Auf Twitter, Facebook und Co. zeigen sich die Spieler der deutschen Nationalmannschaft von ihrer privaten Seite. Von Schnappschüssen mit Fans über Selfies mit Bundeskanzlerin Angela Merkel – die Fundstücke im Netz sind vielfältig.

Stuttgart - Es ist gar nicht so einfach, mich zum Schweigen zu bringen. Die Kollegen im Newsroom kennen meinen Hang zu etwas zu ausführlichen Anekdoten in etwas zu großer Lautstärke. Zur Stille neige ich nur, wenn ich Mist gebaut habe. Oder wenn das Gespräch auf das Thema Fußball kommt. Sobald jemand Sätze wie „Der Hummels macht heute aber ein sensationelles Spiel“ sagt, bin ich raus.

 

Ich schaue mir die Spiele mit Begeisterung, aber ohne nennenswerten Sachverstand an. Also fragen Sie mich auf keinen Fall, wer die Stützen der deutschen Mannschaft sind, oder wer es vergeigt hat.

Dafür kann ich ohne zu zögern meine eigene Top fünf der deutschen Spieler aufstellen. Denn entscheidend ist längst nicht mehr nur aufm Platz. Sondern auch in diesem Internet. Mesut Özil etwa hat auf Facebook mehr als 20 Millionen Fans. Während man als Sportreporter nur schwer an Interviews mit Leuten wie ihm herankommt und dann oft mit Floskeln überschütttet wird, versorgen die Spieler ihre Fans auf Facebook und Twitter mit beinahe persönlich anmutenden Schnipseln aus ihrem Tag bei der Fußball-WM, die man sonst so nicht zu sehen bekommt.

Özil etwa postet Bilder aus dem deutschen Quartier. Vom Rugby spielen. „Auf dem Weg zur Rugby-WM 2015?“, schreibt er. „Nein, ich bevorzuge nach wie vor mein Lieblingsspielzeug: den Fußball.“ Dafür gibt’s fast 70 000 Klicks auf „Gefällt mir“ – und Platz fünf in unserer Rangliste.

 

Ganz weit abseits vom Platz hat sich Per Mertesacker Platz vier gesichert: die kurze Sporthose hochgekrempelt, posierte er in einem Pflanzkübel, den Teamkollegen Höwedes im Arm. Bildunterschrift: „Gruß Gewächshaus deutsche Eichen.“ Zugegeben, was die Jungs da rausschicken, ist nicht immer ganz stilsicher, aber sehr erfrischend.

 

Und fühlt sich das nicht toll an, wenn Thomas Müller – damit eindeutig auf Platz drei –, das rechte Auge verpflastert, breit aus dem Bild grinst und schreibt: „Keine Sorge, mir geht es schon wieder gut. Mein Cut wurde mit fünf Stichen genäht, sodass ich schon wieder den Durchblick habe, auch wenn das Auge noch etwas grün und blau ist . . .“ Aus dem Hintergrund linst Bastian Schweinsteiger in die Kamera.

 

Poldi ist der Selfie-König

Überhaupt: Schweinsteiger. Der ist weit vorne in Sachen Social Media. Mal posiert er mit seinen High-End-Kopfhörern – ein kleiner Affront gegen die Fifa, die kurz zuvor das Tragen aller Kopfhörer, die nicht vom Sponsor Sony hergestellt wurden, verboten hatte.

 

Mal umarmt er einen Jungen am Strand, der sich „Schweinsteiger“ in den Nacken tätowieren lassen hat.

 

Oder postet ein Foto von seinem selig schlummernden Kumpel Lukas Podolski, der ihn heimlich im Flugzeug nach Brasilien fotografiert hatte. Unterzeile: „Tja, lieber Lukas Podolski, da kann ich mich schneller mit einem Bild auf dem du schläfst rächen, als du gedacht hast!“ Ganz klar: Platz zwei.

 

Nein, das ist alles nicht bedeutend, es ist sogar höchst unbedeutend – und doch zeigen die oft unscharfen, verwackelten, schiefen Handyfotos der bestbezahlten Sportler der Nation ein wenig von dem, was man für das Leben im Camp der deutschen Nationalmannschaft halten könnte.

Und so gewinnt einer, der (bisher) fast nicht spielen durfte: Lukas Podolski ist der Schützenkönig der Schnappschüsse. Poldi gammelt mit Kevin Großkreutz auf der Couch,...

 

Poldi feiert mit Per Mertesacker dessen 100. Länderspiel.

 

Poldi herzt den Grimassen schneidenden Thomas Müller.

 

Und, natürlich: Poldi mit Angela Merkel im Arm. 500 000 „Gefällt mir“ bei Facebook. Und auf irgendeine verquere Weise ein Dokument der Zeitgeschichte.

Naja, vielleicht schweige ich jetzt besser.