Die German University of Cairo wirft kritische Studenten hinaus. Die fühlen sich unterdrückt und organisieren Sitzstreiks. Die deutschen Geldgeber wiegeln ab.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Ulm/Stuttgart - Die German University of Cairo (GUC) kommt nicht zur Ruhe. Seit Monaten protestieren Studenten offen gegen undurchsichtige Strukturen in der Verwaltung der Privathochschule, gegen Bespitzelungen auf dem Campusgelände und die Unterdrückung von Meinungsfreiheit.

 

Die aufgeheizte Stimmung hat sich Anfang dieses Monats erneut entladen. Alles begann mit dem Tod des GUC-Studenten und Fußballfans Kareem Khozam, der zu den 73 Opfern gehörte, die das Blutbad im Fußballstadion von Port Said Anfang Februar forderte. Kommilitonen organisierten daraufhin Trauerveranstaltungen auf dem Campus; sie schlugen nach Augenzeugenberichten am 12. Februar um in eine Protestdemonstration gegen die ägyptische Armeeführung und die Hochschulleitung. Dabei soll es Schmähungen gegen Professoren und Verantwortliche der GUC gegeben haben, namentlich den Ex-Minister Ibrahim El Demairy, einem einstigen Mitglied des Mubarak-Regimes.

In mehreren Blogs berichten ägyptische Studenten mittlerweile über die Vorkommnisse. Die Universitätsleitung soll fünf kritische Studenten des Unterrichts verwiesen haben, zwei von ihnen auf Lebenszeit. In einem Bericht des Deutschlandradios bestätigte die Vizepräsidentin der GUC, Laila Mahran, die Suspendierungen. Sie hätten sich jedoch nicht gegen die Meinungsfreiheit gerichtet. Jeder dürfe seine Meinung sagen, „aber außerhalb der Gebäude“, so Mahran. Diese Regel sei nicht eingehalten worden, außerdem seien am Tag der Proteste gerade Examen geschrieben worden. Mahran betonte in dem Radiobericht außerdem: „Die GUC ist eine neutrale Universität“, und: „Man muss Respekt vor den Professoren haben.“

Schon früher Repressionen auf dem Campus

Ende 2011 berichtete die aus Ehingen stammende Politikwissenschaftlerin Sahra Gemeinder bereits von Repressionen auf dem Campus. Beispielsweise werde die Gründung einer eigenständigen Studentenvertretung behindert. Der frühere Rektor der Universität Ulm, Hans Wolff, aktuell stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der GUC, wies gegenüber der StZ die Vorwürfe zurück. Auch dass der GUC-Gründer und Aufsichtsratsvorsitzende Ashraf Mansour wichtige Stellen mit Familienmitgliedern und Mubarak-Vertrauten besetzt habe, wollte Wolff nicht bejahen.

Der Rauswurf der Studenten hat unterdessen die nächsten Reaktionen provoziert. Unter dem Motto „Occupy GUC“ werden von Studenten seither Sitzstreiks organisiert. Von den deutschen Partneruniversitäten in Ulm und Stuttgart ist auch diesmal offiziell nichts Kritisches zu hören. „Wir beobachten schon sehr genau, was da unten passiert“, sagt eine Sprecherin der Universität Stuttgart lediglich.

Dieses Wochenende sind Hans Wolff und der Stuttgarter Unirektor Wolfram Ressel in ihrer Funktion als Mitglieder des Board of Trustees, dem GUC-Kuratorium, nach Kairo gereist. Mit den Unruhen, heißt es, habe das nichts zu tun, es handle sich um eine turnusgemäße Zusammenkunft. Unter der Hand ist jedoch zu erfahren, dass der Unmut der Deutschen im ägyptischen Kontrollgremium wächst. Immer öfter müssen sich Wolff oder Ressel fragen lassen, welchen Einfluss sie überhaupt noch auf ihre ägyptischen Bildungspartner haben. Ein Ausstieg Baden-Württembergs aus der GUC, so heißt es, sei inzwischen nicht mehr ausgeschlossen.

Daten und Fakten zur Universität

Die 2003 eröffnete German University of Cairo (GUC) ist das weltweit größte von Deutschland unterstützte Auslandsbildungsprojekt. Die Einrichtung wuchs rasant auf zuletzt 5500 Studenten. Die Schirmherrschaft liegt beim ägyptischen Staat sowie beim Land Baden-Württemberg. Persönliche Schirmherren sind der Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher, der frühere Siemens-Chef Heinrich von Pierer und Ex-Ministerpräsident Erwin Teufel. Feste deutsche Partneruniversitäten der GUC sind Ulm und Stuttgart. Durch Fördergeld des Landes, des Bundesbildungsministeriums, des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) und des Stifterverbandes Deutsche Wissenschaft sind bisher rund vier Millionen Euro deutscher Steuergelder in die GUC geflossen.