Endlich wieder zu Dritt: Audi, BMW und Mercedes wollen in der Saison 2012 in der DTM eine gute Show bieten – und sich mit harten Bandagen, aber fair bekämpfen.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Norbert Haug sitzt im Mercedes-Teambus am Hockenheimring und bekommt eine Frage gestellt, die er nicht beantworten will. Er sei 59 Jahre alt, leite seit mehr als 20 Jahren die Motorsportabteilung des Stuttgarter Autoherstellers und reise pro Jahr zu 30 Rennen der Formel 1 und der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft (DTM). Kein Gedanke an den Ruhestand? Ein kurzer Blick aus dem Fenster – schon kommt die Antwort: „Wir sind doch nicht hier, um über den alten Haug zu sprechen“, sagt der Sportchef augenzwinkernd und hakt das Thema ab.

 

Also wird über die DTM diskutiert, Nobert Haugs nächste große Aufgabe in den kommenden Jahren. In der Formel 1 will der fleißige Schwabe die Silberpfeile weiter zu altem Ruhm führen und die DTM mit ihren drei Herstellern beim Publikum etablieren. Die Premiummarken Audi, BMW und Mercedes bekämpfen sich auf den Automärkten dieser Welt – und nun auch auf den Rennstrecken der DTM, die am Sonntag in Hockenheim in die Saison startet (14 Uhr/ARD). Das ist neu. Da wird es prestigeträchtige Wettfahrten geben. Nicht nur für Haug. Wer möchte sich beim Aufeinandertreffen der Autogiganten schon die Blöße geben, in den Auspuff der Konkurrenz zu gucken? „Im Sport muss man Niederlagen akzeptieren“, sagt Norbert Haug, wer das nicht verstehe, solle keinen betreiben.

Nach den Rennen geht es um Kooperation

Hinsichtlich des Regelwerks und organisatorischer Fragen wurden sich die drei deutschen Marken einig. Sich jetzt aber auch mit Haken und Ösen auf der Piste zu beharken – diesen Spagat müssen die Partner-Gegner hinkriegen, nun, da in BMW endlich der dritte Hersteller gefunden wurde. Norbert Haug ist sich dieser Herausforderung bewusst. „Die Konkurrenz muss es auf dem Asphalt geben, doch neben der Strecke geht es um Kooperation“, sagt der Stuttgarter und schreibt damit sich und seinen Rivalen einen gesitteten Umgang ins Stammbuch. Doch die kleineren oder größeren (Macht-)Kämpfe und Neidereien neben der Piste, auch sie wurden in den vergangenen sechs Jahren immer mal wieder deutlich, als Mercedes und Audi ihren Zwei-markenpokal ausgefahren hatten.

Nun kommt in BMW eine dritte, ebenso selbstbewusste Marke hinzu. Die Bayern werden sich mit der in der Vergangenheit offenkundig gewordenen Opel-Rolle als fünftes Rad am Wagen nicht zufriedengeben. Auch sie fahren auf Sieg. „Von mir gibt es keine großen Parolen, das ist nicht mein Stil, aber wir sind gut aufgestellt“, sagt der BMW-Sportchef Jens Marquardt.

Der Machtkampf befindet sich in vollem Gange. Da Marketingstrategen von Audi aufgeweckte Burschen sind, haben sie sich in einem Sonderheft zur DTM-Saison 2012 forsch auf jeder Seite mit einer Anzeige verewigt – Mercedes und BMW existieren da überhaupt nicht. Auch der Neuling BMW übt sich im Sticheln. Die Münchner buchten rechtzeitig für ihre Mannschaft Hotels – und schnappten damit den Konkurrenten Unterkünfte weg, in denen sie Jahre zuvor bevorzugt eingecheckt hatten. Das sind Marginalien, gewiss, doch am nächsten Wochenende wird Mercedes mit seinem Pfund wuchern und sich auf der Marketingbühne DTM prominent präsentieren: Am Samstag rast der Formel-1-Pilot Nico Rosberg mit einen Silberpfeil Baujahr 55 über den Hockenheimring, für Sonntag ist eine Showrunde von Michael Schumacher geplant – im Formel-1-Mercedes der vergangenen Saison.

50 Komponenten sind baugleich

Den anderen die Schau zu stehlen, ansonsten aber gütlich und friedlich an einem Strang zu ziehen – das macht das DTM-System aus, es geht vor allem auch um den Verkauf von Serienfahrzeugen. 50 der 4000 Teile eines DTM-Autos sind bei allen drei Marken aus Kostengründen baugleich, man einigte sich auf die Einführung der Schaltwippe, den Punktestand aus der Formel 1 und verabschiedete sich vom Nachtanken. Diese Abkommen erarbeiteten die großen drei in Eintracht. Doch für den Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich hat das Kochen des gemeinsamen Süppchens von Sonntag an ein Ende, denn da sei es mit der Freundschaft vorbei. „Für mich bleibt sie bestehen“, kontert Norbert Haug.