Shazim Shah aus Pakistan ist 2015 mit leeren Händen angekommen, jetzt macht er in Weinstadt eine Lehre im Metallbau.

Weinstadt - Fließend und nahezu akzentfrei spricht Shazim Shah Deutsch. Wer sich mit ihm unterhält, würde nie auf die Idee kommen, dass der 23-jährige Pakistaner erst seit knapp drei Jahren in Deutschland ist. Und doch ist es so. Mit einer der großen Flüchtlingswellen kam er 2015 am Münchener Hauptbahnhof an. In der Erstunterkunft auf dem Schönbühl wurde er damals Ende November mit rund hundert weiteren jungen Männern untergebracht. Der Kaisersbacher Unternehmer Thomas Barth vermietete dazu Gebäude des ehemaligen Jugendheims auf der Anhöhe bei Weinstadt-Beutelsbach an den Rems-Murr-Kreis.

 

Der Chef ist hochzufrieden

Hatte er damals bereits erste Sprachkenntnisse? „Kein Wort Deutsch konnte ich“, antwortet Shah. Inzwischen hat er nicht nur Sprachtests auf dem B2-Niveau erfolgreich absolviert, sondern auch eine Ausbildung als Konstruktionstechniker bei der Firma Bößenecker in Weinstadt begonnen. Mittlerweile ist er im zweiten Lehrjahr. Sein Chef ist hochzufrieden mit ihm. „Er ist sehr motiviert und interessiert“, berichtet Hans-Peter Fried, der Geschäftsführer und Inhaber des Metallbauunternehmens. Sprachlich sei es von Anfang an ebenfalls gut gelaufen, und die Fachbegriffe habe Shazim Shah auch schnell drauf gehabt. Die Ausbildungsziele werde er wohl recht gut erreichen, meint Fried. „Im Vergleich zu anderen Lehrlingen ist er besser.“

Zudem sei der junge Mann im Miteinander sehr zuvorkommend und umgänglich. „Von seinen Kollegen ist er voll akzeptiert.“ Nur in einem müsse er sich noch etwas bessern: „Manchmal verschläft er morgens“, sagt Fried mit einem Lachen. Aber auch hierbei mache Shazim Shah Fortschritte. Und würde er Shah nach seiner Ausbildung weiterbeschäftigen? „Auf jeden Fall“, antwortet Fried im Brustton der Überzeugung. In der Berufsschule wird Shazim Shah offensichtlich ebenso geschätzt. Seine Mitschüler haben ihn im vergangenen Schuljahr zu ihrem Klassensprecher gewählt.

Ihren Helfer nennen sie „Papa Rainer“

Ohne „Papa Rainer“ hätte er all das nicht geschafft, meint Shazim Shah. Dieser sei vom ersten Tag an, als er und die anderen Jungs auf dem Schönbühl angekommen seien, da gewesen und habe immer nach ihnen geschaut. Papa Rainer, das ist Rainer Gentgen, einer der Weinstädter Flüchtlingshelfer. Weil er sich wie ein Vater um sie gekümmert habe, hätten sie ihm den Spitznamen gegeben, erzählt Shah. Papa Rainer half ihnen, sich im deutschen Behördendschungel zurechtzufinden und die Schreiben zu verstehen. Er holte sie ab, um sie runter in die Stadt zum Einkaufen zu bringen oder zum Café der Kulturen, das der örtliche Freundeskreis Asyl auch heute noch regelmäßig organisiert. „Oftmals bin ich dabei bis zu fünf Mal hintereinander hochgefahren“, sagt Gentgen. Denn vor allem das Café der Kulturen war ein wichtiger Treffpunkt für die Flüchtlinge in Weinstadt. Durch die Kontakte, die auf diese Weise mit Ortsansässigen entstanden, fand Shah einen Praktikumsplatz bei Bößenecker und so später auch seine Lehrstelle.

Wenn Gentgen an diese Anfangszeit zurückdenkt, ist der sonst nicht rührselige 71-Jährige den Tränen nahe. „So viel Dankbarkeit habe ich mein ganzes Leben noch nicht erlebt“, sagt er. Einmal etwa, es sei der 30. Dezember 2015 gewesen, hätten ihn die Jungs angerufen und ihn gebeten, zu ihnen auf den Schönbühl hoch zu kommen. „Sie hatten für mich als einzigen Gast gekocht und mich alle bedient.“

Praktisches Lernen hilft

Der Kontakt zu Rainer Gentgen sei für ihn ein großer Vorteil gewesen, um die deutsche Sprache schnell zu lernen, sagt Shah. Zwar besuchte er mehrere Integrations- und Sprachkurse – sogar parallel zu Praktikum und Ausbildung –, aber Gentgen sorgte für praktisches Lernen, nahm den jungen Pakistaner mit in seinen Bekanntenkreis, zeigte ihm die deutsche Kultur.

„Jetzt habe ich es so weit gebracht, dass ich anderen helfen kann“, sagt Shah. So übersetze er nun seinerseits für andere Flüchtlinge und begleite sie bei Behördengängen oder zu Ärzten. Vorrang habe indes seine Ausbildung. Zudem spare er, um den Führerschein machen zu können. Der wäre für ihn auch beruflich wichtig, da es künftig oft auf Montage gehen wird.