Bei den Städten und Gemeinden funktioniert die Freundschaft zwischen Russland und Deutschland noch. Das wurde bei der deutsch-russischen Städtepartnerschaftskonferenz in Karlsruhe deutlich.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Karlsruhe - Es waren das kleine, brandenburgische Michendorf und Nowoje Dewjatkino aus dem Leningrader Gebiet, die ganz im Sinne der Veranstaltung agiert haben. Im Blitzlichtgewitter der Fotografen setzten sich die Bürgermeister der Gemeinden an den Tisch und unterzeichneten die Absichtserklärung, eine Städtepartnerschaft zu begründen. Es wäre die 98. deutsch-russische Vereinbarung dieser Art, geschlossen in einer Zeit, in der das Klima zwischen beiden Ländern frostig ist wie lange nicht mehr. So war die 13. deutsch-russische Städtepartnerschaftskonferenz in Karlsruhe auch ein Spagat zwischen den nicht so üblen Beziehungen auf der kommunalen Ebene und der großen Politik mit all ihren Verwerfungen.

 

Der russische Präsident Wladimir Putin und die Kanzlerin Angela Merkel betonten in ihren Grußworten die Bedeutung der Verbindungen. Seitens der Basis konnte das der Gastgeber, Karlsruhes Oberbürgermeister, nur bestätigen. Er kenne keine kritische Diskussion über Städtepartnerschaften, sagte Frank Mentrup. „Gegen die Menschen, die man persönlich kennt, gibt es keine Vorurteile.“ Der Schatten der großen Politik fiel aber auf manche Diskussionsrunde. „Wir haben die allergrößte Pflicht, dafür zu sorgen, dass es keine Toten mehr in der Ostukraine gibt“, sagte Gernot Erler. Der Russlandbeauftragte der Bundesregierung sieht andernfalls eine dauerhafte Beschädigung des deutsch-russischen Verhältnisses, „von dem dann auch Städtepartnerschaften betroffen sein werden“.

Alexander Romanovich vom Ausschuss für internationale Angelegenheiten der Staatsduma kritisierte die USA, die das Komitee der russischen Soldatenmütter finanzierten, und stellte die rhetorische Frage, wie groß in Deutschland die Begeisterung wäre, wenn Russland eine bundeswehrkritische Organisation bezahle. „Man darf die russischen Interessen nicht aus dem Auge verlieren“, sagte Romanovich. Matthias Platzeck, der Vorsitzende des deutsch-russischen Forums, stimmte dem zu und erklärte, dass die Situation heute gefährlicher sei als zu Zeiten des Kalten Krieges „weil die Welt in einem desolateren Zustand ist“.

Der Russe benennt Missstände in Deutschland

Konkret benannte Peter Franke, Vorsitzender des Verbandes deutscher Ost-West-Gesellschaften, Missstände in Deutschland: Ein Konferenzteilnehmer habe das Visum erst bekommen, nachdem die einladende Seite 2500 Euro hinterlegt habe: „Das ist Politik, die den schlechten Zustand der Beziehungen verschärft.“

Einig waren sich die Diskutanten darin, dass Städtepartnerschaften ein Fundament sind, das es zu erhalten gilt, um später darauf aufbauen zu können. Eine Ansicht, die abseits des Podiums auch Sergey Cheremin teilte, der in der Moskauer Stadtregierung für wirtschaftliche Zusammenarbeit zuständig ist. „Im Partnerschaftsbereich haben wir trotz aller politischen Differenzen keine negativen Auswirkungen bemerkt“, sagt Cheremin.