. Jetzt mutet sie den Lesern der StZ auch noch ihren mütterlichen Instinkt und verbales Eierkraulen zu. Es ist wirklich zum kotzen. Wann werden die Leser und Kunden der StZ von solchem Schwachsinn befreit? Herr, erlöse uns vom Übel drittklassiger, angeblich ausgebildeter Journalisten.“

Bleibt uns zu sagen: Amen.

Und natürlich: Stößchen!