Der Trainerwechsel hat beim VfB Wirkung gezeigt. Beim 1:0 in Augsburg ist die Handschrift von Tayfun Korkut deutlich zu erkennen. Der 43-Jährige will die Taktik möglichst einfach halten.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Trotz sieben Punkten in den ersten drei Spielen bremst Tayfun Korkut die aufkommende Euphorie. „Der Erfolg stützt mich natürlich in meinen Entscheidungen“, sagt der VfB-Cheftrainer, der mit dem 1:0-Sieg von Augsburg den Auswärtsfluch des Aufsteigers verscheuchen konnte – und zusätzlich die Fans des VfB erstmals in dieser Saison über zwei Siege hintereinander jubeln ließ.

 

„Wir müssen die Dinge möglichst einfach halten in einem festen System, in dem wir aber auch flexibel reagieren können“, sagt Korkut, der in seiner kurzen Amtszeit bereits an diversen Stellschrauben gedreht hat. „Der Trainer hat klare Vorstellungen davon, wie er spielen lassen will. Und seine taktischen Maßnahmen haben schnell und gut gegriffen“, lobt der VfB-Manager Michael Reschke den 43-jährigen Korkut.

Dessen Handschrift ist beim Gastspiel in Bayerisch-Schwaben tatsächlich gut zu erkennen gewesen. So lässt Tayfun Korkut im 4-4-2-System mit den beiden Stoßstürmern Daniel Ginczek und Mario Gomez offensiver spielen als sein Vorgänger Hannes Wolf. Ohne die Vorzüge des Gegners komplett außen acht zu lassen, setzt Korkut zudem mehr auf die eigenen Stärke, was dem VfB auch auswärts einen dominanteren Auftritt beschert.

Während in Aufstellungsfragen Konstanz Trumpf ist und Korkut in seine Überlegungen sämtliche Routiniers einbindet, während es einige Youngster schwerer haben als unter Wolf, fordert der Chefcoach einen intakten Teamgeist. „Dass sich jeder Spieler in den Dienst der Mannschaft stellt, steht über allem“, sagt Korkut: „Und in dieser Hinsicht empfangen wir sehr viele positive Signale.“

Teamgeist und Hierarchie

Mario Gomez, Christian Gentner, Holger Badstuber und Ron-Robert Zieler – dies ist das Quartett, das beim VfB auf dem Platz, in der Kabine und auch in Sachen Außendarstellung aktuell den Ton vorgibt. „Spielerisch gibt es in der Bundesliga sicher einige Teams, die besser sind als wir“, sagt Mario Gomez: „Daher ist es unser größter Trumpf, wenn wir weiter alle an einem Strang ziehen.“ Das Ziel: Im Windschatten der vier sollen sich die jungen Leistungsträger im Team wie Benjamin Pavard, Timo Baumgartl oder Santiago Ascacibar ohne den großen Druck freier entfalten können.

„Es spielt grundsätzlich keine Rolle, ob ein Fußballer jung oder alt ist. Doch einige Spieler sind aufgrund ihrer persönlichen Historie in der aktuellen Situation im Vorteil“, sagt Korkut, der in Dennis Aogo, Emiliano Insua, Andreas Beck und Daniel Ginczek auch auf alle restlichen Akteure im Kader setzt, die man allein aufgrund ihres Alters als gestandene Profis bezeichnen darf. Ü 25 ist Trumpf beim VfB. Dass sich auch die Erfahrenen wie Holger Badstuber, der, ohne zu murren, erstmals seit seinen Regionalligatagen beim FC Bayern vor zehn Jahren auf der Sechs spielte, in den Dienst des Kollektivs stellen, stärkt die Position Korkuts. Der setzt auf weiche Hierarchien und Gemeinschaftssinn: „Dieser neue Geist, der sich entwickelt hat, den müssen wir uns bewahren.“

Die Taktik

Das 4-4-2-System gilt unter Tayfun Korkut als die feste Grundordnung, aus der heraus sich einiges flexibel gestalten lässt. So rückte in Augsburg etwa Holger Badstuber in der Endphase von der Sechs ins Abwehrzentrum an die Seite von Benjamin Pavard und Timo Baumgartl, wo man erfolgreich die 1:0-Führung verteidigte.

