Der „LunaLiner“ soll künftig Europas Metropolen verbinden und Klimaschutz quasi im Schlaf möglich machen. Dahinter steckt ein Alternativkonzept, das ein breites Bündnis gegen die Abschaffung der Nachtzüge entwickelt hat.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Das Sanierungskonzept „Zukunft Bahn“ von Konzernchef Rüdiger Grube stößt auf immer größeren Widerstand. Auch gegen die geplante Einstellung aller verbliebenen Nacht- und Autozüge der Deutschen Bahn AG schon zum Jahresende hat sich ein breites Protestbündnis formiert, das nun in Berlin das Alternativkonzept „LunaLiner“ präsentiert hat.

 

Statt des Kahlschlags fordern die Allianz von Grünen, Linken, Gewerkschaften, Umwelt- und Verkehrsverbänden den Ausbau des Nachtzugsystems und eine bessere Kooperation der europäischen Bahnen. Mehrere Verkehrsexperten haben für das Bündnis „Bahn für Alle“ bereits einen detaillierten Master-, Netz- und Fahrplan entwickelt, der komfortable und klimaschonende Mobilität auch in der Nacht ermöglichen soll.

Nachtzugreisende schützen das Klima quasi im Schlaf

„Mit dem Sterben der Nachtzüge wird nicht nur die europäische Einigung, sondern auch der klimafreundliche Bahnverkehr zurückgeworfen“, kritisiert Michael Cramer, Vorsitzender im Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments. Mit einer Nachtzug-Reise könne man das Klima quasi im Schlaf schützen. Auch die Lokführergewerkschaft GDL mit ihrem Vorsitzenden Claus Weselsky hat sich ebenso wie der Fahrgastverband Pro Bahn der Allianz angeschlossen, ebenso wie Beschäftigte der von den Rotstiftplänen direkt betroffenen Bahntochter DB European Railservice.

Für den Erhalt der Nachzüge hat das Bündnis bereits mehrere 10 000 Unterschriften gesammelt. Die Petition wurde nun in Berlin dem Vorsitzenden des Verkehrsausschusses im Deutschen Bundestag, Martin Burkert (SPD), übergeben. Die Zukunft der Nachtzüge ist bereits seit Jahren auch politisch heftig umstritten. DB-Chef Grube verweist auf erhebliche Verluste des Nacht- und Autozugverkehrs, die Kritiker bezweifeln die Zahlen.

Österreicher sehen Nachtzüge als Zukunftsgeschäft

Anders als die DB sehen andere Unternehmen wie die ÖBB in Wien im Nachtzug ein Zukunftsgeschäft, auch im Hinblick auf nachhaltige Mobilität. Die Österreicher wollen deshalb sogar eventuell einige Nachtzuglinien von der DB übernehmen. Grube und seine Berater von McKinsey dagegen wollen die Schlafwagenzüge durch noch mehr konzerneigene Fernbusse und sowie zehn nächtliche ICE-Linien ersetzen, die allerdings weniger komfortabel sind.

„Nachtbus und Nacht-ICEs sind aus Kundensicht nicht attraktiv“, sagt der Bahnsprecher der Grünen im Deutschen Bundestag, Matthias Gastel. Der Abgeordnete aus Filderstadt fährt selbst häufig Bahn. „Die Fahrgäste wollen morgens ausgeruht ans Ziel kommen, durch die Umstellung würde die DB den Airlines neue Kunden in die Arme treiben.“ Die Opposition im Bundestag fordert von der Regierung und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) bisher vergeblich, ihren Einfluss auf den Staatskonzern zu nutzen.

Die Sparte schreibt seit Jahren Verluste

In vertraulichen DB-Unterlagen zum Sanierungskonzept „Zukunft Bahn“, die unserer Redaktion vorliegen, sind bereits „ab Mitte 2016 keine weiteren Ansätze für Nachtreiseverkehre“ in der Mittelfristplanung enthalten. Umfangreiche Investitionen in den „teilweise überalterten Fahrzeugpark“ ließen sich „wirtschaftlich nicht rechtfertigen“, heißt es. Die Sparte schreibe „seit Jahren Verluste in zweistelliger Millionenhöhe“ und stehe zudem durch Nachtbus- und Billigflugangebote „stark unter Druck“.

Die Bahnspitze räumt allerdings selbst hausgemachte Fehler ein. Die Qualität der Angebote sei „nicht zufriedenstellend“, heißt es in den Unterlagen. Kritiker wie Gastel führen das vor allem auf die viele Jahre unterlassenen Investitionen in neue und modernere Fahrzeuge zurück. Die DB-Manager und ihre Berater von McKinsey dagegen behaupten, die Nachtzüge seien „trotz vielfacher Sanierungsbemühungen stark defizitär“ und eine „Modernisierung auf gutes Qualitätsniveau wirtschaftlich nicht abbildbar“.