Nach 2004 ist dieses Jahr wieder die deutschsprachige Poetry-Slam-Meisterschaft in Stuttgart zu Gast. Vom 2. bis 5. November werden die besten Dichter in der Landeshauptstadt zusammenkommen und sich vier Tage lang im Wettstreit mit Worten messen.

Stuttgart - Im Finale Anfang November werden 2100 Zuschauer in der Liederhalle den Künstlern auf der Bühne zujubeln. Doch es sind nicht wie so häufig Musiker, die die Menge begeistern, sondern Dichter. Wortkünstler aus dem gesamten deutschsprachigen Raum, also aus Deutschland, der Schweiz, Österreich und Luxemburg, werden vom 2. bis 5. November in Stuttgart zusammenkommen und dort die 20. deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften, den Slam 2016, austragen. Veranstaltet wird er vom Poetry-Slam e. V., dem Thomas Geyer (42), Nikita Gorbunov (31) und Hanz (30) geschäftsführend vorstehen und den sie für den Slam 2016 gegründet haben. Alle drei sind feste Größen der Stuttgarter Poetry-Slam-Szene. Seit Jahren veranstalten und moderieren sie selber Slams in Stuttgart und der Region. Nikita Gorbunov und Hanz sind außerdem Künstler und geben ihr Wissen und ihre Begeisterung in Workshops an die jüngere Generationen weiter.

 

Ein Preisgeld für den Sieger gibt es nicht

Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Sie organisieren die Meisterschaft zum ersten Mal, doch Gorbunov zeigt sich gelassen: „Ich weiß nicht, ob uns morgen alles um die Ohren fliegt. Aber ich denke, es läuft ganz gut.“ 110 deutschsprachige Poeten treten im Einzelwettbewerb an. In elf Vorrunden, drei Halbfinals und dem krönenden Finale in der Liederhalle am 4. November fechten sie mit Worten um den Titel des deutschen Meisters. „Den Sieger erwarten Ruhm und Ehre. Geld gibt es nicht“, erklärt Nikita Gorbunov. Die Vorrunden tragen die Dichter in bekannten Stätten der Szene wie der Rosenau oder dem Keller-Klub aus. Neben dem Einzelwettkampf gibt es den Teamwettbewerb – „die Zierde der Meisterschaft“, wie Gorbunov sagt. Im Teamwettbewerb treten 20 Teams, bestehend aus zwei bis fünf Personen, in zwei Halbfinals und dem Finale, das am 5. November im Theaterhaus stattfindet, gegeneinander an.

Doch wer entscheidet, wer eine Runde weiterkommt und am Ende gewinnt? „Ein Grundprinzip des Poetry-Slam ist, dass es kein Fachgremium gibt, das entscheidet“, erklärt Nikita Gorbunov. Beim Slam 2016 entscheidet eine zufällig ausgewählte Jury aus sieben bis elf Personen aus dem Publikum, wie viele Punkte auf einer Skala von eins bis zehn sie dem jeweiligen Performer geben möchten. Die drei mit den meisten Punkten kommen weiter. „Das ist aber nur eine Methode“, sagt Gorbunov. „In der Schweiz gibt es zum Beispiel einen Slam, bei dem das Publikum Plüschtiere wirft, wenn der Vortrag gefallen hat.“

Poetry-Slam ist die zuschauerstärkste Kleinkunstform Deutschlands

Das Nominierungsverfahren für die Meisterschaft hingegen ist alles andere als einfach. „Wir haben mehrere Wochen gebraucht, um das überhaupt zu verstehen“, sagt Gorbunov „aber am Ende stehen dort die 110 interessantesten und besten Slam-Poeten der Saison.“

Das liege auch daran, dass die Szene absurd schnell auf alle Moden, Trends und Hypes reagiere. „Da generell jeder mitmachen kann, ist jeder Poetry-Slam eine echte Wundertüte, und weil das Publikum entscheidet, wer Erfolg hat, ist das Programm immer so, wie das Publikum es haben will.“ Nicht nur das macht den Poetry-Slam zur zuschauerstärksten Kleinkunstform Deutschlands. „Es ist einfach irrsinnig günstig“, sagt Gorbunov. Das liegt freilich auch daran, dass die Künstler meist nur Fahrtkosten, Kost und Logis erstattet bekommen und in der Regel keine Gage erhalten. So auch bei diesen Meisterschaften. Die Eintrittspreise bei den deutschsprachigen Meisterschaften liegen zwischen elf und 27,40 Euro für ein Ticket. Der Vorverkauf läuft: Etwa zwei Drittel der 6200 Tickets sind bisher verkauft. Die Finals sind nahezu ausverkauft. Damit sind die Kosten für die Veranstaltung allerdings lange nicht gedeckt. 250 000 Euro kosten sie insgesamt. Finanziert wird es außerdem durch Sponsoren und öffentliche Gelder von Stadt und Land.

Stuttgart als Poetry-Slam-Hochburg

Natürlich wäre mehr Geld immer besser, aber Nikita Gorbunov ist zufrieden „Die Unterstützung der Stadt ist super.“ Außerdem eigne sich Stuttgart als Austragungsort der Meisterschaften sehr gut. „Eine Hochburg des Poetry-Slams“ nennt er die Landeshauptstadt. Jeden Monat gibt es drei Slams in der Stadt, dazu kommen noch etliche in den Landkreisen ringsum. Das ist aber nicht erst seit Kurzem so. 2004 haben die Meisterschaften schon einmal in Stuttgart Station gemacht und damit die Szene weiter angekurbelt. Damals veranstaltete man zum ersten Mal einen U-20-Jugendslam. Der hat sich bis heute gehalten, und in Stuttgart ist daraus laut Grobunov „ein dickes Jugendprogramm mit Workshops“ erwachsen.