Zum fünften Mal wird in Hamburg der Deutsche Radiopreis verliehen. Und das bedeutet: große Show mit Glanz und Glamour. Es wird aufgefahren, was berühmt und teuer ist. Dabei sollten die Nominierten und das Handwerk im Mittelpunkt stehen.

Stuttgart - Viel Rummel ums Radio. Zum fünften Mal wird in Hamburg der Deutsche Radiopreis verliehen. Und das bedeutet: große Show mit Glanz und Glamour. Es wird aufgefahren, was berühmt und teuer ist. Taylor Swift, siebenfache Grammy-Gewinnerin, die Fantastischen Vier, Lily Allen, Jan Delay sind nur ein paar Namen. Hinzu kommen prominente Laudatoren wie die Schauspieler Christiane Paul und Herbert Knaup, „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann sowie Rüdiger Grube, Chef der Deutschen Bahn. Barbara Schöneberger wird zum vierten Mal die schillernde Gala moderieren.

 

Es ist zu spüren, der Deutsche Radiopreis will es allen zeigen. Zeigen? Ja, das ist das Skurrile daran. Dieser Abend, der dem Radio und seinen Stimmen gewidmet ist, muss visuell punkten. Bunte Bilder werden gebraucht, um für größtmögliche Aufmerksamkeit zu sorgen. Das eigentlich leise, unaufdringliche Medium Radio, das seine magischsten Momente aus dem genauen Zuhören schöpft, muss für eine Weile laut, grell und fernsehfähig daher kommen. Immerhin strahlen neben Dutzenden Radiosendern alle Dritten Programme der ARD zeitversetzt die Veranstaltung aus.

Audio-Einspielungen funktionieren nicht bei einer Gala

Dabei soll eigentlich herausragendes Radiohandwerk im Mittelpunkt stehen: Welches war die beste Sendung des vergangenen Radiojahres? Wer macht die besten Nachrichten, wer führte das beste Interview? Das ist der Deutsche Radiopreis 2014: 361 Einreichungen von 146 Sendern (öffentlich-rechtlich und privat), in zehn Kategorien. 30 Nominierte bangen ihrem ganz persönlichen „Oscar-Moment“ entgegen. Bisher wirkten die Geehrten oft verloren. Nur in den regionalen Verbreitungsgebieten ihres Senders kennt man sie. Um ihre Leistung würdigen zu können, müsste man innehalten und Radio hören. Doch Audio-Einspielungen funktionieren nicht bei einer Gala. Sekundenkurze Hörschnipsel müssen deshalb an diesem Abend genügen.

Und so ist es irgendwie ein schiefes Bild und nicht frei von Verlegenheit, sollte Taylor Swift dem Moderator eines lokalen Senders die Hand schütteln müssen, der irgendwo in Deutschland eine Morgenshow im Radio moderiert. Dazu passt, dass Barbara Schöneberger jüngst freimütig in einem Interview erklärte, dass ihr bislang persönlicher Höhepunkt beim Radiopreis „nicht etwa ein Reportage-Preis war, den der WDR bekam, sondern der Auftritt von Robbie Williams, als er meinen schwangeren Bauch küsste“.

Vorgaben für die Verteilung der Preise gibt es nicht

Dem Radio im Fernsehen gerecht zu werden ist das eine. Aber wie verteilt man die Lorbeeren für Sendungen, Formate und Menschen gerecht, die aus unterschiedlichen Systemen kommen, also öffentlich-rechtlichen und privaten? Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steckt ungleich mehr Personal und Geld in seine Programme. Für die Suche nach würdigen Preisträgern sei dies kein Problem, sagt Frauke Gerlach, die Direktorin des Grimme-Instituts, das die Juryarbeit koordiniert. „Qualität, vorbildliche und innovative Programme hängen nicht nur vom Geld ab, sondern von der Kreativität Medienschaffender und dem Mut der Sender solchen Programmen Raum zu geben.“ Vorgaben für die Verteilung der Preise gebe es nicht, betont sie.

Die schönsten Perlen werden gar nicht erfasst

Die vielleicht schönsten Perlen des Handwerks – Hörspiele, Krimis, Features – werden beim Radiopreis indes gar nicht erfasst. „Für die gibt es seit vielen Jahren eigene Preise“, sagt der Vorsitzende des Beirats Deutscher Radiopreis und NDR-Hörfunkdirektor, Joachim Knuth. Er sieht in dem Event in Hamburg allemal eine Stärkung des Mediums: „Wir wollten Aufmerksamkeit auf das Radio lenken. Ich finde, das ist uns sehr gut gelungen. Außerdem wollten wir in der gesamten Branche den Ehrgeiz befeuern, herausragende Qualität abzuliefern.“

Nicht ohne Stolz verweist Knuth darauf, dass in Deutschland täglich fast 60 Millionen Menschen Radio hören. Zugegeben: da muss ein bisschen Rummel schon sein.