Michael Reschke weilt bei der WM in Russland und hat eine Erklärung für die Schwierigkeiten der Topteams. Der Sportchef des VfB Stuttgart glaubt an das deutsche Team – und an die Fähigkeiten der VfB-Spieler.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Stuttgart/Moskau - Der VfB Stuttgart ist bei der WM mit zwei Spielern vertreten. Doch nicht nur Mario Gomez und Benjamin Pavard weilen in Russland, sondern auch der Sportvorstand Michael Reschke. Der hat die weiteren deutschen Gruppengegner schon live gesehen und sagt: „Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass das Team die nächsten beiden Spiele gewinnen wird.

 
Herr Reschke, Sie haben einige der bisherigen WM-Spiele live beobachtet, unter anderem das deutliche 3:0 von Kroatien gegen Argentinien. Waren Sie überrascht?
Ich hatte schon vor dem Turnier immer wieder betont, das die Kroaten eine hohe individuelle Qualität haben – und das Spiel gegen Argentinien hat gezeigt: Sie funktionieren auch als Mannschaft. Da stellt jeder sein Ego hintenan, das war schon klasse.
Haben die Kroaten das Zeug, in diesem Turnier richtig weit zu kommen?
Das Achtelfinale haben sie ja bereits erreicht. Aber in den K.o.-Runden wird die Qualität der Mannschaften irgendwann so hoch, dass Kleinigkeiten entscheiden. Da spielen viele Faktoren eine Rolle, deshalb ist es schwierig, eine Prognose abzugeben. Aber klar ist: Die Kroaten sind stark und haben einen Plan.
VfB-Neuzugang Borna Sosa hätte beinahe zum kroatischen WM-Kader gehört, er wurde aus dem vorläufigen Aufgebot noch gestrichen. Wie nah ist er denn dran an denen, die da jetzt für Furore sorgen?
Er ist erst auf den letzten Drücker aus dem Team gerutscht, das zeigt, wie nah er dran ist. Ich denke, dass er nach der Weltmeisterschaft schnell wieder zur Mannschaft stoßen wird.

Vom deutschen Weiterkommen überzeugt

Im Gegensatz zu den Kroaten hat die deutsche Mannschaft noch nicht überzeugen können . . .
. . . dennoch bin ich felsenfest davon überzeugt, dass das Team die nächsten beiden Spiele gewinnen und ins Achtelfinale einziehen wird.
Warum?
Ich habe das Spiel der Schwede gegen Südkorea an der Seite von DFB-Chefscout Urs Siegenthaler live gesehen. Ich habe überhaupt keine Zweifel, dass die deutsche Mannschaft gegen beide Gegner gewinnen wird. Und was man in der Diskussion um das erste Spiel ja auch nicht vergessen darf: Die Mexikaner waren richtig gut. Die haben auch hohe individuelle Qualität im Team – und sie haben um ihr Leben gekämpft.
Was man vom deutschen Team nicht behaupten konnte.
Vielleicht haben die Mexikaner tatsächlich die paar Prozentpunkte mehr eingebracht, die am Ende den Unterschied gemacht haben, ja. Und so richtig im Rhythmus war das Team auch nicht, das war ja offenkundig. Ich bin aber sicher, dass Joachim Löw und sein Team die richtigen Schlüsse daraus gezogen haben. Die Mannschaft wird einen guten Plan für die kommenden beiden Spiele haben. Das ist kein Zweckoptimismus, davon bin ich fest überzeugt.
Die Stimmung schien nach der Niederlage gegen Mexiko nicht die Beste zu sein innerhalb des Teams.
Manchmal braucht es aber auch genau solch einen Durchrüttler. Vielleicht hat der eine oder andere nach den hart erarbeiteten Erfolgen der vergangenen Jahre ja gedacht, die Gruppenphase übersteht man quasi nebenbei und das Turnier beginnt erst mit den K.o.-Spielen.

Die Offensive als Herausforderung

Nun hat das zweite Gruppenspiel bereits finalen Charakter.
Ja, jetzt hat man schon jetzt ein K.o.-Spiel. Aber in solchen Partien war das deutsche Team zuletzt ja immer sehr stark.
Stimmt es innerhalb des Teams?
In einer solchen Mannschaft mit so vielen unterschiedlichen Charakteren ist immer Reibung da. Denn natürlich haben ja auch sehr viele dieser Spieler den Anspruch zu spielen – und sind ein Stück weit enttäuscht, wenn es anders kommt. So ist das im Mannschaftssport eben. Ich gehe aber davon aus, dass diese Konstellation ab sofort wieder dafür sorgt, dass die Spieler die entscheidenden Prozentpunkte zulegen werden.
Was muss der Plan gegen Schweden sein?
Es geht vor allem darum, in der Offensive Lösungen zu finden – was im Übrigen für die gesamte bisherige WM gilt. An den meist sehr knappen und torarmen Ergebnissen ist ja abzulesen, dass mittlerweile jede Mannschaft über eine gewisse defensive Stabilität verfügt. Also ist es die Herausforderung, dagegen Mittel zu finden. Die Argentinier zum Beispiel hatten keine Lösung gegen Kroatien – anders als die Mexikaner gegen das deutsche Team.
Ist Marco Reus der Schlüssel?
Ich will nicht über die Aufstellung spekulieren. Aber natürlich kann Marco Reus – genauso wie Mario Gomez – nun der Schlüssel sein für einen Erfolg. Wucht und Kopfballstärke im Angriffszentrum spielt eben schon eine Rolle, Mario Gomez kann dies perfekt einbringen. Deshalb bin ich sicher, dass er in den Überlegungen von Joachim Löw auf jeden Fall eine Rolle spielt.
Er hat immer betont, auch mit Kurzeinsätzen zufrieden zu sein. Trauen Sie ihm dennoch zu, eine entscheidende Rolle während dieser WM zu spielen?
Absolut. Er kann als Joker spielentscheidend sein, aber auch von Beginn an.

Lob für Benjamin Pavard

Der zweite VfB-Spieler bei der WM ist Benjamin Pavard. Wie hat er Ihnen bislang gefallen?
Ich habe die Spieler der Franzosen nicht live im Stadion, aber im Fernsehen gesehen. Er hat es gut gemacht bisher – und dass er in seinem Alter nun Stammspieler in der französischen Nationalmannschaft ist, ist ein weiterer Beleg seiner Klasse. Für mich ist klar: Er wird in den kommenden Jahren zu den internationalen Topspielern in der Defensive gehören. Er ist einfach gut.
Während in Russland die WM läuft, gibt es auch beim VfB interessante Themen: Der mögliche Abgang von Daniel Ginczek zum VfL Wolfsburg oder das Interesse an Gonzalo Castro von Borussia Dortmund . . .
. . . und auch in diesen Fällen gilt, dass ich mich an Spekulationen nicht beteiligen werde.