Die Zufriedenheit der Kunden mit der Deutschen Bahn wird nicht besser, die Pünktlichkeit der ICE geht weiter zurück. Doch die Bahn-Vorstände verdienen gut – allerdings weniger als noch im Jahr zuvor.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Bahn-Chef Richard Lutz erhält für seine Arbeit im abgelaufenen Jahr insgesamt 1,809 Millionen Euro, das sind 100 000 Euro weniger als 2017. Damit ist der Vorstandsvorsitzende der Spitzenverdiener im größten deutschen Staatskonzern. Sein Stellvertreter, der frühere Kanzleramtschef Ronald Pofalla, hat 1,241 Millionen Euro verdient und damit 104 000 Euro weniger als im Vorjahr. Das geht aus vertraulichen Unterlagen zur Aufsichtsratssitzung der Deutschen Bahn AG am Mittwoch hervor, die unserer Zeitung exklusiv vorliegen.

 

Der DB-Konzernvorstand, dem sechs Manager angehören, bekommt für 2018 insgesamt 6,498 Millionen Euro. Im Jahr zuvor lag die Summe mit 8,521 Millionen Euro deutlich höher. Darin waren aber 2,328 Millionen Euro für Ex-Chef Rüdiger Grube enthalten, der Anfang 2017 im Streit ausgeschieden war und eine hohe Abfindung erhalten hatte, obwohl er nur noch 30 Tage im Amt gewesen war.

Topgehälter vergleichsweise niedrig

Im Vergleich zu anderen Branchen sind die Topgehälter bei der Bahn mit ihren fast 319 000 Beschäftigten dennoch relativ niedrig. Daimler-Chef Dieter Zetsche kassierte 2017 rund 13 Millionen Euro. 2018 bekam der Automanager 8,6 Millionen Euro und damit ganz allein mehr als der gesamte Bahn-Vorstand.

Gut die Hälfte der DB-Spitzengehälter besteht aus fixen Zahlungen, für 2018 sind es insgesamt 3,3 Millionen Euro. Lutz hat eine feste Vergütung von 900 000 Euro, das sind 56 000 Euro mehr als 2017. Pofalla erhält 650 000 Euro. Hinzu kommen die variablen Vergütungen, die erfolgsabhängig sind und der Aufsichtsrat noch beschließen muss. Lutz ist auch hier Spitzenverdiener mit 892 000 Euro. 2017 waren es noch 1,045 Millionen. Pofalla erhält 560 000 Euro.

Grube und Mehdorn verdienten mehr

Frühere Bahn-Chefs kassierten deutlich höhere Summen. Hartmut Mehdorn erhielt zeitweise mehr als drei Millionen Euro pro Jahr und als Abfindung rund sechs Millionen Euro, nachdem er wegen des Daten- und Spitzelskandals abtreten musste. Sein Nachfolger Rüdiger Grube verdiente 2016 rund 2,6 Millionen, obwohl sein McKinsey-Sanierungskonzept „Zukunft Bahn“ kaum zündete, die Gewinne sanken und die Verschuldung wuchs.

Auch 2018 gab es enttäuschende Ergebnisse, da der Staatskonzern seine Qualitätsprobleme nach jahrelangen Versäumnissen nur sehr schleppend in den Griff bekommt. Laut internen Unterlagen lag die Kundenzufriedenheit im Fernverkehr nur bei unverändert 77 Prozent. Die Pünktlichkeit der ICE-Züge sackte gar von 78,5 auf 74,9 Prozent ab.

Jahresüberschuss sinkt um 29 Prozent

Zudem schrumpfte der Jahresüberschuss drastisch um 29,2 Prozent auf nur noch 542 Millionen Euro, wie aus aktuellen Unterlagen für den Aufsichtsrat hervorgeht, die unserer Zeitung vorliegen. Die Zahlen wird die DB-Spitze am Donnerstag auf der Bilanzpressekonferenz veröffentlichen, nachdem der Aufsichtsrat den Jahresabschluss genehmigt hat. Der bereinigte Konzernumsatz ist demnach um 3,1 Prozent auf 44,024 Milliarden Euro gestiegen.

Der operative Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) sank leicht um 1,9 Prozent auf 2,111 Milliarden Euro. Angepeilt war zuvor ein Zuwachs. Doch die Ertragsziele bis 2023 musste Lutz in der Mittelfristplanung vor einigen Monaten weit nach unten korrigieren. Nun werden bis dahin insgesamt fast drei Milliarden Euro weniger Ebit erwartet, was die Finanzprobleme des Staatskonzerns enorm verschärft. Auch die Kapitalrendite (ROCE) ging 2018 weiter zurück von 6,1 auf 5,8 Prozent, wie aus den vertraulichen Dokumenten hervorgeht.

Nettoverschuldung steigt an

Alarmierend ist die Entwicklung der Nettoverschuldung, die bis Ende 2018 um fünf Prozent auf 19,549 Milliarden Euro weiter gestiegen ist. Als „adjustierte“ Summe werden sogar bereits 23,794 Milliarden Euro angegeben. Als rote Linie gelten bislang 20 Milliarden, auch Regierung und Bundestag sehen den wachsenden Schattenhaushalt beim bundeseigenen Unternehmen kritisch.

Vor allem das drastisch verteuerte Großprojekt Stuttgart 21, für das der Staatskonzern mehr als vier Milliarden Euro Eigenanteil finanzieren muss, wird zur schweren Bürde. Denn höhere Investitionen kann die Bahn mangels ausreichender Erträge seit Jahren nur mit wachsender Verschuldung stemmen. In der aktuellen Investitionsplanung klafft eine Finanzlücke von mehr als vier Milliarden Euro. Deshalb will – wie berichtet – der Aufsichtsrat beschließen, dass die britische DB-Tochter Arriva mit 60 000 Mitarbeitern möglichst bis Dezember verkauft wird.

Bahn stellt mehr Mitarbeiter ein

Zum Jahreswechsel beschäftigte der DB-Konzern weltweit 318 528 Mitarbeiter. Allein 2018 gab es mehr als 20 000 Neueinstellungen, um den Personalmangel im Personen- und Güterverkehr zu lindern, der auch entsteht, weil viele ältere Beschäftigte in Rente gehen. Deshalb läuft eine Einstellungsoffensive. In diesem Jahr soll die Zahl der Mitarbeiter um mehr als 12 000 auf 330 890 steigen.