Mit dem Debüt "In Zeiten des abnehmenden Lichts" von Eugen Ruge erhält erneut ein in der DDR spielender Roman den Deutschen Buchpreis.

Frankfurt/Main - Für seine große DDR-Familiensaga „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ erhält Eugen Ruge den Deutschen Buchpreis 2011. Das teilte die Jury am Montagabend in Frankfurt am Vorabend der Buchmesse mit. In seinem Debütroman gelinge es dem 57-Jährigen, „die Erfahrungen von vier Generationen über fünfzig Jahre hinweg in einer dramaturgisch raffinierten Komposition zu bändigen“. Zum zweiten Mal wurde damit ein Werk über die untergegangene DDR zur besten literarischen Neuerscheinung, zum Roman des Jahres gekürt. Uwe Tellkamp hatte 2008 für seinen in Dresden vor der Wende angesiedelten Roman „Der Turm“ die Auszeichnung erhalten.

 

Der stark autobiografisch geprägte Generationenroman ist zwischen Berlin, der Sowjetunion und Mexiko angesiedelt. Erzählt wird aus der Perspektive des an Krebs erkrankten Enkels „Sascha“ Alexander, der die DDR kurz vor ihrem Ende verlässt. Mit geschickten Perspektivwechseln erzählt Ruge die unterschiedlichen Schicksale seiner weitverzweigten Familie - mit allen Hoffnungen und zerstörten Illusionen.

„Sein Buch erzählt von der Utopie des Sozialismus, dem Preis, den sie dem Einzelnen abverlangt, und ihrem allmählichen Verlöschen“, heißt es in der Begründung der siebenköpfigen Jury weiter. „Zugleich zeichnet sich sein Roman durch große Unterhaltsamkeit und einen starken Sinn für Komik aus.“ Ruge setzte sich im Finale gegen fünf Mitkonkurrenten durch. Der Preis ist mit insgesamt 37.500 Euro dotiert, der Sieger erhält 25.000 Euro.

So viele Titel zur Auswahl wie nie zuvor

Ruge, studierter Mathematiker und in der DDR wissenschaftlicher Mitarbeiter, begann schon vor seiner Übersiedlung 1988 in den Westen mit Arbeiten als Dramatiker. Seit der Wende arbeitet er hauptberuflich für das Theater und für den Rundfunk als Autor und Übersetzer. Ruge, in Soswa (Ural) geboren, ist Sohn des bekannten DDR-Historikers Wolfgang Ruge. Der war als Kommunist vor den Nationalsozialisten geflohen und später von den Sowjets in den Nordural deportiert worden. Eugen Ruge lebt in Berlin und auf Rügen.

Ebenfalls nominiert waren Jan Brandt („Gegen die Welt“), Michael Buselmeier („Wunsiedel“), Angelika Klüssendorf („Das Mädchen“) Sibylle Lewitscharoff („Blumenberg“) und Marlene Streeruwitz („Die Schmerzmacherin“). Im vergangenen Jahr hatte die Schweizerin Melinda Nadj Abonji für ihren autobiografischen Roman „Tauben fliegen auf“ gewonnen. Zuvor gewannen Autoren wie Kathrin Schmidt und Uwe Tellkamp.

Die Jury hatte in diesem Jahr so viele Titel zur Auswahl wie nie zuvor: Verlage hatten 198 Neuerscheinungen eingereicht. Mitte August wählten die Juroren zunächst 20 Romane für die Longlist aus, die dann einen Monat später auf sechs Titel reduziert worden war.