Am Donnerstag beginnt in Stuttgart die Deutsch-Türkische Kabarettwoche – parallel zum türkischen Verfassungsreferendum. Kerim Arpad, der Leiter des Deutsch-Türkischen Forums, das die Veranstaltungsreihe mitorganisiert, spricht über Satire, Politik und Identität.

 

Stuttgart - Das Deutsch-Türkische Kabarettfestival hätte kaum zu einem brisanteren Zeitpunkt stattfinden können. Noch bis zum 9. April können türkische Staatsbürger in Deutschland über eine Änderung der türkischen Verfassung abstimmen, die dem Präsidenten mehr Macht einräumen soll. Auftritte türkischer Politiker sorgen seit Wochen für Unruhe. Doch Kerim Arpad, Leiter des Deutsch-Türkischen Forums in Stuttgart, bleibt entspannt.

Herr Arpad, was beschäftigt deutsch-türkische Kabarettisten?
Das deutsch-türkische Zusammenleben. Seine Probleme, seine Herausforderungen, aber auch seine schönen Seiten. Das sind Themen, die sich durch fast alle Programme ziehen, egal ob Comedy oder politisches Kabarett.
Die Kabarettwoche findet zum 13. Mal statt. Was hat sich im Lauf der Jahre verändert?
Wir sind politischer geworden. Während früher häufig herumgewitzelt, mit Klischees gespielt wurde, emanzipieren sich jetzt viele Deutsch-Türken vom „Türke sein“. Sie stellen sich viel selbstbewusster dar und sagen: „Wir leben bereits in der zweiten oder dritten Generation in Deutschland, wir haben eine Meinung, wir wollen mehr Chance auf Teilhabe. Wir fordern Rechte von der Gesellschaft und der Politik“. Sie gehen sehr selbstständig und frei mit ihrer Identität um.
Distanzieren sich die Kabarettisten von der Politik der Türkei?
So generell kann man das nicht sagen. Aber ich weiß von vielen Leuten, dass sie am Arbeitsplatz oder im Studium ständig auf die Türkei angesprochen werden und als Mustertürken und Erdogan-Erklärer fungieren müssen. Nach dem Motto „Was macht denn dein Präsident schon wieder?“
Nimmt das politische Kabarett deutsche oder türkische Politik aufs Korn?
Beide. In weiten Teilen geht es um Integration oder Teilhabe in Deutschland, aus unterschiedlichen Perspektiven. Die Kabarettisten, die bei uns in den letzten Jahren dabei waren, behandeln aber immer auch Themen, die gerade in der Türkei umgehen, oder zumindest hierher überschwappen. Es geht darum, den Menschen hier einen Spiegel vorzuhalten, was ihren Blick auf „die Türken“ angeht. Und andersherum auch den Türken klar zu machen, was sie von den Deutschen zu halten haben.
Haben Sie Angst vor möglichen Reaktionen von AKP-Anhängern, denen Witze über Erdogan missfallen könnten?
Eigentlich nicht. Wir hatten einmal ein Problem, vor zwei Jahren, bei „Hate Poetry“. Da haben vier Journalisten Hasskommentare vorgelesen. Im Hintergrund waren Bilder aus ihrem Arbeitsumfeld – darunter eins von Abdullah Öcalan. Das hat die Leute gestört. Lustigerweise nicht die, die vor Ort waren, sondern welche, die ein Foto von dem Abend im Netz entdeckt haben. Ein paar Wochen lang wurden wir belagert. Leute haben angerufen, auf Facebook und Twitter gab es Shitstorms. Die Künstler wurden ziemlich heftig angegangen. Wir haben dann deutlich gemacht, dass das ein Teil der Satireshow ist, und keine Propagandaveranstaltung für die eine oder die andere politische Sache. Eher das genaue Gegenteil – eine gegen Rassismus gerichtete Veranstaltung, wo Leute aufzeigen, wie sie bei ihrer Arbeit als Journalisten durch Fremdenfeindlichkeit unter Druck gesetzt werden.