Nach der 15. Ausgabe wird der Deutsche Fernsehpreis im Herbst abgeschafft – zumindest in dieser Form. Außer den Preisträgern wird ihn womöglich niemand vermissen. Die Stifter wollen sich aber auf ein neues Konzept einigen.

Stuttgart - Als sich ARD, ZDF, RTL und Sat 1 1998 zusammentaten und eine gemeinsame Auszeichnung für herausragende Fernsehproduktionen ins Leben riefen, die im Jahr darauf erstmals verliehen wurde, bekam man es im beschaulichen Marl etwas mit der Angst zu tun. Am Rande des Ruhrgebiets und somit fernab von allem medialen Trubel residiert das Adolf-Grimme-Institut, das seit Jahrzehnten den renommierten Grimme-Preis vergibt. Nicht ganz zu Unrecht fürchtete man, im Schatten eines glamourösen Senderpreises könne der ideelle Glanz der Auszeichnung des Deutschen Volkshochschulverbands verblassen. Zum Glück kam aus Marler Sicht alles ganz anders: Der Grimme-Preis wird am 4. April zum fünfzigsten Mal verliehen, der Deutsche Fernsehpreis im Herbst nach 15 Jahren zum letzten Mal.

 

Wie es weitergehen soll, ist völlig offen. Einig sind sich die Sender ARD, ZDF, RTL und Pro Sieben Sat 1 nur in einer Hinsicht: so nicht. Es gibt zwar das Lippenbekenntnis, man wolle im Sinne der Qualität weiter an einem Strang ziehen, aber es ist fraglich, ob den Worten Taten folgen. Von Qualität konnte in der Vergangenheit ohnehin nicht durchgängig die Rede sein. Die Auszeichnungen für Fernsehfilme und Serien waren zwar in der Regel über jeden Zweifel erhaben, zumal in die Jury regelmäßig namhafte Kritiker berufen wurden. Aber als die Privatsender beim Deutschen Fernsehpreis ähnlich wie beim Grimme-Preis immer öfter leer ausgingen, erfanden die Preisstifter kurzerhand die „Freie Formatkategorie“; auf diese Weise wurde zum Beispiel die Beste Kochshow oder die Beste Reality-Sendung ausgezeichnet. Am Ende obsiegten ARD und ZDF selbst in Sparten wie Beste Comedy oder Beste Unterhaltung/Dokutainment.

Qualitätskriterien hatten die Stifter nicht unbedingt im Sinn

Für ungleich größere Empörung in der Fernsehbranche sorgte allerdings eine andere Entscheidung: 2010 wurden mit Ausnahme der besten Hauptdarsteller sämtliche persönlichen Kategorien gestrichen. Ursprünglich sollte der Deutsche Fernsehpreis ein Äquivalent zum „Oscar“ darstellen und wie in Hollywood die Crème de la Crème küren, weshalb es jahrelang Trophäen für Autoren, Kameraleute oder Komponisten gab. Der Entschluss, nur Produktionen und nicht mehr Personen in den Vordergrund zu stellen, hatte die Gründung der Deutschen Fernsehakademie zur Folge, die seit 2013 einen am „Oscar“-Verfahren orientierten eigenen Fernsehpreis vergibt.

Qualitätskriterien aber hatten die Stifter bei ihrer Maßnahme ohnehin nicht im Sinn. Konsequenterweise hätten auch die Auszeichnungen für die Besten Darsteller abgeschafft werden müssen, aber auf den Glamour, den Schauspielerinnen und Schauspieler verbreiten, wollte man nicht verzichten. Die Streichung traf nicht zufällig jene filmischen Gewerke, die im Rahmen der Gala schon immer ein Schattendasein geführt hatten.

Die Veranstalter erhofften sich von der Reform eine Straffung der Preisverleihung, denn ausufernde Dankesreden hatten Jahr um Jahr dazu geführt, dass sich die Feierlichkeiten bis Mitternacht hinzogen. Nur deshalb war es 2008 zu jenem denkwürdigen Auftritt von Marcel Reich-Ranicki gekommen, der sich nach stundenlanger Wartezeit in Rage redete, die Qualität des deutschen Fernsehens in Bausch und Bogen verdammte und die Auszeichnung für sein Lebenswerk kurzerhand ablehnte.

Am Ende sahen weniger als eine Million die Verleihung

Die stets frühestens am nächsten Tag ausgestrahlten Aufzeichnungen aber wurden auch durch die Reform nicht kurzweiliger. Im Gegensatz zu den pompösen und entsprechend populären Verleihungen der von großen Zeitschriftenverlagen gestifteten Medienpreise „Bambi“ und „Goldene Kamera“, die mit Hollywoodpräsenz protzen, sank der Zuspruch zum immerhin rund zwei Millionen Euro teuren Deutschen Fernsehpreis kontinuierlich. Die von Ilka Bessin (Cindy aus Marzahn) und Oliver Pocher moderierte letztjährige Veranstaltung, auch qualitativ ein nicht für möglich gehaltener Tiefpunkt, hatte nicht einmal eine Million Zuschauer.

Am 3. Oktober wird der WDR den Deutschen Fernsehpreis zum letzten Mal in der gewohnten Form ausrichten. Bis dahin wollen sich die Stifter auf ein neues Konzept einigen. Sicher ist nur eins: eine Rückkehr zu einstigen Gepflogenheiten, als die Sender in Gestalt des„Telestars“ (ARD/ZDF) und des „Goldenen Löwen“ (RTL) jeweils eigene Preise vergeben haben, soll es definitiv nicht geben.