Frank Werneke soll der nächste Verdi-Vorsitzende werden. Dies hat der Gewerkschaftsrat in Berlin beschlossen. Der langjährige Vize muss Frank Bsirske ersetzen, der bisher alleiniges Aushängeschild der Gewerkschaft war. Die Frauen kommen erst an zweiter Stelle.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Der „ewige Vize“ Frank Werneke kommt seinem Ziel, Chef der Gewerkschaft Verdi zu werden, nach 16 Jahren als stellvertretender Vorsitzender immer näher. Am Donnerstag nominierte der 88-köpfige Gewerkschaftsrat den 51-Jährigen mit sehr großer Mehrheit für die Nachfolge von Frank Bsirske. Bereits Mitte September hatte sich eine sogenannte Findungskommission auf Werneke festgelegt.

 

Als geduldiger Stellvertreter intern Ansehen erworben

Seine Bestätigung auf dem nächsten Bundeskongress Mitte September 2019 in Leipzig ist praktisch sicher. Bisher nimmt er als Zuständiger für Organisation und Finanzen Aufgaben ohne Außenwirkung wahr – dies will er bald ändern, wie er nun sagte. Als Leiter des Fachbereichs Medien führt Werneke zudem die Tarifverhandlungen in der Druckindustrie, die derzeit zu eskalieren drohen. Intern habe er sich eine hohe Reputation erarbeitet, heißt es. Der Ostwestfale tritt allerdings in große Fußstapfen: Der 66-jährige Bsirske führt Verdi seit der Fusion 2001 und ist damit dienstältester Gewerkschaftschef. Für die Politik war er der große Taktgeber von Verdi. Bsirskes Domäne sind jedoch die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst. Die Tarifrunde für die Länder, die Anfang des Jahres beginnt, wird somit auch seine letzte sein.

Die Mehrheit ist weiblich – die Spitze wieder nicht

Als gleichberechtigte Stellvertreterinnen schlägt der Gewerkschaftsrat Christine Behle (Fachbereich Verkehr) sowie Andrea Kocsis (Postdienste) vor. Diese Gesamtlösung hat intern in den vergangenen Wochen auch für Irritationen gesorgt, denn die Gewerkschaft ist mehrheitlich weiblich: Unter den 1,987 Millionen Mitgliedern (Stand Ende 2017) sind 1,038 Millionen Frauen (52,2 Prozent). Auch auf haupt- und ehrenamtlichen Führungspositionen sind die Frauen relativ stark vertreten – deutlich mehr als bei anderen Gewerkschaften. Nun heißt es sowohl von Behle als auch von Kocsis, dass sie den Chefposten gar nicht angestrebt hätten. Die bisherige Vize Kocsis gestand auf Nachfrage von Delegierten, dass sie darüber durchaus nachgedacht hätte.

Wenn eine von beiden wirklich Vorsitzende hätte werden wollen, wäre das Selbstbewusstsein auch groß gewesen, ins Rennen zu gehen, versichert eine führende Funktionärin. Es geht jetzt „nicht darum, etwas beweisen zu müssen“. Außerdem sei sie zuversichtlich, dass die Frauen mit Werneke an der Spitze auch in Gleichstellungsfragen weiter vorankommen werden. Gleichwohl weiß man bei Verdi: Es darf keinesfalls der Eindruck entstehen, dass keine befähigte Frau zur Verfügung gestanden hätte. Im Gewerkschaftsrat gab es dazu am Donnerstag aber keine größere Diskussion mehr.