Bahn-Chef Grube will dem Aufsichtsrat Ende März ein neues Vorstandsmitglied für den Bereich „Wirtschaft, Politik und Regulierung“ vorschlagen. Für den Posten ist Ex-Kanzleramtschef Pofalla (CDU) im Gespräch – in Grubes Erklärung taucht dessen Name allerdings nicht auf.

BerlinBahn-Vorstandschef Rüdiger Grube will dem Aufsichtsrat Ende März ein neues Vorstandsmitglied für den Bereich „Wirtschaft, Politik und Regulierung“ vorschlagen. Das teilte er in einer gemeinsame Erklärung mit Aufsichtsratschef Utz-Hellmuth Felcht mit. Namen nannten sie nicht. Für den Posten ist Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) im Gespräch. Grube und Felcht betonten, es sei Aufgabe des Vorstandschefs, Personalvorschläge für den Konzernvorstand zu machen, der Aufsichtsrat entscheide jedoch darüber. Der Aufsichtsrat habe Grube im vergangenen Herbst gebeten, bis Ende März 2014 einen Nachfolger für den scheidenden Cheflobbyisten Georg Brunnhuber (CDU) vorzuschlagen. Dieser gehört nicht dem Vorstand an.

 

Die Arbeitnehmervertreter von der Eisenbahnergewerkschaft EVG und der Lokführergewerkschaft GDL verlangen, dass das Thema auf der nächsten regulären Aufsichtsratssitzung des Konzerns im März diskutiert wird.

   Der Fall Pofalls sorgt für erheblichen Unmut.   Für den Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim ist der mögliche Wechsel des CDU-Spitzenpolitikers zum größten deutschen Staatskonzern „eine Form der bezahlten Korruption“.  Es gebe den Verdacht der Interessenkollision.

Merkel soll Pofalla zu „zeitlicher Distanz“ geraten haben

Schon in seinem politischen Spitzenamt könne der Kanzleramtsminister die Interessen seines künftigen Arbeitgebers im Blick gehabt haben, sagte der Jurist und Buchautor der Agentur. Der Fall Pofalla erschüttere das Vertrauen der Menschen in die Demokratie und beschädige das Ansehen der Regierung und der Politik, sagte von Arnim. Wie berichtet wurde Regierungschefin Angela Merkel bereits Ende November von Pofalla über dessen beabsichtigten Wechsel in die Wirtschaft informiert und habe ihm darauf zu einer „zeitlichen Distanz“ zwischen beiden Jobs geraten. Pofalla hatte erst Mitte Dezember trotz des Wahlsiegs völlig überraschend sein Ausscheiden aus dem Kanzleramt erklärt und öffentlich damit begründet, mehr Zeit für seine Partnerin, Heirat und Familie haben zu wollen.

  Die Hinweise verdichten sich jedoch, dass zu diesem Zeitpunkt der Wechsel des einflussreichen Parteifunktionärs auf einen pro Jahr mit bis zu 1,8 Millionen Euro dotierten Vorstandsposten bei der Bahn bereits abgemachte Sache war. Pofalla, der sein bisheriges Ministergehalt damit verneunfachen könnte, wird ein enges Verhältnis zu Bahnchef Grube nachgesagt. Der Merkel-Vertraute soll auch beim umstrittenen Großprojekt Stuttgart 21 die Strippen gezogen und sogar mit Telefonaten zu Aufsichtsräten dafür gesorgt haben, dass die Kontrolleure das riskante Vorhaben im vorigen Frühjahr trotz einer weiteren Kostenexplosion durch winkten. Das wurde damals unter anderem in Kreisen der mitregierenden FDP bestätigt.

  Vorstandschef Grube hat den möglichen Wechsel Pofallas, der offenkundig durch eine gezielte  Indiskretion vorzeitig öffentlich wurde,  offenbar ohne rechtzeitige Abstimmung mit den Kontrolleuren des Staatskonzerns angezettelt. Dort gibt es nun erhebliche Vorbehalte. Felchts Stellvertreter Alexander Kirchner, der die größte Bahngewerkschaft EVG leitet, forderte eine Erklärung von der Regierung und dem Bahnchef. Der neue Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) solle sagen, wie er zu der Erweiterung des Vorstandes der Deutschen Bahn oder der Personalie Pofalla stehe, verlangte Kirchner.

Arbeitnehmervertreter lehnen Vorstandserweiterung ab

Indes verlautet aus Unternehmenskreisen, dass der Aufsichtsrat bereits vor einem Jahr intern besprochen habe, wieder einen Vorstandsposten für Lobbyismus und Regierungskontakte zu schaffen. Beschlüsse dazu gab es allerdings nicht. Die EVG und auch die ebenfalls im Aufsichtsrat vertretene Lokführergewerkschaft GDL lehnen die teure Erweiterung des Vorstands bisher ab. Möglicherweise bleibt für Pofalla damit nur ein deutlich geringer dotierter Beraterposten. Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat wollen nun darauf dringen, dass der Fall Pofalla auf der nächsten regulären Aufsichtsratssitzung im März debattiert wird.

Zwar ist für den 30. Januar eine Sondersitzung anberaumt. Dort steht das Thema aber bisher nicht auf der Tagesordnung, es soll vielmehr um den Problemfall S-Bahn Berlin gehen, wo die zuständige DB-Tochter in einigen Jahren wichtige und hoch profitable Linien im Zuge der Neuausschreibung verlieren könnte.

  Auch politisch schlägt der Fall weiter Wellen. Die Grünen im Bundestag wollen in der nächsten Woche einen Gesetzentwurf vorlegen, der für Seitenwechsel eine Sperrfrist von drei Jahren vorsieht, wenn die Politiker zuvor wie Pofalla mit Entscheidungen zu tun hatten, die den künftigen Arbeitgeber betreffen. Die Linke im Bundestag fordert für einen Wechsel sogar fünf Jahre Sperrzeit.

Kritik in Pofallas Wahlkreis wächst

Eine solche Abstandsfrist hält auch der Staatsrechtler Arnim für angemessen. Die Bürger, kritisiert der Experte, schüttelten den Kopf darüber, dass es in Deutschland noch immer keine klaren Regeln gebe, die verhinderten, dass Regierungsmitglieder ihren politischen Einfluss in der Wirtschaft versilbern können.

  In seinem CDU-Wahlkreis am Niederrhein, wo er im Herbst noch das Direktmandat für den Bundestag geholt hatte, wächst die Kritik der Parteibasis an Pofalla ebenfalls. Der Merkel-Vertraute habe seine Wähler betrogen und die CDU im Kreis Kleve jämmerlich im Stich gelassen, heißt es dort laut Medienberichten. Pofalla soll nach Angaben aus Unionskreisen inzwischen bereit sein, sein Mandat bei einem Wechsel in die Bahnspitze aufzugeben. Mitte Dezember hatte es noch geheißen, er wolle sein Mandat behalten.