Führungsspitze der Deutschen Bank unter Beschuss: Anshu Jain und Jürgen Fitschen werben auf der Hauptversammlung um Geduld für den versprochenen Kulturwandel.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Trotz einer Reform der umstrittenen Bonuszahlungen ist die Führungsspitze der Deutschen Bank auf der Hauptversammlung am Donnerstag unter Beschuss geraten. Neben Umweltschutzorganisationen und Kapitalismuskritikern bemängelten auch traditionell eher gemäßigte Aktionärsvertreter unzureichende Fortschritte bei dem Kulturwandel, den das Führungsduo Anshu Jain und Jürgen Fitschen bei seinem Amtsantritt vor einem Jahr angekündigt hatte.

 

Der Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Klaus Nieding, forderte die Kürzung von Boni bei Managementfehlern. Das schließe auch Probleme aus der Vergangenheit ein, die erst jetzt offenbar würden, sagte Nieding mit Blick auf die Flut laufender Klagen und Ermittlungen gegen die Bank. Ein Großteil der strittigen Geschäfte fiel in die Verantwortung des heutigen Co-Vorstandsvorsitzenden Jain, der bis 2012 das Investmentbanking leitete. „Herr Jain hatte die Leitung für den Bereich der Bank inne, aus dem ein Milliardenrisiko entstanden ist“, sagte Nieding der Stuttgarter Zeitung. „Zur Aufarbeitung der Vergangenheit gehört für mich dazu, dass man über seine Boni noch einmal kritisch drübergeht.“

Nieding äußerte auch Zweifel am erklärten Reformwillen Jains. „Gestatten Sie mir Skepsis, was Ihre Wandlung vom Saulus zum Paulus betrifft. Dazu bedarf es mehr als des gelegentlichen Besuchs einer Postbank-Filiale“, rief der Aktionärsschützer in Richtung des Podiums.

Jain spricht Deutsch

Der gebürtige Inder Jain hatte zuvor mit seiner ersten Rede auf Deutsch Applaus geerntet. Darin warb er auch um Geduld für den versprochenen Kulturwandel. „Wir wissen, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben.“

Ein wichtiges Ergebnis der Reformdiskussion ist ein neues Vergütungssystem, das auf der Hauptversammlung zur Abstimmung gestellt wurde. Es sieht neben einer verstärkten Ausrichtung der Leistungsprämien am Risikomanagement auch die Streckung von Bonuszahlungen über fünf Jahre vor. Treten in diesem Zeitraum Fehler zu Tage, kann der Bonus gekürzt werden. Die Bedingungen dafür seien aber zu eng gefasst, kritisierten Nieding und andere Aktionärsvertreter.

Der Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), Markus Kienle, griff auch den Co-Vorstandsvorsitzenden Fitschen scharf an. Gegen den 64-Jährigen ermittelt die Frankfurter Staatsanwaltschaft, weil er in Vertretung des früheren Bankchefs Josef Ackermann eine strittige Steuererklärung unterzeichnet hatte. „Man stellt sich manchmal die Frage, ob man hier an einer Bank beteiligt ist oder an einer kriminellen Vereinigung“, schimpfte Kienle. „Für mich wäre völlig ausreichend, Herr Fitschen und Herr Jain, wenn Sie das täten, was erlaubt ist.“

Dagegen prangerten Umweltschutz- und Entwicklungshilfeorganisationen auch legale, aber ethisch umstrittene Geschäfte des Geldhauses an. Neben Krediten an Rüstungsfirmen steht vor allem der Handel mit Agrarrohstoffen in der Kritik, der nach Einschätzung von Organisationen wie Oxfam die Preise für Grundnahrungsmittel in die Höhe treibt. Fitschen wies die Vorwürfe zurück: „Wir glauben, dass die Finanzmärkte und auch die Deutsche Bank einen Beitrag dazu leisten können, dass es gelingt, alle Menschen besser zu ernähren.“ Dafür seien jährlich Milliardeninvestitionen in die Landwirtschaft erforderlich.

Zu dem laufenden Geschäftsjahr äußerte sich Fitschen zurückhaltend. Er sehe „mit Blick auf die sehr optimistische Stimmung an den Finanzmärkten das Risiko, dass die fiskalpolitischen Schwierigkeiten in den USA und die Folgen der europäischen Finanzkrise unterschätzt werden könnten“. Dessen ungeachtet bekräftigte er das Ziel, den Ausbau des Privatkundengeschäfts zum zweiten Standbein neben dem Investmentbanking voranzutreiben und den Vorsteuergewinn dieses Segments von 1,5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr bis 2015 zu verdoppeln.

Zu einer kleinen Rangelei am Rande der Hauptversammlung kam es, als

während der Rede Jains Demonstranten das Podium zu stürmen versuchten. Organisiert wurde der Protest von einer Gruppe von Kapitalismuskritikern, die sich „Die Überflüssigen“ nennt und seit dem Jahr 2007 wiederholt Auftritte von Politikern und Unternehmen gestört hat.