Nur zehn Plätze umfasst das neue Angebot des Deutschen Roten Kreuzes. Das ist so gewollt, damit die Mitarbeiter genug Zeit für ihre Gäste haben. Der Bedarf an teilstationärer Pflege dürfte indes in den kommenden Jahren noch weiter ansteigen.

Leserredaktion : Kathrin Zinser (zin)

Waiblingen - Nach dem Mittagessen ist es still in der Tagespflege des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Die Senioren ruhen sich in Liegesesseln aus, die in den hellen, frisch renovierten Räumen des Stauferparks in Waiblingen stehen. Früher gehörten diese Erdgeschosswohnungen zum betreuten Wohnen, seit Anfang Juli ist die neue Tagespflege des DRK-Kreisverbands Rems-Murr hier beheimatet.

 

„Wir haben über 100 000 Euro in den Umbau investiert“, sagt Utz Bergmann, der stellvertretende Kreisgeschäftsführer und Leiter der Abteilung Sozialarbeit. In den Räumen werden unter der Woche tagsüber bis zu zehn Personen aus dem Großraum Waiblingen von zwei Mitarbeitern betreut. „Wir wollten bewusst eine kleine Tagespflege mit persönlicher Note anbieten“, erklärt Bergmann. „Damit die Mitarbeiter genug Zeit für unsere Gäste haben, liegt der Betreuungsschlüssel bei eins zu 3,25.“ Eine noch kleinere Gruppe würde sich nicht rechnen: „Die Grenze zur Wirtschaftlichkeit liegt bei zehn Personen“, so Bergmann.

Anfängliche Skepsis

Zwei Wochen, nachdem das Angebot gestartet ist, sind die Plätze erst etwa zur Hälfte vergeben. Das ist gewollt: „Das Team ist ganz neu, das muss sich alles erstmal einspielen“, sagt der stellvertretende Kreisgeschäftsführer. Er rechnet damit, dass in zwei bis drei Monaten alle Plätze belegt sein werden – denn der Bedarf ist groß. „Wir sehen, dass es momentan zu wenige Tagespflegeeinrichtungen gibt.“ Das liege nicht zuletzt daran, dass der Gesetzgeber diese Form der Pflege seit der Einführung der Pflegestärkungsgesetze finanziell stärker fördert, damit die Menschen länger in den eigenen vier Wänden leben.

So wie ein 80-jähriger Mann, der vom ersten Tag an dabei ist. Seine Frau, die ihn bislang gepflegt hat, ist kürzlich an Krebs erkrankt und kann sich deshalb vorerst nicht mehr um ihn kümmern. Anfangs sei er skeptisch gewesen, gibt der Senior zu: „Man weiß ja nicht, wie die Leute so sind.“ „Viele Menschen wollen zuerst gar nicht in die Tagespflege, weil sie der Meinung sind, dass es nicht nötig ist. Das hat auch ein Stück weit damit zu tun, dass man sich die eigene Pflegebedürftigkeit nicht eingestehen will“, erklärt Iris Hellmann, die Pflegedienstleiterin.

Neuland für alle Beteiligten

Nun jedoch ist der 80-Jährige sehr zufrieden: „Es ist interessant und abwechslungsreich, man hat Kontakt mit verschiedenen Leuten – wirklich angenehm“, sagt er. „Die Gruppe hat sich sehr schnell gefunden, die Leute freuen sich aufeinander“, hat Anja Holzwarth, die Leiterin der Tagespflege, beobachtet. Die examinierte Krankenschwester war vorher in einer Notaufnahme tätig, auch für sie ist hier alles Neuland. „Im Moment bin ich noch sehr mit der Mitarbeiterführung und der Organisation der Fahrdienste beschäftigt“, sagt sie. Die Gäste der Tagespflege werden auf Wunsch kostenlos morgens von zu Hause abgeholt und am späten Nachmittag wieder heimgefahren. „Ich hätte nicht gedacht, wie aufwendig die Fahrdienste sind und wie lange das dauert“, gibt Utz Bergmann zu.

Wer die Tagespflege in Waiblingen nutzen will, sollte eine gewisse Mobilität, aber keine Weglauftendenz haben, wie sie bei dementen Menschen häufig auftritt. „Denn hier ist alles offen“, begründet Iris Hellmann.

Gegen die Einsamkeit

Die Tagespflege bietet Frühstück, Mittagessen und Nachmittagskaffee an. Bei diversen Aktivitäten wie etwa der Zeitungsrunde, Gymnastik, Gedächtnistraining, Malen, Basteln oder auch Kochen und Backen sollen die Senioren ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten erhalten und verbessern. „Wir berücksichtigen dabei, was der Mensch früher gemacht hat, was in seinem Leben war – damit er wieder reinkommt in seine individuellen Kenntnisse und Fertigkeiten“, erklärt Holzwarth.

„Die Gäste haben hier eine sinnvolle Tagesstruktur und Kontakt zu anderen. Denn viele ältere Menschen verkümmern, wenn sie allein zu Hause sind. Ein Hauptzweck der Tagespflege ist zudem, pflegende Angehörige zu entlasten“, erläutert Bergmann das Konzept. Dementsprechend können die Gäste selbst entscheiden, an wie vielen Tagen in der Woche sie kommen wollen. Als Rotes Kreuz sehe man sich in der Pflicht, auch „schwierige Fälle“ aufzunehmen. „Natürlich muss sich die Gemeinnützigkeit wirtschaftlich tragen, aber eine gute Kostendeckung reicht uns“, erklärt der stellvertretende Geschäftsführer.