Die Ausschreitungen rund um das Derby VfB Stuttgart gegen den Karlsruher SC rufen die Politik auf den Plan. Ein Gipfel Anfang Juli mit allen beteiligten Gruppen soll Krawalle in und außerhalb der Stadien künftig eindämmen. Die Opposition im Landtag ist noch nicht zufrieden.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Derbys zwischen dem VfB Stuttgart und dem Karlsruher SC dürfte es so schnell nicht wieder geben – wenn die eine Mannschaft auf- und die andere absteigt. Zumindest für die Sicherheitskräfte ist das eine gute Nachricht, denn das schwäbisch-badische Aufeinandertreffen am 9. April hat ihnen wieder viel Arbeit beschert. Erst nach der Drohung des Schiedsrichters mit einem Spielabbruch verzichteten krawallbereite Karlsruher Fans auf das Abbrennen von Feuerwerkskörpern im Stadion. Dafür gab es noch massive Beschädigungen in Zügen und auf Bahnhöfen.

 

Bisher sind 23 Strafanzeigen gestellt worden – anderem wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz, Beleidigung, Sachbeschädigung und Körperverletzungen. Die Ermittlungen zur Identifizierung von Tatverdächtigen laufen derzeit noch.

SPD kritisiert: „Sind so schlau wie vorher“

Schon in der Vergangenheit hat das Derby die Polizei in Atem gehalten, ohne dass es große Folgen gehabt hätte – jetzt verliert die Politik ihre Geduld. Der Landtagsinnenausschuss vereinbarte am Mittwoch in einer nichtöffentlichen Sitzung einen Fußball-Sicherheitsgipfel vor den Sommerferien. An einem noch nicht genannten Termin Anfang Juli sollen alle wichtigen Akteure zusammenkommen: der Deutsche Fußball-Bund (DFB), baden-württembergische Vereine der ersten und zweiten Liga plus weitere betroffene Clubs. „Wir arbeiten gründlich auf, wo die Probleme sind“, versprach Innenminister Thomas Strobl (CDU). Ziel sei ein gemeinsames Handlungskonzept. Von schärferen Sanktionen gegenüber den Vereinen ist nicht die Rede.

Die Opposition ist dennoch unzufrieden. „Wir sind so schlau wie vorher“, kritisierte SPD-Fraktionsvize Sascha Binder gegenüber dieser Zeitung. „Der Bericht des Innenministers hat nicht unbedingt Licht ins Dunkel gebracht.“ Strobl habe „keine Antwort darauf gegeben, wie es am 9. April dazu kam, dass eine solche Anzahl an Feuerwerkskörpern ins Stadion reingekommen ist“. Dabei habe der Innenausschuss am Einzelfall durchdeklinieren wollen, an welcher Schnittstelle der Verantwortlichkeiten von Vereinen und Polizei es zu Versäumnissen gekommen sei. „Nur daran kann ich bewerten, was an weiteren Maßnahmen zu ergreifen ist“, sagte Binder. Auch sei ihm die Strategie des Ministers für den Gipfel nicht klar. „Nur darüber zu reden, hilft natürlich wenig weiter.“ Daher solle sich der Innenausschuss vor der Sommerpause erneut damit befassen. Der Ausschuss habe auch eine Fürsorgepflicht gegenüber den Polizeibeamten des Landes, die bei Spiel VfB-KSC mit 1100 Männern und Frauen Überstunden geschoben hätten.

FDP sieht die Vereine in der Pflicht

Auch FDP-Fraktionsvize Ulrich Goll hätte gerne mehr darüber erfahren, „wie es möglich war, dass so viel Pyrotechnik in den Karlsruher Fanblock geschleppt wird“. Da rätsle selbst die Polizei. „Wenn Nachlässigkeiten vorgekommen sind, ziehen wir ja die falschen Schlüsse, wenn wir sagen: Alles ist nach den Regeln der Kunst gelaufen“, so Goll. „Das glaube ich nämlich nicht.“ Man müsse fragen, ob die Kontrollen wirklich so lückenlos seien bei Hochrisikospielen. Er betonte, dass die FDP-Fraktion nichts von einer stärkeren Beteiligung der Vereine an den Kosten für die Polizeieinsätze hält. „Dies ist einer der Vorschläge, die griffig erscheinen und in der Durchführung scheitern – nicht nur wegen verfassungsrechtlicher Bedenken.“ Es bestünden allerdings Zweifel, ob die Vereine hilfreich dabei seien, die Übeltäter zu identifizieren. „Die wollen es sich mit ihren Fanclubs nicht verscherzen“, sagte Goll. „Aber bei der Identifikation erwarten wir, dass sie uns unterstützen.“

Grüne fordert einen offenen Dialog beim Gipfel

Die polizeipolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Petra Häffner, mag sich bei der Forderung nach einem finanziellen Beitrag der Clubs nicht festlegen. Ziel müsse es vielmehr sein, zu schauen, an welchen Stellen die Vereine ihre Möglichkeiten zur Verhinderung von Gewalt noch nicht ausgeschöpft hätten. „Der Fußball tut sich wegen der schlechten Publicity in die Gesellschaft hinein selbst einen Gefallen, die Gewalt aus den Stadien zu verbannen.“ Somit müsse man offen und ohne konkrete Zielsetzung in das Gipfeltreffen hineingehen. Auch die Fanbeauftragten, so ihre klare Forderung an den Minister, „müssen mit am Tisch sitzen und ihre Sichtweise kundtun können“, sagte Häffner.