Obwohl die Anklage Haft beantragt hat, kann der Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, dem Urteil gelassen entgegen sehen. Das Urteil könnte am 19. April fallen.

München - Nach fast einem Jahr als Angeklagter vor Gericht hat der Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, im Prozess um versuchten Betrug im Fall Kirch nicht mehr viel zu befürchten. Die bisherige Beweisaufnahme im Prozess gegen Fitschen und vier weitere Angeklagte habe ergeben, dass die Anklagevorwürfe der Staatsanwaltschaft nicht zutreffend seien, sagte der Vorsitzende Richter Peter Noll am Dienstag vor dem Münchner Landgericht. Das Urteil soll nach letzten Plädoyers möglicherweise bereits am kommenden Dienstag (19. April) verkündet werden.

 

Bei den Angeklagten sorgten die Worte des Richters für erfreute Gesichter. Dem Strafantrag des Staatsanwalts konnten sie nach dieser Einschätzung des Richters entspannt zuhören - obwohl der Ankläger für einige von ihnen sogar Gefängnisstrafen forderte. Am härtesten müsste aus Sicht der Staatsanwaltschaft der ehemalige Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer bestraft werden: Für ihn forderte der Staatsanwalt dreieinhalb Jahre Haft.

Breuer laut Staatsanwalt treibende Kraft

Breuer war aus seiner Sicht die treibende Kraft. Gemeinsam sollen die fünf Angeklagten versucht haben, vor fünf Jahren Richter des Oberlandesgerichts München zu täuschen, um Schadenersatzforderungen für die Pleite des Medienkonzerns Kirch zu vermeiden. „Breuer wusste genau, dass sein Vortrag vor dem Oberlandesgericht falsch war“, sagte der Staatsanwalt.

Der 2011 gestorbene Medienunternehmer Leo Kirch hatte Breuer zeitlebens für den Zusammenbruch seines Konzerns verantwortlich gemacht, weil dieser sich in einem Fernsehinterview kritisch über die Kreditwürdigkeit der Kirch-Gruppe geäußert hatte.

Auch für Breuers Nachfolger Josef Ackermann beantragte der Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe: Zwei Jahre und sechs Monate. Ackermanns Anwalt Eberhard Kempf hingegen forderte einen Freispruch und brachte in seinem Plädoyer auch das Ansehen der Manager in Deutschland zur Sprache. „Noch - und das zu Recht - ist die Eigenschaft einer Person, dem Vorstand eines Dax-Konzerns anzugehören, noch kein Straf-Schärfungsgrund.“

Fitschen, der Mitläufer

Fitschen war aus Sicht des Anklägers eher ein Mitläufer, habe die anderen aber auch nicht aufgehalten und sich vor Gericht gewunden, um nicht die Wahrheit sagen zu müssen. Für ihn beantragte der Staatsanwalt ein Jahr und drei Monate Haft auf Bewährung sowie eine Geldbuße von zwei Millionen Euro an die Staatskasse. Auch der ehemalige Aufsichtsratschef Clemens Börsig solle eine Bewährungsstrafe erhalten, Ex-Vorstand Tessen von Heydebreck eine Geldbuße.

Richter Noll dürfte diesen Anträgen im Urteil aber nicht nachkommen, wie er mit seiner Einschätzung zum Prozess deutlich machte. Einen Antrag der Anklagebehörde auf eine erneute Durchsuchung der Deutschen Bank wies er ab. „Der Antrag lässt jede Auseinandersetzung mit der Beweisaufnahme vermissen“, sagte Noll und warf der Staatsanwaltschaft „Vermutungen ins Blaue hinein“ vor. Die Haltung seiner Strafkammer sei nun kein Geheimnis mehr, sagte er mit Blick auf das Urteil. Der Antrag der Staatsanwaltschaft habe ihn aber dazu gezwungen, sich schon vor dem Urteil zu positionieren. „Es blieb uns nichts anderes übrig als das so klarzustellen. Das war kein absichtliches Foul.“

Plädoyers der Anwälte erwartet

Die Anwälte der Angeklagten hatten immer wieder kritisiert, die Staatsanwaltschaft habe sich mit der Anklage verrannt und die Manager zu Unrecht an den Pranger gestellt. Breuers Anwalt Norbert Schaf warf Chef-Ermittlerin Christiane Serini blinden Verfolgungseifer vor, mit dem sie eine frühere Niederlage gegen seinen Mandanten wettmachen wolle. Er beantragte einen Freispruch für Breuer. Die Kosten für das Verfahren müsse die Staatskasse tragen.

Für den nächsten Verhandlungstag kommenden Dienstag sind zunächst die Plädoyers der Anwälte von Fitschen, Heydebreck und Börsig geplant. Danach könnte nach Angaben des Richters möglicherweise das Urteil gesprochen werden.