Die Deutsche Bahn will neue Mitarbeiter mit günstigen Unterkünften locken. Das Unternehmen plant mehr Wohnungen für Beschäftigte anzumieten oder durch Belegungsrechte zu sichern.

München/Berlin - Angesichts knapper Wohnungen in vielen Städten will die Deutsche Bahn neue Mitarbeiter verstärkt mit günstigen Unterkünften locken. „Bezahlbare Mieten sind für unsere Mitarbeiter ein großes Thema geworden“, sagte Personalvorstand Martin Seiler der „Süddeutschen Zeitung“ (Mittwoch). Der größte deutsche Staatskonzern will deshalb eine „Wohnraumoffensive“ starten, wie ein Sprecher am Mittwoch sagte. So will das Unternehmen mehr Wohnungen für Beschäftigte anmieten oder durch Belegungsrechte sichern, zudem soll auf Bahnflächen gebaut werden. Doch ein Immobilienkonzern wird die Bahn so schnell nicht werden.

 

„Uns ist klar, dass wir damit nicht morgen und übermorgen fertig sind und alle Wohnungsprobleme lösen können“, bekannte Seiler. Die Bahn hat jedoch bemerkt, dass hohe Mieten in manchen Großstädten die dringend benötigten Bewerber abschrecken können. Mitarbeiter sollen deshalb künftig nicht mehr nur übergangsweise oder während der Ausbildung Bahn-Wohnungen erhalten können, sondern auch langfristig.

Der Konzern sucht in den nächsten Jahren Zehntausende neue Mitarbeiter, und das soll an der Miete nicht scheitern. Azubis und Dual-Studenten bekommen etwa in München schon jetzt bis zu 350 Euro Mietzuschuss.

Die Bahn hält Wohnung in Großstädten wie München

900 in der Regel angemietete Wohnungen hält die Bahn in Hamburg, Köln, Frankfurt, Mainz, Stuttgart und München. Für Kurzfrist-Einsätze und in der Ausbildung können Bahn-Mitarbeiter sie mieten - in München teilweise für 200 Euro im Monat, wie die Bahn sogar in Stellenanzeigen herausstellt. 70 weitere solcher Wohnungen sollen bis Jahresende in der bayerischen Landeshauptstadt hinzukommen.

In München hat der Konzern aber erstmals auch wieder das Belegungsrecht für Wohnungen gesichert, die Beschäftigte langfristig mieten können. Die ersten Mieter sollen im Dezember in die 74 neu gebauten Ein- bis Vier-Zimmer-Wohnungen im Stadtteil Bogenhausen einziehen - für zwölf Euro kalt pro Quadratmeter, was dem Mietspiegel-Durchschnitt in Bestandsverträgen entspricht.

Doch wer eine neue Wohnung sucht, zahlt deutlich mehr. München zählt für Mieter zu den teuersten Städten Deutschlands. Bahnvorstand Seiler sagte, das dortige Projekt solle ein „Leuchtturm mit Modellcharakter“ werden.

Dabei war die Bahn einmal einer der größten Wohnungsbesitzer im Land. 170 000 Wohnungen besaßen Bundesbahn und Reichsbahn, viele in Ballungsräumen. Als im 19. Jahrhundert immer mehr Bahnstrecken in Deutschland entstanden, hatten die Betreiber oft auch mietgünstige Wohnungen für Eisenbahner mit geringem Einkommen gebaut.

Wohnungen im großen Stil verkauft

Viele dieser Eisenbahnersiedlungen gehören heute großen privaten Immobilienkonzernen. Denn nachdem die Bahn in den 1990ern von einer Behörde in ein Unternehmen umgewandelt worden war, verkaufte sie Wohnungen im großen Stil - so wie sich viele deutsche Städte von Wohnungen trennten, weil es damals keinen Mangel gab.

Mieterbund und Bahn-Gewerkschaften kritisierten damals, der Konzern verschleudere Volksvermögen. Heute vermittelt die Bahn ihre Mitarbeiter etwa an Vonovia und Deutsche Wohnen, wo sie bevorzugten Zugang zu Wohnungen hätten, wie es hieß.

Doch so wie private Konzerne wie BASF und VW will auch die Bahn inzwischen selbst wieder bauen. Sie spricht mit Städten darüber, wie sie ihre Flächen in Bauland umwandeln kann. „Wir prüfen, ob wir nicht Park & Ride-Flächen erweitern und bebauen oder die Parkplätze überbauen können. Außerdem wollen wir prüfen, ob auch andere Flächen im Bahnbesitz geeignet sind, neuen Wohnraum zu schaffen“, sagte Seiler.

Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums kämen für Neubau auch Grundstücke von insgesamt knapp 155 000 Quadratmetern aus dem sogenannten Eisenbahnvermögen infrage. Das ist eine Bundeseinrichtung, die unter anderem Grundstücke verwaltet, die nicht mehr von der Deutschen Bahn genutzt werden. Seiler versicherte: „Wir wollen keinem Pendler einen Parkplatz wegnehmen.“