Nach dem Bayern-Triumph in der Königsklasse bei Real Madrid bot sich dem VfB in München eine große Siegchance. Diese konnte die Elf aber nicht nutzen.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

München - Der erste Steilpass der Partie war noch gar nicht gespielt, da hatte das Münchner „Mia san mia“-Gefühl bereits seinen Gipfel erreicht: Ein gewisser Bazi feierte mit einem Plakat im Oberrang der Arena „La bestia negra“ (die schwarze Bestie), einem Pseudonym, unter dem man den FC Bayern im Kreise der Königlichen aus Madrid schon länger fürchtet. Die Goaßlschnalzer aus dem Voralpenland ließen auf dem Feld laut die Peitschen knallen – und die Blasmusik spielte zünftig dazu.

 

In dem mit 69 000 Fans randvollen Stadion waren nach dem Champions-League-Thriller bei Real auch die meisten der Schlachtenbummler noch äußerst siegestrunken („Finale, oho!“). Es hat also für den VfB schon ungünstigere Stunden gegeben als diese krachlederne After-Show-Party bei 28 Grad, um sich in der guten Stube des Rekordmeisters die drei Punkte abzuholen.

Letztlich hat der Außenseiter aber in München wieder verloren, diesmal nach Toren von Mario Gomez (32.) und Thomas Müller (90.) mit 0:2. Es war die 30. Bundesliga-Niederlage in München, nichts Außergewöhnliches also – und dennoch hat sie den VfB-Manager Fredi Bobic mächtig „geärgert und gewurmt“. Das war zum einen so, weil die Bayern, denen mit den Endspielen im deutschen Pokal und in der europäischen Königsklasse noch zwei richtige Knaller ins Haus stehen, ohne Ribéry, Robben, Kroos, Schweinsteiger, Boateng, Lahm, Alaba und Neuer nach der Fiesta von Madrid zunächst eine B-Riege auf den Rasen schickten. Zum anderen hätte man die Stuttgarter auch in der Höhle des bayerischen Löwen mit einem breiteren Kreuz erwartet. Immerhin hatte der Verein für Bewegungsspiele in den vorausgegangenen zehn Bundesligaspielen nicht verloren.

Großchancen für den VfB zu Beginn

In ihrem Bestreben, den fünften Platz zu wahren, der zum direkten Einzug in die Gruppenphase der Europa League (der erste Spieltag ist am 20. September) berechtigt, wollte sich die Elf des Trainers Bruno Labbadia im ersten Durchgang auch nicht mit der Rolle des Partyehrengastes abfinden: So köpfte Georg Niedermeier an die Latte (5.), ehe Shinji Okazaki den Querbalken traf und Christian Gentner über das Tor köpfte (36.); dann legte sich Vedad Ibisevic das Spielgerät bei einem Sololauf auf das von Hansjörg Butt letztmalig gehütete Bayern-Tor zu weit vor (38.).

Zu diesem Zeitpunkt stand es aber bereits 0:1 durch das Tor von Gomez, in dessen Entstehung sich Maza mit einem verunglückten Kopfball einen haarsträubenden Fehler geleistete hatte. Weil die schwarze Bestie so fürs Erste satt war, verfiel diese seltsam emotionslose Partie nun in einen Schlummerzustand. Als die Münchner in der Nachspielzeit mit dem 2:0 durch Müller ihre Getreuen aber rechtzeitig vor dem Heimweg weckten, war der VfB endgültig im Siegestaumel versunken. „Die Bayern sind ruhig, abgezockt – das müssen wir noch lernen“, sagte Labbadia, dessen Elf Platz fünf an die mit 1:0 über Hannover siegreichen Leverkusener abgeben musste.

Allerdings ist dem VfB durch die Niederlage der Niedersachsen nun Platz sechs gewiss, was dem Club eine größere Planungssicherheit bringt. Schließlich hätte Rang sieben in der Bundesliga-Abschlusstabelle eine ähnlich komplizierte Vorbereitung wie jene von vor zwei Jahren unter dem Trainer Christian Gross mit sich gebracht, als der Verein in arge Abstiegsnot geriet.

Das Sommer-Trainingslager kann geplant werden

Nun aber müssen die Stuttgarter schlimmstenfalls als Sechster in der letzten K.-o.-Runde vor den Gruppenspielen der Europa League, den sogenannten Play-off-Partien am 23. und 30. August, ran. „Eine geordnete Vorbereitung ist also in jedem Fall möglich, dass ist beruhigend“, sagte Labbadia, dessen Team Anfang August in ein neuntägiges Trainingslager gehen wird. Wo, das ist noch nicht entschieden.

Um aber die englische Woche mit DFB-Pokal (18./19. August), Play-off-Hinspiel in der Europa League (23. August) und Bundesligastart (25./26. August) zu vermeiden, müsste der VfB Fünfter werden. Dazu ist ohne den gelbgesperrten Georg Niedermeier, der durch Matthieu Delpierre ersetzt wird, am letzten Spieltag ein Heimsieg über Wolfsburg nötig, während zudem Leverkusen in Nürnberg Federn lassen müsste. „Leider“, klagte Fredi Bobic nach dem Münchner Frühlingsfußballfest, „haben wir es nicht mehr in der eigenen Hand.“