Deutscher Smartphone-Markt Huawei kämpft um die Gunst der Verbraucher

Wenn Huawei ein neues Smartphone herausbringt, ist es ein Medienereignis – so wie auf der Mobilfunkmesse in Barcelona 2019. Noch zählen die Smartphones auch in Deutschland zu den meist verkauften Computertelefonen. Foto: AP/Emilio Morenatti

Chinas Smartphone-Gigant schickte sich an, in Deutschland Apple und Samsung zu überholen, inzwischen machen ihm auch hierzulande die US-Sanktionen zu schaffen. Xiaomi und Oppo stoßen in die Lücke. Wie lange kann sich Huawei noch halten?

Geld/Arbeit: Daniel Gräfe (dag)

Stuttgart/Berlin - Noch Anfang vergangenen Jahres war für Huawei die Welt in Ordnung. Chinas Smartphone-Gigant war der heimische Markt zu klein geworden und expandierte, von den USA abgesehen, in alle Welt. Die Technik made in China stieg auch in der Gunst der Technik-Experten – vor allem die Handy-Kameras belegen Spitzenplätze. Doch inzwischen kämpft der einstige Senkrechtstarter jenseits von China einen Abwehrkampf – auch in Deutschland, einem der wichtigsten Märkte. „Außerhalb von China wird Huawei kaum noch wachsen“, sagt Annette Zimmermann, Telekommunikationsexpertin beim Marktforscher Gartner. „Bis Anfang nächsten Jahres wird es sich zeigen, ob Huawei sich ganz aus Deutschland zurückziehen muss oder nicht.“

 

Der Handelskrieg zwischen den USA und China hat auch die Handy-Käufer in Deutschland mit Wucht erreicht. Die Smartphones von Huawei und seiner Schwestermarke Honor zählen zu den beliebtesten im Land. Laut Gartner betrug ihr Marktanteil im zweiten Quartal dieses Jahres noch immer rund 15 Prozent – das war Platz 3 nach Apple (27 Prozent) und Samsung (26 Prozent). Doch der Anteil schrumpft weiter, denn inzwischen darf Huawei auf Weisung der US-Regierung Googles App-Plattform Play Store oder die Apps von Facebook, Whatsapp und Instagram nicht mehr nutzen. Die USA unterstellen, dass die chinesische Regierung Huaweis Technik zur Spionage nutzt.

Der US-Boykott trifft die Masse von Huaweis Kunden

Google und Facebook aber sind für die meisten Käufer neben Kamera und Display das wichtigste Kaufargument. Ob Mails schreiben, chatten, Bilder verschicken, Routen planen oder Videos schauen – all das ist jetzt nur noch über Ersatzdienste möglich. So gilt Huaweis aktuelles Spitzenmodell P40 vielen als das Handy mit der besten Kamera und mit einem der leistungsfähigsten Prozessoren, doch dem durchschnittlichen Nutzer ist es kaum noch zu empfehlen. Es sei denn, er hat Geschick und Zeit, für die Internet-Kommunikation nach App-Alternativen zu suchen. Huawei biete in Deutschland deshalb schon jetzt Geräte günstiger an, sagt Zimmermann. „Der US-Boykott trifft die Masse möglicher Kunden. Deshalb arbeitet Huawei fieberhaft an einer Lösung, um die Dienste von Google zu ersetzen.“

Seit kurzem darf Huawei auch keine Chips mehr beziehen, die mit Hilfe amerikanischer Software entworfen oder mit amerikanischer Technik gefertigt wurden und sucht auch hier mit Hochdruck nach Ersatz. Denn wie die meisten Smartphone-Produzenten stellt auch Huawei keine eigenen Chips her. „Die Restbestände scheinen bald aufgebraucht sein“, sagt Sebastian Klöß vom Digitalverband Bitkom.

Huaweis Deutschland-Chef William Tian lässt das nicht gelten. Den Bedarf an Chips könne man noch immer decken, betont er auf Nachfrage, man arbeite eng mit den Lieferanten zusammen. Und was die Apps angehe – da biete man immer mehr Alternativen zu Google an. Derzeit entwickle man mit Tomtom einen Gegenentwurf zu Google Maps, eigene Video- und Audioapps gebe es bereits. In Deutschland würden acht Millionen Menschen die Apps von Huawei nutzen, vier Millionen sogar monatlich, betont Tian. „Die deutschen Kunden sind offen für unser neues Ökosystem und unsere App-Galerie. Sie wollen Neues ausprobieren. Wir sind sehr optimistisch.“

Weitere chinesische Produzenten stehen schon bereit

Optimistisch ist allerdings auch die Konkurrenz, die Huaweis Schwäche für sich nutzen will. „In die Lücke sind bereits einige chinesische Hersteller gestoßen“, sagt Klöß. Der Unterhaltungselektronik-Produzent BBK Electronics mit seinen Marken Oppo, Vivo und One Plus zählt schon jetzt in China und damit weltweit zu den größten, gleiches gilt für Xiaomi. Sie expandieren verstärkt jenseits von China und bauen auch in Deutschland ihre Stellung aus – auch weil sie mit Netzbetreibern wie Telekom oder Vodafone kooperieren. „In Deutschland ist es wichtig, den Fuß bei den Netzbetreibern in der Tür zu haben, weil viele Smartphones über Verträge verkauft werden“, betont Klöß. Die chinesischen Modelle seien wegen ihres guten Preis-Leistungsverhältnisses bei den Netzbetreibern beliebt. Zunehmend würden sie auch Vorzeigefilialen aufmachen, so genannte Flagship-Stores.

Eine Macht-Verschiebung von Huaweis Konkurrenz aus China sieht auch Gartner-Expertin Zimmermann. „Xiaomi könnte vor allem bei den jüngeren Nutzern zulegen und Huawei in Deutschland von Platz drei verdrängen. Oppo könnte die neue Nummer 4 werden.“ Außerdem werde auch Samsung profitieren.

Der Huawei-Chef denkt nicht daran, sich aus Deutschland zurückzuziehen

So leicht will sich Huawei aber nicht geschlagen geben. Die Technikmesse Ifa, die an diesem Donnerstag in Berlin beginnt, will man als Forum nutzen. Und auf der eigenen Entwicklerkonferenz HDC Mitte September in Shenzhen werde man noch viel mehr Apps präsentieren – aber auch Wearables, die man mit dem Smartphone koppeln könne, kündigt Deutschland-Chef Tian an. „Die Verbraucher lieben noch immer unsere Marke. Wir denken gar nicht daran, uns zurückzuziehen. In den nächsten drei Jahren werden wir versuchen, in Deutschland die Nummer zwei oder eins zu sein.“

Weitere Themen

Weitere Artikel zu Smartphone IFA Apple Samsung