September 1961: Ein Flugzeug stürzt über der sambischen Stadt Ndola ab. An Bord: der frühere UN-Generalsekretär Dag Hammarskjöld. Um seinen Tod ranken sich bis heute Gerüchte. Jetzt kommt Klarheit in die Tragödie.

Johannesburg - Wenn es nach den Autoren eines Dokumentarfilms geht, ist eines der hartnäckigsten Rätsel der Zeitgeschichte gelöst – die Umstände, die vor mehr als 57 Jahren zum Tod des legendären UN-Generalsekretärs Dag Hammarskjöld führten.

 

In ihrem Film, der in der kommenden Woche beim Sundance Festival im US-Staat Utah uraufgeführt wird, kommen der dänische Filmemacher Mads Brügger und der schwedische Privatdetektiv Göran Björkdahl zu dem Resultat, dass der belgische Söldner-Pilot Jan van Risseghem die Maschine des UN-Chefs im nächtlichen Anflug auf den Flughafen im sambischen Ndola am 18. September 1961 abgeschossen hat. Die beiden Skandinavier stützen sich dabei auf die Aussagen eines Freundes des vor elf Jahren verstorbenen Piloten: In Gesprächen will Pierre Coppens von seinem Kollegen erfahren haben, dass dieser die DC6 des schwedischen Diplomaten abgeschossen habe. „Manchmal musst du Dinge tun, die du nicht gerne tust“, soll der in England zum Piloten ausgebildete van Risseghem dabei gesagt haben.

Die Kolonialmächte wollten an die Rohstoffe

Dass die Albertina genannte Chartermaschine nicht etwa verunglückte, sondern vielmehr abgeschossen wurde, hatte sich immer deutlicher abgezeichnet. Kurz nach dem Absturz der viermotorigen Maschine in der damaligen britischen Kolonie Nord-Rhodesien (dem heutigen Sambia), hatten britische Ermittler von einem Pilotenfehler als Unglücksursache gesprochen. Doch inzwischen stellt sich heraus, dass London ein Interesse an der Verschleierung des Vorfalls hatte. Noch immer verweigere die britische Regierung jegliche Kooperation, klagte Tansanias ehemaliger Oberster Richter, Mohamed Othman.

Der Grund: Dag Hammarskjöld hatte sich um eine Lösung des Konflikts um die Abspaltung der Katanga-Provinz von dem eben erst unabhängig gewordenen Kongo bemüht. Doch die Westmächte – allen voran Großbritannien, die USA sowie Belgien – unterstützten den umstrittenen Separatistenführer Moïse Tshombe, von dem sie sich einen ungehinderten Zugang zu den Uran- und Kobalt-Vorkommen der Region versprachen. Hammarskjöld setzte sich dagegen entschieden für die Einheit des Kongos ein.

Augenzeugen sprachen von einem Feuerball

Der damals 56-jährige UN-Chef machte sich am 17. September 1961 mit engen Mitarbeitern in einem geheimen Nachtflug auf den Weg von der kongolesischen Hauptstadt Leopoldville (heute Kinshasa) nach Ndola, um dort mit Tshombe zusammenzutreffen. Zehn Minuten nach Mitternacht tauchte die Albertina über Ndola auf, stürzte jedoch in ein neun Kilometer vom Flughafen entferntes Waldstück. Wie Hammarskjöld starben fast alle Insassen bereits beim Aufprall, ein Leibwächter erlag Tage später seinen Verbrennungen.

Augenzeugen erinnerten sich später an ein zweites Flugzeug sowie einen Feuerball, in den die Albertina bereits vor ihrem Absturz eingehüllt gewesen sei. Bei Recherchen zu ihrem Buch „Who killed Hammarskjöld?“ machte die britische Autorin Susan Williams außerdem den damals in Zypern stationierten US-Geheimdienstler Charles Southall ausfindig, der zum fraglichen Zeitpunkt über Funk die Sätze: „Ich habe es getroffen. Es brennt. Es stürzt ab“, gehört haben will.

Diese Details stimmen mit den Erzählungen van Risseghems überein. Als von Tshombe angeheuerter Söldnerpilot habe er den Auftrag erhalten, die Albertina abzuschießen, ohne zu wissen, wer sich in der Chartermaschine befand. Experten sind sich einig, dass die endgültige Bestätigung für den Abschuss der Albertina in den Archiven der westlichen Geheimdienste zu finden sind. Doch bislang sperrt sich neben London auch Washington beharrlich gegen die Veröffentlichung ihrer als „streng geheim“ klassifizierten Unterlagen.