In der Sommerpause der beliebtesten deutschen Krimireihe bestimmen die Zuschauer was ausgestrahlt wird: 50 Sendungen aus den vergangenen 20 Jahren stehen zur Auswahl. Der erste Gewinner kommt aus Bayern.

Titelverantwortliche Redakteurin Stuttgarter Nachrichten: Veronika Kanzler (kan)

Stuttgart - Die langlebigste Kult-Krimireihe des deutschen Fernsehens feiert im Corona-Jahr 2020 ihr 50-jähriges Jubiläum. Ohne Konkurrenz durch Privatfernsehsender kam der „Tatort“ auf einen Marktanteil von über siebzig Prozent in den Anfangsjahren – was einer Einschaltquote von mehr 25 Millionen Zuschauer bedeutete. Die Tiefphase in den Achtzigerjahren, es saßen durchschnittlich rund sieben Millionen Menschen vor dem Fernseher, wurde erst nach 2010 überwunden.

 

Mittlerweile liegen die Einschaltquoten bei um die neun Millionen Zuschauern. Wobei das ungleiche Münsteraner-Ermittlerduo Thiel und Boerne unangefochten an der Spitze der Beliebtheitsskala aus dem vergangenen Jahr steht, mit durchschnittlich mehr als zwölf Millionen Zuschauern. Die bisher nur in sechs Folgen erscheinenden Kommissare Tschiller und Gürmer aus Hamburg landen – ebenfalls mit Abstand – auf dem letzten Platz. Gerade mal etwas mehr als fünf Millionen Menschen haben die „Tatort“-Erstausstrahlung verfolgt. Auf dem besten Platz der SWR-Ermittler ist Kommissarin Berlinger aus Freiburg, mit neun Millionen Zuschauern er er bei seinem Debüt auf Platz sechs. Genau in der Mitte befinden sich die Stuttgarter Ermittler Lannert und Bootz.

Legenden wie Bienzle könnten zurückkehren

Zum festen Bestandteil der Krimireihe gehört die Sommerpause. Im Jubiläumsjahr sind dafür gleich elf Wochen angesetzt – mehr als üblich. Denn eigentlich wären mehr Sonntagabende der Fußball-Europameisterschaft vorbehalten gewesen. Deshalb planten die Programmverantwortlichen der ARD mit weniger Sonntagskrimi-Premieren. Schnell Dreharbeiten nachholen ist nicht. Und so hat man sich ein Schmankerl überlegt, um die treue Fangemeinschaft bei Laune zu halten. „Fußball-Groß-Ereignisse und ‚Tatorte‘ gehören im Fernsehen zu den ‚Lagerfeuern‘, vor denen man sich trifft und mitfiebert. Da nun leider die Fußball-EM ausfällt, soll es in diesem Sommer – als kleiner Trost – zumindest beim ‚Tatort‘ um den Sieg gehen. Unterschied: Nicht die Spieler entscheiden, sondern die Fans“, so Jörg Schönenborn, der Fernsehdirektor des Westdeutschen Rundfunks.

Alte Legenden wie Stoever und Brockmöller, Bienzle oder der erste Fall von Charlotte Lindholm alias Maria Furtwängler könnten nun zurückkehren. Das wiederum ist natürlich nicht wirklich neu. Denn in der obligatorischen Sommerpause werden jedes Jahr Wiederholungen gezeigt. Neu ist, dass erstmalig die Zuschauer ihre Lieblings-„Tatort“-Folgen ins Programm wählen können. So ganz den Programmchef spielen lässt man die Fans dann aber doch nicht. Eine Vorauswahl von fünfzig Folgen wurde bereits getroffen. Und, ein kleiner Wermutstropfen für Anhänger der ersten Stunde: Nur Folgen aus den vergangenen zwanzig Jahren hatten eine Chance, in die engere Auswahl zu kommen.