Doch Korkuts taktische Kniffe haben auch andernorts Wirkung gezeigt: So spielte der Kapitän Christian Gentner in Augsburg im rechten Mittelfeld – und verdiente sich hier in den Augen von Manager Reschke eine „Eins mit Sternchen“. Lob gab es für den 32-Jährigen auch von Korkut: „Christian ist für uns eine Art Joker für den Fall, dass wir während des Spiels mal was ändern müssen“, sagt der Trainer, der seinen Spielführer etwa beim Spiel in Wolfsburg auch schon als hängende Spitze aufbot.

Viel Engagement bekommt der Trainer auch von seinen Spitzen Gomez und Ginczek. „Die beiden arbeiten sehr viel nach hinten“, sagt Korkut, der bisher sämtliche drei Tore vom Sturmduo serviert bekam. „Unser Plan in Augsburg ging gut auf. Sehr gut hätte ich gesagt, wenn wir noch vor dem gegnerischen Tor effektiver gewesen wären“, sagt Korkut angesichts von vier ungenutzten Großchancen. Dass wieder mehr nach vorne geht, liegt auch an dem Neuzugang Erik Thommy. Der ist nicht nur als Experte für Standards inzwischen eine feste Größe. Als Abwehrchef verkörpert zudem Benjamin Pavard hinter dem kampfstarken Kraftwürfel Ascacibar schon seit einiger Zeit den Innenverteidiger moderner Prägung. 80 Prozent gewonnene Zweikämpfe des Franzosen sprechen eine deutliche Sprache.

Die Startelf

Als sich die in Augsburg eingesetzten Spieler am Montagmorgen in einer lockeren Einheit die Muskeln ausschüttelten, fand zeitgleich wie üblich das Trainingsspiel der Reservisten statt. Zu finden waren hier auch Chadrac Akolo, der mit vier Saisontoren gemeinsam mit Ginczek immer noch bester VfB-Saisontorschütze ist, sowie Marcin Kaminski. Beides ehemalige Stammkräfte also, die bislang unter Tayfun Korkut weniger gefragt sind.

„Es gibt keine Gewinner und Verlierer und geht nicht um einzelne Personen, denn wir werden alle Spieler benötigen, um das große Ziel zu erreichen“, sagt der Trainer Korkut zwar. Doch bei einem Blick auf die Akteure, die sich da beim Trainingsspiel in der zweiten Reihe duellieren, fällt auf, dass es abgesehen von Akolo und Kaminski vor allem die jungen Spieler sind, die aktuell nicht berücksichtigt werden. Denn sowohl Berkay Özcan, Dzenis Burnic, Jacob Bruun Larsen wie auch Orel Mangala sind allesamt 20 Jahre oder jünger – und sollten unter Hannes Wolf einmal für einen neuen Jugendstil des Aufsteigers VfB Stuttgart stehen.

Zwei Sonderfälle gibt es im Kreis der Reservisten: Da ist zum einen Anastasios Donis, der auch am Montagmorgen beim Spielchen fünf gegen fünf auf zwei Tore mit seiner Technik, seiner Wucht und Schusskraft deutlich machte, wie viel Talent in ihm steckt. Korkut setzte Donis bei seiner Premiere in Wolfsburg auf dem rechten Flügel ein – wechselte ihn aber nach einer eigensinnigen Halbzeit aus. Seither ist der Grieche außen vor. Zudem gibt es noch Takuma Asano, der wieder nicht im Kader stand. Ein Wechsel ist also eine Option.

VfB Stuttgart - Bundesliga

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