Die Treffen von Vertretern der Bundesregierung mit Donald Trumps Stab werden ganz verschieden gewertet. Erwartet wird nun, dass auch Kanzlerin Merkel bald nach Washington reist.

Berlin - Seit fast zwei Monaten laufen die Vorbereitungen für den Stabwechsel im Weißen Haus – nicht nur in Washington, sondern auch in Berlin. So gut wie möglich will sich die Bundesregierung für die am 20. Januar beginnende neue Ära der transatlantischen Beziehungen wappnen.

 

Die anfangs fehlenden Ansprechpartner im Lager des politischen Newcomers Donald Trump sind inzwischen vorhanden und auch besucht worden. „Es hat hochrangige Kontakte von Mitarbeitern des Auswärtigen Amts zum Umfeld des designierten US-Präsidenten gegeben“, heißt es im Ministerium von Frank-Walter Steinmeier. So sind beispielsweise Andreas Michaelis und Thomas Bagger aus der Führungsebene des Amtes im Dezember in Washington gewesen. Kurz vor Weihnachten folgte ihnen Christoph Heusgen, der engste außen- und sicherheitspolitische Berater von Kanzlerin Angela Merkel. Er traf dort unter anderem Trumps künftigen Sicherheitsberater, den Exgeneral Michael Flynn. „In dem Maße, in dem sich das Kabinett und Administrationsteam von Trump formiert, bauen wir selbstverständlich auch vertrauensvolle Kontakte dahin auf und aus“, sagt Jürgen Hardt, der Koordinator der transatlantischen Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt ist und nach der Trump-Wahl selbst führende republikanische Senatoren wie John McCain getroffen hat.

Konstruktive Gespräche

Unterschiedliche Aussagen gibt es dazu, wie erfolgreich die Kennenlerntreffen verlaufen sind. Wenn der CDU-Bundestagsabgeordnete Hardt nach Heusgens ersten Austausch mit Flynn gefragt wird, spricht er von „ einem wichtigen und konstruktiven ersten Gespräch“. Ganz anders soll das bei Steinmeier geklungen haben, als der kürzlich den Auswärtigen Ausschuss des Bundestages in nicht-öffentlicher Sitzung informierte. Seine Leute seien, klagte der Außenminister einem Sitzungsteilnehmer zufolge, „mit quasi null aus Washington zurückgekommen“. Das Gehörte sei teils „schockierend“ gewesen. Ob Steinmeiers Leute dafür abgestraft wurden, dass ihr Chef Trump vor dessen Wahl als „Hassprediger“ bezeichnet hatte, oder nach außen schlicht mehr Optimismus verbreitet wird als intern, lässt sich dabei kaum feststellen.

Zuversichtlich jedenfalls verkündet der transatlantische Koordinator Hardt, von führenden Republikanern politische Zusicherungen für Deutschland und Europa erhalten zu haben: „Diese haben mir gegenüber nicht nur klar und eindeutig die Bündnisverpflichtungen der USA innerhalb der Nato unterstrichen, sondern auch das fortbestehende Interesse des US-Kongresses, den Freihandel konstruktiv und zukunftsgerichtet fortzuentwickeln – auch über den Atlantik hinweg.“ Das so umstrittene TTIP-Abkommen ist aus seiner Sicht mit der Wahl Trumps keineswegs tot, auch wenn er einräumen muss, dass vieles noch völlig unklar ist: „Wie die genaue Handelspolitik unter Trump aussehen wird, bleibt nach wie vor offen.“ Im Bundeskanzleramt wird dieser Punkt, zusammen mit den außenpolitischen Sicherheitsfragen wie dem Umgang mit Russland oder dem Iran, als der schwierigste eingeschätzt.

Vernünftiges Verhältnis

Auf die Kanzlerin kommt es deshalb besonders an, wenn es darum geht, Trump ein anderes Bild von Deutschland und Europa zu vermitteln, das bisher von Freunden wie dem britischen EU-Gegner Nigel Farage geprägt ist. Angela Merkel werde sich bemühen, „ein vernünftiges Verhältnis“ aufzubauen, hat Unionsfraktionschef Volker Kauder daher dieser Tage gesagt. Telefoniert haben Merkel und Trump bereits direkt nach seiner Wahl, nun steht die Frage im Raum, wann sie sich das erste Mal treffen – möglichst vor dem Hamburger G20-Gipfel. „Ich gehe davon aus, dass beide ein Interesse haben, sich bereits zuvor bilateral und vertraulich auszutauschen“, sagt Jürgen Hardt: „Wann und wie es hierzu kommen kann, wird sicherlich zu passender Gelegenheit besprochen werden.“