Das Debüt von Markus Weinzierl auf der Trainerbank des VfB Stuttgart wurde von den alten Fehlern überschattet. Der Coach hat viel Arbeit vor sich.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Immerhin die ersten drei Minuten im Stuttgarter Trainerleben des Markus Weinzierl, sie waren nach 15 Monaten abseits des Bundesligabetriebs „mit schönen Gefühlen“ verbunden: „Danach wurde es immer unschöner.“ Denn zunächst ließ sich Weinzierls Viererkette rechts überlaufen, was die Dortmunder Kanoniere, die es nach acht Spieltagen nun auf den clubinternen Rekordwert von 27 erzielten Treffern bringen, zum 1:0 durch ihren Jungstar Jaden Sancho nutzten (3.).

 

Dann hielt der VfB-Abwehrverbund links gegen Lukasz Piszczek nicht dicht, was zum 2:0 durch Marco Reus führte (23.). Als dann zwei Minuten später noch „unser bester Spieler“ (Weinzierl), „die Zuverlässigkeit in Person“ (Manager Michael Reschke), nämlich der Weltmeister Benjamin Pavard dem BVB per schlampigem Querpass quasi das 3:0 durch Paco Álcacer auflegte (25.), da konnte der Tabellenführer aus Dortmund getrost einen Gang runterschalten.

„Schlimmer kann ein Spiel kaum beginnen. Wir haben uns naiv angestellt“, resümierte Weinzierl, der dem fehlerhaften Treiben seiner Elf vor seiner Trainerbank tatenlos zusehen musste. Michael Reschke sah sich angesichts der Fehlerkette bereits genötigt, an die Moral der Truppe zu appellieren: „Natürlich haben wir eine Situation, die belastend ist. Aber wir müssen alle Kräfte bündeln, die positiven Aspekte sehen und an die Mannschaft glauben.“

Trotz Pleite einen Platz nach oben geklettert

0:4 bei der Premiere verloren. Herzlich Willkommen beim VfB! Das könnte man mit Blick auf den völlig verkorksten Einstand von Markus Weinzierl noch zynisch anfügen. Ein erfolgreicher Neuanfang nach einem Trainerwechsel, er sieht jedenfalls komplett anders aus. Allerdings darf in diesem Fall nicht unerwähnt bleiben, dass die BVB-Equipe des Trainers Lucien Favre derzeit nicht zu Unrecht auf dem ersten Tabellenplatz rangiert. Der VfB hat derweil trotz dieses 0:4-Glattstrichs sogar einen Tabellenplatz gutgemacht, ist jetzt Vorletzter. Dieses Kuriosum wurde dadurch möglich, dass Fortuna Düsseldorf gegen Eintracht Frankfurt sogar mit 1:7 unterging.

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An der heiklen Gesamtlage des VfB ändert dies freilich nichts. Fünf Punkte nach acht Spieltagen, dazu im fünften Saisonspiel ohne eigenen Treffer geblieben, das ist eine erschreckende Zwischenbilanz, die klarmacht: Markus Weinzierl steht vor dem Gastspiel am nächsten Samstag (18.30 Uhr) bei der TSG Hoffenheim vor einem Berg von Arbeit. Verliert man in Sinsheim erneut, könnte der Abstand auf das hintere Mittelfeld schon derart anwachsen, dass der VfB sich mindestens bis Weihnachten mit dem Thema akute Abstiegsgefahr befassen muss.

„In der ersten Hälfte war das nach hinten einfach desaströs. Wir sind nur mitgelaufen“, sagte der Stürmer Mario Gomez zum mangelhaften Defensivverhalten gegen Dortmund. Dessen Aufarbeitung dürfte der Trainer Weinzierl wohl zunächst seine höchste Aufmerksamkeit schenken.

Zu viele individuelle Fehler

Immerhin sah der Plan des Niederbayern vor, gegen den BVB zunächst hinten die Null zu halten, um anschließend auch eigene Chancen herauszuspielen. „Dieser Plan ist allerdings durch die vielen individuellen Fehler gleich mal über den Haufen geworfen worden“, sagte Weinzierl. Tatsächlich sind die Stuttgarter im Rückwärtsgang von ihrer Stabilität der Vorsaison, wo man als zweitbestes Team der Liga lediglich 36 Gegentreffer hinnehmen musste, meilenweit entfernt. 17 Tore hat der VfB bereits kassiert, wozu von A wie Santiago Ascacibar und B wie Holger Badstuber bis zu Z wie Ron-Robert Zieler jeder Defensivspieler seinen persönlichen Beitrag geleistet hat.

„Meine Mannschaft definiert sich nicht in erster Linie über eine brutale Robustheit und außerordentliche Zweikampfstärke, sondern ist eher ein spielstarkes Team“, sagt Weinzierl, dem die Statistik recht gibt: Auch gegen Dortmund hat kein VfB-Spieler Gelb gesehen; in der Rubrik „Fouls am Gegner“ liegen die Stuttgarter derweil lediglich auf Platz 15. Ein Schuss mehr Aggressivität dürfte es also schon sein.

Als Holger Badstuber nach der Pause hineinkam und der VfB auf eine Dreierkette umstellte, lief es besser. „Holger hat ein gutes Spiel gemacht und der Mannschaft Stabilität verliehen“, sagte Weinzierl, was man durchaus als Fingerzeig werten darf, dass es die Stuttgarter in Sinsheim in derselben Konstellation probieren dürften.

Trotz allem mutig gegen die TSG Hoffenheim

Doch auch in der Offensive muss der VfB kräftig zulegen. „Er ist ein großer Faktor“, sagt Weinzierl über den weiter an der Achillessehne verletzten Daniel Didavi, der in seinen Angriffsplanungen eine große Rolle spielt. Für das Hoffenheim-Spiel ist ein Einsatz des Zehners zwar nicht komplett ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich. Weil mit Anastasios Donis eine weitere Alternative ausfällt, dürfte sich am Personal für den Angriff wenig ändern. Dafür macht Mario Gomez sich und den Kollegen Mut: „In der Bundesliga kannst du jedes Spiel gewinnen. Das wollen wir am Samstag gegen Hoffenheim auch tun.“