Jede Woche wird von vorn abgestimmt

Pressesprecher Lars Jacob erklärt das wie folgt: „Der ‚Tatort-Voting-Event’ am Sonntagabend sollte kein ‚Tatort’-Museum werden. Es ging darum, auch den jüngeren Zuschauern, bei denen die Reihe unverändert beliebt ist, solche ‚Tatort’-Folgen anzubieten, an deren Erstausstrahlungen sie sich aus eigener Seherfahrung erinnern können“. Und so stehen dem Publikum dreißig Ermittlerteams aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zur Auswahl.

Viele Fans verlangen Kommissar Schimanski

Das Ergebnis der Wahl wird jeweils freitags vor dem Ausstrahlungstermin bekannt gegeben. Den Auftakt an diesem Sonntag macht ein Tatort des BR „Wenn Frauen Austern essen“ aus dem Jahr 2003. Insgesamt werden bis Sonntag, 30. August, elf Filme gezeigt. Für den SWR gehen insgesamt gehen acht Folgen ins Rennen. Der älteste ist von 1999 mit dem Stuttgarter Kommissar Bienzle in „Bienzle und die Wut“. Die anderen beiden aus der Landeshauptstadt spielen mit Lannert und Bootz: „Spiel auf Zeit“ (2013), und „Eine Frage des Gewissens“ (2014). Das Bodenseer-Ermittlerteam Blum und Perlmann kann mit „Rebecca“ (2016) und „Die schöne Mona ist tot“ (2013) gewählt werden. Odenthal und Kopper aus Ludwigshafen könnten mit „Blackout“ (2014) und „Kaltblütig“ zurück kommen. Und aus dem Schwarzwald wurden Berg und Tobler, die erst in fünf Fällen insgesamt vor der Kamera standen, mit „Goldbach“ (2017) vornominiert.

All jene, die sich auf ältere Klassiker, wie beispielsweise Kommissar Schimanski gefreut haben, gehen jedoch nicht leer aus. Ab Freitag, 26. Juni, wird dem Publikumswunsch nach einigen „historischen“ Kult-Krimis nachgegeben. Zusätzlich zu den Wunsch-Folgen werden bei der ARD freitags ab 22.15 Uhr weitere Klassiker aus 50 Jahren „Tatort“ gezeigt.

Im Herbst soll Jubiläumsfolge ausgestrahlt werden

Nach der Sommerpause wird sich der „Tatort“ aller Voraussicht nach mit einer Jubiläums-Doppelfolge unter zurückmelden, daran arbeiten BR und WDR. Der erste Teil von „In der Familie“ wurde bereits Ende 2019 abdreht. Mit dabei sind das Münchner-Gespann Batic und Leitmayer sowie das Dortmunder Trio bestehend aus Faber, Boenisch und Dalay. Die Dreharbeiten für den zweiten Teil der insgesamt 180-minütigen Jubiläumsfolge startete bereits Anfang März. Und ARD-Programmchef Volker Herres ist zuversichtlich, dass diese trotz Corona-Drehpausen fertig werden.

Wo kann ich für meinen Wunsch-„Tatort“ abstimmen?

Die Stimmabgabe erfolgt ausschließlich online über www.DasErste.de/tatort-voting. Die „Tatort“-Folge, die bis Freitagmittag die meisten Stimmen auf sich versammeln konnte, wird dann sonntags jeweils um 20:15 Uhr ausgestrahlt.

Direkt nach der Ausstrahlung beginnt das Voting für den zweiten Wunsch-„Tatort“ am darauffolgenden Sonntag von neuem. Die Abstimmung startet wieder von Null. Die abgegebenen Stimmen aus der Vorwoche werden für den nächsten Wunsch-„Tatort“ also nicht mitgezählt. Der letzte Wunsch-„Tatort“ wird am 30. August 2020 zu sehen sein.

Alle „Tatort“-Sieger werden nach Ausstrahlung im Ersten jeweils für sechs Monate in der ARD Mediathek bereit stehen.