Gegen die USA spielt die deutsche Mannschaft so, wie sie auch in der K.-o.-Runde auftreten will: Nicht mehr so angriffslustig wie gegen Portugal, nicht mehr so offen in der Defensive wie beim 2:2 gegen Ghana. Nur: Was kommt am Montag auf die DFB-Elf zu?

Recife - In Recife hat es endlich aufgehört zu regnen, als 1300 Kilometer südlich die rostige Fähre gemächlich über den Rio Joao de Tiba schippert. Da ist es wieder, das diesmal ruhige und vertraute Plätschern, dann ist die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zurück auf ihrer lieb gewonnen Halbinsel im brasilianischen Bundesstaat Bahia und hat die dritte Dienstreise erfolgreich beendet. Im Campo Bahia aber bleibt die große Feier aus, denn vier weitere Fährfahrten sollen noch folgen.

 

Vorerst ist nur die Vorrunde überstanden. Mit dem 1:0-Sieg gegen die USA, das beiden Mannschaften zum Weiterkommen reichte, hat das deutsche Team als Gruppensieger das Achtelfinale erreicht. Gegen Algerien geht es am Montag weiter. Jetzt soll es erst so richtig losgehen, jetzt will die Mannschaft Fahrt aufnehmen – und hat gegen Jürgen Klinsmanns Amerikaner angedeutet, dass die Richtung stimmt. „Wir haben definitiv einen Schritt nach vorne gemacht“, sagt Philipp Lahm. Spätestens seit diesem letzten Gruppenspiel in der Waschküche von Recife ist sich der Kapitän sicher: „Es kann für uns bei diesem Turnier sehr weit gehen.“

Die deutsche Mannschaft hat bereits in den Endrundenmodus gewechselt und ist gegen die USA so aufgetreten, wie sie das auch in den nächsten Spielen tun will. Nicht mehr so angriffslustig wie beim 4:0-Auftaktsieg gegen Portugal, nicht mehr so offen in der Defensive wie beim 2:2 gegen Ghana. Sondern: kompakt in der Abwehr, dominant im Mittelfeld, kontrolliert im Spiel nach vorne. Kurz: „Ganz sachlich und seriös“, wie der Mittelfeldspieler Toni Kroos meint.

„Ein Wink mit dem Zaunpfahl“ sei der deutsche Vortrag gewesen, sagt der Innenverteidiger Per Mertesacker, „so wollen wir auch in den nächsten Partien spielen.“ Das sieht zwar nicht mehr so spektakulär aus wie in manchen deutschen Sturmläufen der jüngeren Vergangenheit. Doch dürfte diese eher zurückgenommene Spielweise bei einer Weltmeisterschaft mit einiger Wahrscheinlichkeit die größeren Erfolgsaussichten versprechen. Auch Spanien ist vor vier Jahren nicht durchs Turnier gestürmt, sondern hat sich mit 1:0-Siegen ins Finale vorgearbeitet.

Auf Schweini und Müller ist Verlass

„Jeder bei uns denkt defensiv, das ist die Basis bei so einem Turnier“, sagt Philipp Lahm. Er ist es gewesen, der mit einer famosen Rettungsaktion in der Nachspielzeit den Sieg gesichert hat. Unmittelbar danach ballte er, ganz entgegen seiner Gewohnheiten, die Faust wie einst Boris Becker („Passend zu Wimbledon“) und erklärte auch warum: „Ich will keine Gegentore bekommen, ich hasse das. Da freut man sich auch mal, wenn man Tore verhindert.“ Doch war die Faust bestimmt auch ein Zeichen großer Erleichterung. Denn auch Lahm sind die jüngsten Diskussionen um seine Person und Position nicht entgangen. Er hat sehr wohl mitbekommen, dass ein paar Zweifel an seiner Eignung als zentraler Mittelfeldspieler aufgekommen waren: „Ich lebe schließlich in keiner Blase, sondern lese auch die Zeitungen.“ Besonders wichtig war es daher für ihn, gegen die USA seine Bedeutung zu beweisen. „Philipp war immer anspielbar und taktisch sehr gut“, sagt der Bundestrainer Joachim Löw.

Gut zu wissen auch, dass wieder mit Bastian Schweinsteiger zu rechnen ist. Und noch besser, dass auf Thomas Müller Verlass ist. Sein Tor, das bereits vierte in diesem Turnier, sicherte den Sieg. Wieder war eine Standardsituation vorausgegangen, auch das eines der neuen, eher unspektakulären Stilmittel der deutschen Mannschaft. Nach Mertesackers abgewehrtem Kopfball stand Müller wieder einmal am richtigen Fleck und vollendete sehr sehenswert. „Fast schon pervers“ findet es Mertesacker mit welcher Selbstverständlichkeit Müller wichtige Tore schießt: „Er ist total unaufgeregt, er denkt nicht groß nach, das macht es ihm leichter.“

Algerien am Montag

Nun folgt also Algerien am Montag. „Man kennt ja die nordafrikanischen Mannschaften“, sagt der Torhüter Manuel Neuer: „Sie sind sehr agil, haben meist eine Pferdelunge, rennen rauf und runter.“ Einen ernsthaften Zweifel haben sie in der DFB-Auswahl trotzdem nicht, dass die Reise durch Brasilien auch anschließend weitergeht. Zu überlegen scheinen die Deutschen, was die Erfahrung und die individuelle Klasse betrifft.

Ob er einen Spieler der Algerier kenne, wird Jerome Boateng kurz vor der Abfahrt des Mannschaftsbusses gefragt. „Hm, da spielt och einer bei Valencia, oder? Feghouli, oder so ähnlich“, sagt der Bayern-Verteidiger. Er wird auch die anderen bis zum Anpfiff am Montag in Porto Allegre kennenlernen. Denn dem Zufall werden die Deutschen ganz sicher nichts überlassen.