Der Flüchtlingsfreundeskreis beklagt den Aufwand bei der Vermittlung von Deutschkursen für Migranten. Gute Kenntnisse der Sprache sind die Grundlage für jede Integration.

Feuerbach - Auf der Homepage der Stadt Stuttgart steht, dass eine intensive Sprachförderung bei Neuzuwanderern im Konzept „Stuttgarter Bündnis für Integration“ eine hohe Priorität genieße. Denn gute Kenntnisse der Sprache seien der Schlüssel für die Eingliederung in die deutsche Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt. Doch in diesem Falle klaffen Anspruch und Wirklichkeit auseinander, finden jedenfalls Verena Funk und Christa Cheval-Saur. Beide sind ehrenamtliche Mitarbeiterinnen im Freundeskreis für Flüchtlinge in Feuerbach. „Der Zeitraum zwischen der Ankunft der Flüchtlinge und ihrer Möglichkeit, die deutsche Sprache von Grund auf zu lernen, dauert viel zu lange“, kritisieren die beiden Frauen, die sich seit Mai des vergangenen Jahres um drei syrische Flüchtlingsfamilien kümmern. „Vier der syrischen Männer haben bereits seit Oktober 2014 einen positiven Asyl-Bescheid bekommen. Einer von den Dreien kann erst jetzt Anfang März mit einem 600stündigen Integrationskurs plus Fahrtkostenersatz beginnen. Die anderen drei dürfen seit Februar lediglich den städtischen Vorbereitungskurs ohne Fahrtkostenzuschuss machen“, sagt Verena Funk.

 

Deutschkenntnisse sind die Basis für Integration

Ihrer Einschätzung nach hapert es in erster Linie an einer geeigneten Organisationsstruktur und auch an Personal, um bestimmte Verwaltungsabläufe zügiger als bisher zu bearbeiten. Momentan muss jeder Flüchtling eine Reihe von Amtswegen durchlaufen – mit entsprechend langen Warte- und Bearbeitungszeiten. Ein bürokratisches Nadelöhr sei dabei die so genannte Clearingstelle im Sozialamt, sagt Funk. Die Funktion dieser im Sozialamt angesiedelten und im Jahr 2005 eingerichteten Stelle besteht in erster Linie darin, Migranten und Neuzuwanderern bei der Suche nach einem passenden Deutschkurs zu helfen. Die mit zwei Mitarbeitern besetzte Stelle unterstützt die JobCenter und kümmert sich in erster Linie um Arbeitslosen-Geld-II-Bezieher mit fehlenden Deutschkenntnissen. Die amtliche Stelle soll in erster Linie den Flüchtlingen einen schnellen Zugang zu passgenauen Kursen ermöglichen. Vom Jahr 2012 bis zum Jahr 2014 sind die Fallzahlen, die von der Clearingstelle bearbeitet wurden, von 2215 auf 3411 gestiegen: „Das entspricht einer Zunahme von 54 Prozent“, sagt der Leiter des Stuttgarter Sozialamtes Stefan Spatz. Vor allem im vergangenen Jahr sei ein besonders starker Anstieg zu verzeichnen gewesen. Seit September 2014 würden in Stuttgart allen neu ankommenden Flüchtlinge Sprachkurse im Umfang von 200 Stunden Deutsch angeboten. „Gute Deutschkenntnisse sind die Basis für jegliche Integration. Deshalb bieten wir in Stuttgart neu zugewanderten Menschen Deutschkurse bei professionellen Sprachkursträgern an“, sagt Spatz.

Doch laut Funk und Cheval-Saur ist die Clearingstelle, die die Kurse koordinieren soll, derzeit überlastet. „Wir wissen natürlich auch, dass die dortigen Mitarbeiter all das tun, was in ihren Möglichkeiten steht. Wir wollen nicht gegen die Clearingstelle arbeiten“, sagt Funk. Dennoch sollte sich an den Arbeitsabläufen etwas ändern. Zu lange Wartezeiten gebe es auch bei den städtischen Vorbereitungskursen: „Hier müsste die Stadt mehr Geld für Personal zur Verfügung stellen, damit alle Asylbewerber so schnell wie möglich in diesen Vorbereitungskurs kommen.“

Es wird versucht das Problem zu beheben

Sozialamtsleiter Spatz räumt ein, dass der starke Anstieg der Migrantenzahlen zur Folge habe, dass es beim derzeitigen Personalbestand der Clearingstelle einen Bearbeitungsstau gebe. „Wir haben etwa einen Monat Wartezeit wegen der starken Nachfrage“, sagt Spatz. Bei den kommenden Haushaltsberatungen der Kommune soll deshalb die Finanzierung weiterer Personalstellen beantragt werden. Das letzte Wort habe der Gemeinderat. Andererseits, so Spatz weiter, werde auch daran gearbeitet, die Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten. Nur rund die Hälfte der Termine bei der Clearingstelle würden beim ersten Mal auch wahrgenommen: „Das sorgt für unnötigen Aufwand und Reibungsverluste“, sagt der Chef des Sozialamtes. Man stehe deshalb in Kontakt mit den ehrenamtlich Tätigen. „Wir arbeiten an dem Problem.“

Funk sagt, sie halte ihre Termine ein, regt aber gleichzeitig an, einige Stellschrauben des Genehmigungsverfahrens zu verändern oder neu zu justieren: „Solange die Flüchtlinge auf die Anerkennung ihres Asylstatus warten, hätten sie die Möglichkeit, an einem intensiven Deutschkurs teilzunehmen. Eigentlich ist das verlorene Zeit. Und für unseren Staat ist es teuer, weil die Flüchtlinge auf diese Weise viel länger staatliche Leistungen beziehen müssen.“