Ein neues Abkommen stellt die Zusammenarbeit mit Paris auf eine moderne Grundlage. Es verschränkt die Regierungsarbeit beider Länder miteiander – und wird sich auch ganz konkret vor Ort auswirken.

Berlin - Auch Freiburg ist als Unterzeichnungsort im Gespräch gewesen. Im Eurodistrikt mit dem Elsass sollte dokumentiert werden, welche Verbesserungen der neue deutsch-französische Vertrag gerade für die Grenzregionen mit sich bringt. Sie bekommen nämlich Ausnahmeregelungen, um von nationalem Recht abweichen zu können, wenn es der grenzüberschreitenden Kooperation im Wege steht. Es heißt, dieser Fokus habe der Zentralregierung in Paris nicht so recht gepasst. Deshalb werden Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nun am 22. Januar in Aachen – exakt 56 Jahre nach den Unterschriften ihrer Vorgänger Konrad Adenauer und Charles de Gaulle unter den Élyséevertrag – feierlich ihre Namen unter das ergänzende Abkommen setzen. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch seine Zustimmung erteilt.

 

Hauptziel ist, die „bilateralen Beziehungen auf eine neue Stufe zu heben“. Das geschieht über einen noch engeren Abstimmungsprozess als bisher. So sollen laut dem unserer Zeitung vorliegenden Vertragsentwurf „regelmäßig Konsultationen auf allen Ebenen“ stattfinden, um vor EU-Treffen „gemeinsame Standpunkte herzustellen“. Es wird festgelegt, dass der deutsch-französische Ministerrat mindestens ein Mal jährlich tagt und wenigstens vier Mal pro Jahr ein Minister des jeweils anderen Landes an Kabinettssitzungen teilnimmt.

Unterfüttert werden soll dies durch eine Reihe neuer Runden und Formate, die der Vertrag begründet: Ein Verteidigungs- und Sicherheitsrat soll gemeinsame Vorhaben in diesem Bereich koordinieren, etwa den Einsatz einer neu einzurichtenden Polizeieinheit für Auslandsmissionen. Analog gilt das für den Finanz- und Wirtschaftsrat, der „die Integration der Volkswirtschaften hin zu einem deutsch-französischen Wirtschaftsraum mit gemeinsamen Regeln“ anstoßen soll. Ideen dafür, etwa im Steuer- oder Zivilrecht, sollen auch von einem „Rat der Wirtschaftsexperten“ kommen. Der digitale Wandel soll von einem „Zukunftswerk“ begleitet werden und die Akteure etwa im Bereich der Künstlichen Intelligenz zusammenführen – die entsprechende Forschung soll gemeinsam finanziert werden.

Mehr Schüler sollen die jeweils andere Sprache lernen

Für die Grünen bleibt der Rahmen „weit hinter den Erwartungen zurück“ und zu „vage“, wie ihre europapolitische Sprecherin Franziska Brantner meint: „Das ist bitter, weil Europa gerade jetzt eine starke deutsch-französische Partnerschaft braucht.“ Beispielhaft moniert ihre Fraktionskollegin Anna Christmann, dass ein Pilotprojekt für bahnbrechende Innovationen, im Juni beschlossen, gar nicht auftaucht. Sie hat nachgefragt und eine aus ihrer Sicht ernüchternde Antwort bekommen, denn mehr als einen „Austausch“ mit Paris hat Forschungsstaatssekretär Michael Meister in der Sache nicht zu vermelden. Bilaterale Projekte, so schrieb er, sollen erst nach Gründung der deutschen Agenturen für Sprunginnovation und Cybersicherheit umgesetzt werden. „Die Bundesregierung verharrt bei der Innovationsförderung im nationalen Kleinklein“, folgert die Grüne: Berlin stehe „auf der Bremse“ und schiebe das Projekt „lieber auf die lange Bank“.

Die Regierung hält dem entgegen, der Vertrag könne nur einen Rahmen bilden, es gebe aber „eine mehrjährige Vorhabenplanung“, auf der 70 Projekte stehen. Unionsfraktionsvize Andreas Jung sieht die Aufgabe darin, das Werk „mit Leben zu füllen“. Helfen soll ein begleitendes Parlamentsabkommen, das gemeinsame Sitzungen Abgeordneter beider Länder vorsieht und Druck bei der Umsetzung machen kann.

Jenseits der politischen Gremienarbeit enthält der Vertrag auch Punkte, die sich konkret vor Ort auswirken sollen. Das gilt für den Ausbau der Grenzverkehrswege. Ein mit den Bundesländern abgesprochenes Ziel ist eine höhere Zahl von Schülern, „die die Partnersprache erlernen“. Abschlüsse sollen anerkannt, Austauschprogramme, vor allem über das deutsch-französische Jugendwerk, ausgebaut werden. Ein neuer „Bürgerfonds“ soll Bürgerinitiativen und Städtepartnerschaften zwischen beiden Staaten fördern, um – wie es heißt – „ihre beiden Völker einander noch näher zu bringen“.