Eben noch gefeiert, heute schon entlassen; im Herbst sicherer Abstiegskandidat, im Frühling gerettet: Die Bundesliga wird immer schnelllebiger, findet StZ-Autor Ingmar Volkmann in seiner Bundesliga-Kolumne.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Blicken wir zum Einstieg dieser sprunghaften Bundesliga-Kolumne wenige Monate zurück. Wir schreiben Mitte Dezember, der 14. Spieltag ist gespielt, Weihnachten steht vor der Tür – die Älteren werden sich erinnern. Dortmund zieht an der Tabellenspitze einsam seine Kreise, hat neun Punkte Vorsprung auf Bayern München und Fortuna Düsseldorf ist Tabellenletzter. Alle Experten sind sich einig: Der BVB nutzt die Formschwäche der Bayern und wird mit wunderschönem Fußball Meister, während der Aufsteiger aus Düsseldorf mit seinen Toten Hosen direkt wieder in die Zweite Liga zurückkehrt.

 

Wenige Wochen später sieht die Fußballwelt anders aus. In Düsseldorf schießen nun sogar Abwehrspieler wie Kaan Ayhan Freistoßtore wie Lionel Messi. Dass die Mannschaft von Friedhelm Funkel, dem ältesten Trainer der Welt, am Samstag noch 2:5 gegen den VfL Weghorst verliert? Geschenkt! Die Fortuna ist dennoch gerettet, hat sie in den vergangenen Wochen doch mehr Punkte gesammelt als Altbier-Gläser auf die längste Theke der Welt passen.

Glücklich im Herbst, traurig vor dem Frühling: Borussia Dortmund

In Dortmund hat man dagegen die zu den Jahreszeiten passenden Stimmungen durcheinander gebracht. Im eigentlich traurigen Herbst ein zauberhaftes Erblühen, 4:0 in der Gruppenphase der Champions League zuhause gegen Atletico Madrid. Zum kalendarischen Frühlingserwachen dann der böse Absturz, torlos gegen Tottenham ausgeschieden – der passende Hashtag zum Spiel gegen die Spurs lautete übrigens #bvbtot.

Der Vorsprung auf die Bayern in der Bundesliga ist aufgebraucht. Vielleicht leitet der Siegtreffer von Marco Reus am Samstagabend in der Nachspielzeit gegen die Hertha aber ja die nächste Wende in der schnelllebigen Bundesliga ein. Alle Fußball-Romantiker gönnen dem BVB die Meisterschaft in dieser Spielzeit, ehe die Bayern im Sommer für 750 Millionen Euro diverse Weltmeister und sonstige Ersatzspieler von Chelsea kaufen, um in der Spielzeit 2019/2020 dann wieder mit 30 Punkten Vorsprung Meister zu werden.

In der vergangenen Saison Vizemeister, jetzt gefeuert: Domenico Tedesco

Auch Domenico Tedesco kann ein Lied singen von der Schnelllebigkeit der Bundesliga. In der vergangenen Spielzeit noch gefeierter Vizemeister, wurde Tedesco vor dem Spieltag entlassen, weil Schalke in dieser Spielzeit um die Relegation statt um die Qualifikation für Europa spielt. Tedescos Nachfolger auf Schalke ist Huub Stevens. Die Niederlage gegen Leipzig zeigt: Alte Besen kehren nicht immer sofort so gut, dass die Mannschaft keinen Dreck mehr spielt.

Ein schönes Beispiel für die Schnelllebigkeit im Fußball ist auch beim VfB Stuttgart zu bewundern. Sportvorstand Michael Reschke wird vor wenigen Wochen vom Hof gejagt, weil seine Transferpolitik nicht mit seinem Selbstbewusstsein korrespondiert. Und dann kauft die rheinische Antwort auf Baron Münchhausen zum Abschied auch noch einen 18-Jährigen Verteidiger! Für elf Millionen Euro!

Dieser 18-Jährige heißt Ozan Kabak, wird kommende Woche bereits 19, was schon wieder ein Beleg für diese schnelllebigen Zeiten ist, und wird mittlerweile als das gesehen, was er ist: eine absolute Granate. Der Bulle von Tölz war gestern, der VfB hat im Abstiegskampf den Bullen vom Bosporus auf seiner Seite. Kabaks Vater ist Gefängnisdirektor, was zum Schluss die wirklich wichtigen Fragen aufwirft: Fällt der Hausarrest bei dem Beruf des Papas eigentlich härter aus? Und: was zeigt man dem Senior, wenn der den Filius in Stuttgart besucht? Die Antwort: Schwäbische Gardinen – die schönsten Knäste der Region, vom Hohenasperg bis Stammheim.